Dribblings und wie man sie bewerten sollte (1) – Statistische Definitionen und Variablen
Taktik & Theorie 8.Januar.2014 Rene Maric 1
Das Dribbling ist eine der spektakulärsten, aber auch umstrittensten Fähigkeiten eines Fußballspielers. Dribbler werden oftmals als ineffektive Schönspieler bezeichnet. Andererseits gelten ihre Fähigkeiten auch als einmalig, schwer zu kopieren und für viele gehören solche Einzelspieler in jede gute Mannschaft. Allerdings ist es schwierig das Dribbling zu messen.
Eben wegen dieser vielen, in gewisser Weise emotionalen Bindungen zum Dribbling, dem relativ seltenen Vorkommen in einer Partie im modernen Fußball, sowie der schwierigen Beurteilung werden Dribbler untereinander oftmals nicht richtig eingeschätzt. Manche Akteure kommen auf viele Ballverluste, sind dabei aber spektakulär und es wird ihnen kaum negativ ausgelegt. Bei anderen wiederum werden kurze intelligente Dribblings nur dann bemerkt, wenn der Ball verloren geht.
Bei Dribblings trügt uns die Wahrnehmung gerne. Darum konzentrieren wir uns in dieser kurzen Serie auf die Statistik. Welche Spieler gehören zu den besten Dribblern? Mit mehreren unterschiedlichen Maßeinheiten möchten wir uns dieser Frage annähern. Im ersten Teil besprechen wir aber kurz die Datengrundlage, die Spielerauswahl und einen Miniexkurs über Statistik selbst in dieser Hinsicht.
Die Datengrundlage
Die statistische Quelle für diese Artikelserie ist die Website whoscored.com. Die Seite ist in zahlreichen Medien präsent und dient zuverlässig als Datenlieferant für die Öffentlichkeit. Die Daten der Webseite stammen von der Firma Opta, die wiederum mit vielen Profimannschaften in Europas höchsten Ligen zusammenarbeiten. Diese öffentlich zugängliche Datenerfassung von Whoscored machen wir uns zunutze. Neben Dribblings werden auch Tore, Vorlagen, Torschussvorlagen, Pässe und Defensivaktionen gemessen.
Wie werden Dribblings gemessen?
Wichtig bei jeder statistischen Betrachtung ist natürlich das Wissen darüber, wie genau die Daten erfasst werden. Hierzu sehen wir die Eigendefinition von Whoscored:
“Dribble (Successful Dribble)
– Taking on an opponent and successfully making it past them whilst retaining the ball”
Das heißt, dass bei Dribblings jene Aktionen gemessen werden, in denen sich der Spieler sich im Offensivzweikampf durchsetzt und den Ball behält. Wichtig ist hierbei die Stelle mit „taking on an opponent“, was bedeutet, dass gewisse Arten von Dribblings nicht vollständig in die Erfassung eingehen. Was genau bedeutet also diese Definition und Art der Datenerfassung für die Praxis beziehungsweise für die Anwendung in einer statistischen Betrachtung?
Unterschiedliche Dribblingarten
In die Tiefe gehend unterscheiden wir vier Arten von Dribblings:
- Gegnerschlagend mit Ball: Hier wird der Gegner mit Ball am Fuß ausgespielt. Damit sind Dinge wie Übersteiger, schnelle Richtungswechsel und ähnliches gemeint. Neymar ist ein Paradevertreter dieser Spielweise.
- Gegnerschlagend ohne Ball: Bei dieser Kategorie wird nicht durch eigene, sondern durch gegnerische Bewegungen versucht, den Gegenspieler auszumanövrieren. Xavi im Zuge von Ballannahmen könnte man zu dieser Kategorie zählen.
- Raumnutzend ohne Ball: Hier nutzt man den offenen Raum, um sich einem direkten Zweikampf zu entziehen. Sergio Busquets macht dies zum Beispiel hervorragend über kurze Körpertäuschungen, intelligente Bewegungen und das Öffnen von Räumen, indem er Gegner in falsche Räume laufen lässt.
- Raumnutzend mit Ball: Bei dieser Dribblingweise werden offene Räume mit schnellen Läufen und einzelnen Körpertäuschungen anvisiert und angelaufen. Messi ist die Personifikation dieser Spielweise.
Natürlich sind die Grenzen zwischen den Kategorien fließend und fast alle Spieler nutzen mehrere Aspekte beziehungsweise wechseln zwischen den Stilen. Dennoch haben alle Spieler einen Fokus auf einen bestimmten Stil, der ihren Fähigkeiten entgegenkommt. Bei obiger Definition von Whoscored zur Datenerfassung stellt man darum fest, dass die Typen „raumnutzend ohne Ball“ und die „gegnerschlagend ohne Ball“ statistisch vermutlich schwächer dastehen. Darum finden sich auch kaum Achter und Sechser in den Toprängen der Statistik, obgleich sie auch eher weniger Dribblings verbuchen. Wie wir in den Tabellen in den nächsten Teilen unserer Artikelserie sehen werden, sind es vorrangig Flügelstürmer, welche in der Statistik enthalten sind.
Wieso diese Spieler?
Whoscored listet in jeder Saison jene Spieler pro Liga auf, welche die meisten Dribblings begingen. Wir bedienen uns nun der besten Dribbler aus den Top5-Ligen Europas und analysieren weiters die jeweiligen Ballverlust-, Stockfehler- und „gefoult“-Zahlen.
Die unterschiedlichen Kategorien
Aus den Werten zu Ballverlusten, Stockfehlern, Dribblings und Fouls werden nun mehrere Kategorien geschaffen.
Die „Dribblingerfolgsquote“ gibt dabei wieder, wie viele Aktionen des Spielers erfolgreich waren. Fouls wurden dabei als „erfolgreiches Dribbling“ gewählt, da der Spieler etwas richtig machen musste, um nicht den Ball zu verlieren und/oder den Gegner zu einem Foul zu zwingen.
Fouls können aber auch ohne Dribblings entstehen, obgleich sie natürlich meistens Folge von Zweikämpfen sind. Alternativ könnte man auch argumentieren, dass die Fouls eher Folge eines fehlerhaften Dribblings sind (Grätsche des Gegners wird zugelassen), welches dann durch einen Fehler des Gegners (keine präzise Grätsche) nicht bestraft wird. Für eine weitere Kategorie („Dribblingerfolgsquote ohne Fouls“) wurden die Fouls aus der Berechnung genommen.
Eine schwierige Einordnung findet sich auch bei den Stockfehlern und Ballverlusten. Stockfehler bezeichnen meistens Fehler bei der Ballannahme, also vor Dribblings. Daher gibt es noch zwei weitere statistische Kategorien: Dribblingerfolgsquote ohne Stockfehler mit Fouls und Dribblingerfolgsquote ohne Stockfehler ohne Fouls.
Zusätzlich wurde berechnet, wie viele Prozent der verlorenen Bälle aus Stockfehlern resultierten und wie oft ein Spieler in Relation zur Anzahl seiner Dribblings gefoult wird.
Statistisch ist zwar keine perfekte Annährung möglich, aber …
… diese ist auch mit dem Auge bekanntlich nicht zu erreichen. Beim Augenmaß ist es dafür umso schwieriger die Störvariablen zu finden. Bei der Statistik können wir beispielsweise die zuvor explizit erwähnten Problemfelder bei den jeweiligen Kategorien sowie in der Datenbefassung in der Interpretation der Werte berücksichtigen. Wenn wir taktische Mannschafts- und Spieleranalysen nutzen, lässt sich dies noch ausweiten. Wir können dann zum Beispiel die jeweilige Position und Rolle des Spielers in seiner Mannschaft berücksichtigen. Nutzen wir diese Informationen über mögliche Störvariablen und das Augenmaß selbst in der Interpretation der Daten, so lassen sich interessante und aussagekräftige Schlüsse ziehen.
Im zweiten Teil sehen wir uns die Ergebnisse der Daten und Kategorien genauer an.
Rene Maric, abseits.at
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