Kaum eine andere Regel(auslegung) wird in den Stadien dieser Welt häufiger diskutiert, als jene des Handspiels. Dabei zeigt sich, dass oftmals mit Begriffen operiert... Das Handspiel – Gefährliches 2/3-Wissen

Kaum eine andere Regel(auslegung) wird in den Stadien dieser Welt häufiger diskutiert, als jene des Handspiels. Dabei zeigt sich, dass oftmals mit Begriffen operiert wird, die in der Regel nicht einmal vorkommen (Bsp. „Schutzhands“). abseits.at durchleuchtet die Regel streng strukturalistisch, also dem genauen Wortlaut folgend. Warum die Beurteilung für Schiedsrichter dennoch eine der heikelsten Aufgaben bleibt, wird ebenfalls anhand des Regelwortlauts erläutert.

Handspiel ist ein Vorsatzdelikt!

Die Prämisse ist bereits im ersten Satz festgelegt. In den Regeln 2012/13 der FIFA (http://de.fifa.com/mm/document/affederation/generic/81/42/36/lawsofthegame_2012_d.pdf (Seite 117)) heißt es:

„Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball mit seiner Hand oder seinem Arm absichtlich berührt.“

Ein unabsichtliches Handspiel kann also, regeltechnisch, keinen Pfiff nach sich ziehen!

Problematisch wird es allerdings, durch die Kriterien, die Schiedsrichtern zur Beurteilung auferlegt werden. Weil es keine Reihung gibt, ist es den Schiedsrichtern in vielen Fällen nahezu unmöglich das richtige Urteil zu fällen. In der Regel lautet es:

Der Schiedsrichter achtet bei der Beurteilung der Situation auf

  • die Bewegung der Hand zum Ball (nicht des Balls zur Hand)
  • die Entfernung zwischen Gegner und Ball (unerwartetes Zuspiel)
  • die Position der Hand (das Berühren des Balls an sich ist noch kein Vergehen)
  • das Berühren des Balls mit einem Gegenstand in der Hand des Spielers (Kleidung, Schienbeinschoner, usw.), was ein Vergehen darstellt
  • das Treffen des Balls durch einen geworfenen Gegenstand (Schuh, Schienbeinschoner, usw.) was ein Vergehen darstellt

 

Die letzten beiden Punkte kann man zwar unter dem Gesichtspunkt „kuriose Sonderfälle“ ausklammern, aber vor allem der 3. Punkt (Position der Hand) ist schwierig: Zwar kann der Arm vom Körper wegstreckt sein (etwa beim Grätschen, Springen, etc.), dennoch kann der Ball den Arm berühren (zum Beispiel wenn der Ball aus nächster Nähe kommt, Punkt 2), ohne dass dies vom Spieler gewollt wird. In diesem Fall wird häufig auf Handspiel entschieden und mit der unnatürlichen Handhaltung begründet. Eine Begründung aus den Regeln abzuleiten, fällt allerdings schwer. Zwar ist es womöglich fahrlässig, den Arm vom Körper wegzustrecken, aber 1.) ist dies in der Bewegung oftmals unumgänglich und 2.) ist Fahrlässigkeit etwas grundsätzlich anderes als Absicht, die im Grunde das einzig entscheidende Merkmal sein sollte.

Man könnte sogar so weit gehen, und den 3. Punkt als Verkomplizierung bezeichnen. Denn dass bei einer Bewegung der Hand zum Ball von Absicht auszugehen ist, leuchtet jedem ein. Die Armhaltung hingegen kann die Absicht nur in seltenen Fällen belegen.

Handspiel bedeutet nicht automatisch Gelb

Ein ebenfalls weit verbreiteter Irrglaube ist der, dass ein Handspiel automatisch zu einer gelben Karte führen muss. Wahr ist vielmehr, dass Gelb nur dann nötig ist, wenn es sich um eine Unsportlichkeit handelt. Als Beispiel wird das Erzielen eines Tores mit der Hand oder der Unterbindung des gegnerischen Ballbesitz durch ein Vergehen genannt (einer der häufigsten Gründe für ein „Hands“).

Rot gibt es übrigens nur bei der Verhinderung einer klaren Torchance /eines Tores, wobei klar ersichtlich ist, dass in diesem Fall nicht das Hands zum Ausschluss führt.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass für den Torhüter außerhalb des Strafraums die gleichen Bestimmungen gelten wie für Feldspieler, und dass die Spielfortsetzung mit einem direkten Freistoß (oder Strafstoß) stattzufinden hat.

Fazit

Weil die Regel missverständlich formuliert ist, wird es Schiedsrichtern auch in Zukunft schwer fallen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Gerade deshalb ist es wünschenswert, dass die Regelkenntnis unter den Fans wächst, um das Dilemma zu begreifen. Behält man die Absicht als ausschlaggebendes Kriterium im Auge, werden einige Situationen klarer.

Trotzdem wird der Diskussionsstoff um das Handspiel so schnell nicht ausgehen.

Patrick Redl, abseits.at

Patrick Redl

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