Wer hat es nicht satt, das ewige Schinden der Zeit. Nachdem wir uns mit dem widersprüchlichen Umgang des Hand- und Foulspiels beschäftigt haben, steht... Das Regelwerk: Zwischen Theorie und Praxis, Teil 3 – Geduldetes Zeitschinden

Wer hat es nicht satt, das ewige Schinden der Zeit. Nachdem wir uns mit dem widersprüchlichen Umgang des Hand- und Foulspiels beschäftigt haben, steht diesmal die Spielverzögerung im Blickpunkt: Über kreative Einfälle, verspätete Sanktionen und Maßnahmen aus der Halle.

Dortmund am Samstag, den 27.11.. Schalke ist an diesem Nachmittag zu Gast bei der rivalisierten Borussia und hat es heute gar nicht eilig. Vor allem der Schalker Torwart Lars Unnerstall, der den langzeitverletzten Ralf Fährmann ersetzt. 7. Minute, nach einem Schuss vom Dortmunder Jakub Blaszczykowski ins Toraus gibt es Abstoß. Lars Unnerstall nimmt sich alle Zeit der Welt, gefühlte fünf Minuten dauert es bis er den Ball an die Torraumlinie legt. Dann nimmt er Anlauf, bricht diesen aber wieder ab, wartet und blickt in Richtung Spielfeld. Er läuft erneut an und bremst abermals ab. Die Dortmunder Fans beginnen lautstark zu pfeifen und nun greift auch Schiedsrichter Florian Meyer ein, er ermahnt den jungen Schalker Torwart, der daraufhin den Abstoß verspätet ausführt. Wenige Minuten danach das gleiche Spiel mit der Zeit. Folgen hat das allerdings für Lars Unnerstall keine, er bleibt ohne Verwarnung.

Gelb für Verzögerungen

Ein Bild, das Fußball-Fans nur zu gut kennen. Spielverzögerungen, wie die von Lars Unnerstall, sind allgegenwärtig, Konsequenzen dagegen nur die Ausnahme. Dabei liefert die FIFA die passende Antwort auf das Zeitschinden. Zu verwarnen, also mit einer gelben Karte zu bestrafen, sind Spieler, die …

 „ einen Freistoß absichtlich an der falschen Stelle ausführt, um damit den Schiedsrichter zu zwingen, die Ausführung wiederholen zu lassen,

einen Einwurf vorbereitet, dann aber plötzlich den Ball einem Mitspieler überlässt,

– nach einer Spielunterbrechung durch den Schiedsrichter den Ball wegspielt oder ihn mit den Händen wegträgt,

die Ausführung eines Einwurfs oder eines Freistoßes unnötig verzögert,

bei seiner Auswechslung das Spielfeld absichtlich langsam verlässt,

eine Auseinandersetzung provoziert, indem er den Ball absichtlich in die Hand nimmt, nachdem der Schiedsrichter das Spiel unterbrochen hat.“

Zu späte Verwarnung

Die Regel verdeutlicht, dass die FIFA Spielverzögerungen durchaus als Problem anerkennt und darauf reagieren möchte. Umso verwunderlicher ist es, dass der Abstoß des Torwarts bei „unnötigen Verzögerungen“ keine Erwähnung findet. Dennoch sollte der Abstoß hier, wie andere Standardsituationen, etwa dem Einwurf oder dem Freistoß, behandelt werden. Demnach hätte der Schalker Unnerstall mit Gelb bestraft werden müssen, spätestens als er die Wiederaufnahme des Spiel bereits wiederholt verzögert hatte. Die Schiedsrichter, man muss es ihnen lassen, reagieren sehr wohl auf das Zeitschinden, meistens aber zu spät. Ein Spieler, der verzögert, wird häufig einige Male ermahnt, bis er auch wirklich mit Gelb verwarnt wird.

Vorgetäuschte Verletzung

Während sich so manche Mannschaft im Spiel ideenlos präsentiert, sind ihrer Kreativität beim Zeitschinden häufig keine Grenzen gesetzt. Nicht nur der Abstoß bietet dafür Möglichkeiten, neben den im Regelwerk genannten Freistößen und Einwürfen sind vorgetäuschte Verletzungen heutzutage ein beliebtes Mittel, um das Spiel über die Runden zu bringen. Die vorgetäuschte Verletzung ist geradezu ein Trend geworden, nicht zu letzt deshalb, weil sie nur schwer zu entlarven ist. Denn der Schiedsrichter ist dazu verpflichtet das Spiel zu unterbrechen, wenn ein Spieler am Boden liegt. Um die Gesundheit der Spieler zu gewährleisten, kann man wohl kaum an dieser Handhabung rütteln.

Draußen bleiben

Wenn der Spieler einmal auf Grund einer Verletzung liegen bleibt, dann sollte er auch sofort hinausgetragen werden und dem Spiel gleich für einige Zeit fern bleiben. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Spieler seine Verletzung wenigstens halbwegs auskurieren kann. Vor allem aber kann eine solche Maßnahme Täuschungen unterbinden, nur tatsächlich verletzte Spieler wollen wirklich hinausgetragen werden. Eine Folge der vorgetäuschten Verletzungen ist schließlich auch, dass die Zuschauer nicht mehr zwischen Täuschung und Verletzung unterscheiden können. Natürlich pfeifen sie dann, wenn ein Spieler in der Nachspielzeit auf dem Boden liegt, egal ob er verletzt ist oder nicht. Durch eine etwa fünfminütige Pause, würden es sich die meisten Spieler zweimal überlegen, das Spiel zu verzögern. Wichtiger ist, dass damit das Spiel nicht aufgehalten werden kann. Taktische Mittel gegen stärkere Gegner sind völlig legitim, aber dem Spiel die Zeit zu stehlen mit Sicherheit nicht.

Langsamer Abgang

Apropos Nachspielzeit, ein weiteres Szenario bringt Fußball-Fans häufig auf die Palme. Man hofft noch auf einen möglichen Ausgleich oder Siegestreffer der eigenen Mannschaft und die Zeit dafür ist knapp. Noch knapper wird sie dadurch, dass der Gegner noch einen Wechsel vornimmt. Einen Wechsel, der meist nichts mit taktischer Umstellung oder mangelnder Fitness zu tun hat. Ein Wechsel, der nur dazu dient, dem Gegner und auch den Zuseher, die immerhin dafür gezahlt haben, die letzten Minuten des Spiels zu nehmen. Es sind Minuten, die vom Schiedsrichter letztlich auch nicht mehr zur Nachspielzeit addiert werden. Hinzu kommt der bekannte langsame Abgang, Spieler gratulieren noch einmal den Kollegen oder Fans, geben Anweisungen und spazieren in aller Ruhe in Richtung Outlinie. Beim Tausch zeigen sich häufig auch Trainer einfallsreich, da wird schon einmal derjenige ausgewechselt, der den weitesten Weg zur Seitenauslinie hat. Auch hier ist eine klare Haltung der Schiedsrichter gefordert. Wer ausgewechselt wird, kann natürlich nicht vorgeschrieben werden. Bei der Auswechslung sollten allerdings Spieler zum Seitenaus laufen und nicht spazieren. Wenn der Schiedsrichter dabei eine Verzögerung bemerkt, sollte der Spieler sofort verwarnt werden.

Die Halle als Vorbild

Viele kennen die bekannte Durchsage, die bei Hallenturnieren, wie etwa beim Wiener Stadthallenturnier, Gang und Gebe sind: „Letzte Minute, kein Spielertausch mehr möglich!“ Könnte man diese Regel nicht auch auf das Spiel im Freien umlegen? Man könnte zum Beispiel die Auswechslung in der Nachspielzeit verbieten. Kreative Maßnahmen sind gefragt, um die kreativen Spiel zerstörenden Verzögerungen endlich wirkungsvoll eindämmen zu können. Denn die Zeit steht nicht still und jede Sekunde des Spiels ist wertvoll.

Emanuel Van den Nest, abseits.at

Emanuel Van den Nest

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