Im dritten Teil unserer Reihe über Zonenfußball erklärten wir euch unter anderem die Grundlagen der Dreiecksbildung. Heute möchten wir genauer auf die ominöse Dreiecksbildung... Zonenfußball (4) | Zuerst Gruppentaktik, dann Mannschaftstaktik

Im dritten Teil unserer Reihe über Zonenfußball erklärten wir euch unter anderem die Grundlagen der Dreiecksbildung. Heute möchten wir genauer auf die ominöse Dreiecksbildung eingehen und erklären, wie man das effiziente Spiel mit Raum und Zeit trainieren kann.

Ein wichtiges Grundprinzip um die Idee des Zonenfußballs zu verstehen, ist die Einteilung des Feldes in Raum und Zeit. Zunächst muss man die Bereiche des Feldes auf der Längsachse einteilen.

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Der mittige Bereich, die Zentralachse, muss immer abgedeckt sein. Die Flügel werden bearbeitet, je nachdem wo der Gegner den Ball hat. Ist der Gegner am rechten Flügel in Ballbesitz rückt die gesamte Mannschaft in diese Richtung nach, sodass die Zentralachse und der aktive Flügel abgedeckt werden. Der passive Flügel bleibt frei. Da die gesamte Mannschaft verschiebt und nicht nur einzelne Spieler muss man grundsätzlich keine Diagonalpässe auf den freien Flügel befürchten. Einerseits, weil diese für den Gegner sehr schwer möglich sind, wenn er am aktiven Flügel richtig unter Druck gesetzt wird. Andererseits, weil schon kleine Adaptionen ausreichen, um den passiven Flügel schnell zum aktiven zu machen. Dies funktioniert allerdings nur, wenn die gesamte Mannschaft sich daran beteiligt.

Die Einteilung der Breitenachse bestimmt wie „hoch“ oder wie „tief“ wir verteidigen (und damit auch angreifen). Man kann das Spielfeld in fünf Zonen unterteilen, die sich jedoch überschneiden können.

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Fangen wir mit den Erklärungen beim eigenen Tor an:
Zone 1: Die Abwehrzone, oft dicht besiedelt von Teams, die gerne den Beton anrühren. Hier wird direkte Manndeckung gespielt, die Abseits-Falle dient nicht mehr als organisiertes Mittel zur Fehlerkorrektur. Wer sein Spiel hierhin verlagert, wird es schwer haben auf Offensive umzuschalten. Allerdings gibt es im modernen Fußball keine Mannschaft, die diese Art von „Pressing“ mannschaftlich geschlossen praktiziert. Diese Variante wird nur situationsbedingt gespielt.

Zone 2: Die so genannte tiefe Pressing-Zone impliziert zumeist, dass alle oder fast alle Spieler der eigenen Mannschaft in der eigenen Hälfte verteidigen und versuchen den Ball weit hinten zu erobern. Auch diese Variante ist nicht mehr Teil des modernen Fußballs, ist jedoch eine Überlegung wert, wenn man etwa gegen einen sehr starken Gegner spielt (und auch dann braucht man einen schnellen Konterstürmer um selbst Nadelstiche zu setzen) oder sich in Unterzahl befindet.

Zone 3: In der mittleren Pressingzone versucht das Team den Ball im Mittelfeld zu erobern. Wichtig ist dabei, dass die gesamte Abwehr mitspielt, nicht zu tief steht. Zwischen der Abwehr und dem ersten attackierenden Angreifer sollte nicht zu viel Platz sein, sodass man kompakt steht.

Zone 4: Die hohe Pressingzone. Die schwierigste Form des Fore-Checking, weil sie von allen Varianten die beste Physis, Technik und Organisation erfordert. Immerhin muss man, um hohes Pressing erfolgreich zu spielen, den Gegner in seiner eigenen Hälfte angreifen, wenn dieser den Ball hat. Die Innenverteidiger stehen dabei etwa auf Höhe der Mittellinie, die Außenverteidiger können schon mal als Flügelstürmer anmuten. Wenn man den Ball durch hohes Pressing tatsächlich erobert, hat man natürlich den Vorteil mannschaftlich bereits sehr nahe am gegnerischen Tor zu sein. Dennoch kann diese Variante gefährlich werden, wenn auch der Gegner weiß, wie man Fußball spielt, sich wenige Fehler erlaubt und dann schnell umschaltet. Immerhin ist der Raum hinter der Abwehr offen, was dem Gegner schnelle Gegenstöße mit Pässen in die Tiefe erlaubt und auf unserer Seite einen mitspielenden Torhüter und schnelle Innenverteidiger erfordert.

Zone 5: Hier ist es freilich unmöglich mannschaftliches Fore-Checking aufzubauen. Hier kommt es nur darauf an, dass man schnell, direkt und zielorientiert spielt. Aber auch in Zone 5 kann man sich durch gezieltes Laufspiel, vor allem ohne Ball, Vorteile erspielen. So ist es etwa in der Zentrale sehr wichtig, wie sich die angreifenden Spieler ohne Ball bewegen. Im Strafraum sollte man je nach Situation kreuzen, diagonal laufen, variabel sein. Nicht nur, dass man so Räume freischaufelt – der Gegner hat auch größere Probleme beim Verteidigen, weil er immer wieder Spieler „übergeben“ muss und die Chance damit größer ist, dass einmal auf jemanden vergessen wird.

Das Spiel in Ballbesitz ist mittlerweile fast wie eine Choreografie zu betrachten. Wenn man etwa dem FC Barcelona zusieht hat man nie das Gefühl, dass etwas zufällig passiert. Jeder Spieler weiß genau, wo er in welcher Spielsituation zu stehen hat. Um eine solche Choreografie überhaupt erst möglich zu machen, darf man eine Mannschaft nicht als zehn Spieler und einen Torhüter betrachten, sondern muss das Spielfeld gemäß der praktizierten Formation clever einteilen. Und hier kommt die Dreiecksbildung ins Spiel.

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Zumeist ändern sich die Dreiecke auf dem Feld nicht gravierend, es kann jedoch situationsbedingt auch vorkommen, dass der Außenverteidiger und sein vorgelagerter Mittelfeldspieler mal nicht mit „ihrem“ etatmäßigen zentralen Mittelfeldspieler agieren müssen, sondern mit einem anderen. Je nachdem wie sich die Mitspieler im Dreieck bewegen, muss man auch selbst seine Laufwege wählen. Dreiecke müssen stets versetzt stehen, quasi „dreidimensional“. Wenn zwei Spieler eines Dreiecks auf der Breitenachse auf einer Linie stehen, kann es zu Fehlern kommen, wie bereits im letzten Teil dieser Reihe erläutert wurde.

Effiziente Dreiecksbildung kann man trainieren – es ist also jedem Verein, vom FC Barcelona bis zum Hobbyfußballklub möglich, diese Philosophie umzusetzen. Das dafür notwendige Training hat keine technischen Grundlagen, sondern organisatorische. Die wichtigsten Grundpfeiler beim Zonenfußballtraining sind 90 Minuten Konzentration, die Fähigkeit mitzudenken, Kommunikation zwischen den Spielern im jeweiligen Dreieck und der gesamten Mannschaft – vor allem aber muss jeder Spieler über die volle Spielzeit an der Spielorganisation teilnehmen. Auch wenn der Ball am rechten Flügel geführt wird, darf etwa der linke Verteidiger nicht passiv agieren, sondern muss die Mannschaftstaktik mittragen.

Um die Mannschaft nicht zu überfordern, muss das Training in Etappen ablaufen. Zunächst muss natürlich jeder wissen, wo man mit der taktischen Variante hin möchte. Daraufhin folgt individuelles Training, vorerst zu zweit oder zu dritt. Um diese Philosophie als Ganzes anwenden zu können, müssen zunächst die Automatismen innerhalb der einzelnen Dreiecke greifen. Die Dreiecke müssen läuferisch und spielerisch zueinander finden, bevor man die Mannschaftstaktik trainieren lässt. Man spricht hier von gruppentaktischen Übungen, wobei die Gruppen natürlich variieren können. Der Trainer muss dabei genau beobachten, wer die klassischen Fehler, die man im Zonenfußball machen kann, fabriziert und den Spielern sofortiges Feedback geben. Es gilt darauf zu achten, dass die Dreiecke versetzt stehen, nicht zu weit auseinandergerissen werden und, dass die Spieler im Zuge ihrer Laufwege sowohl die offensiven als auch die defensiven Aspekte nicht außer Acht lassen.

Erst wenn die Automatismen innerhalb der einzelnen Formationsteile stimmen, kann man das Training erweitern und die „Gruppen“ vergrößern. Nun wird nicht mehr zu dritt trainiert, sondern etwa zu fünft.

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So verhindert man, dass die Spieler mit Informationen überflutet werden, die sie eigentlich im Laufe eines stetigen, aber langsamen Prozess injiziert bekommen sollten. Man beginnt jetzt die Übungseinheiten komplexer zu machen, bis man vom gruppentaktischen Training zum mannschaftstaktischen Training, in dem aber schon jeder weiß, was seine Rolle in der Choreografie Zonenfußball ist, übergehen kann. Sehr wichtig ist jedoch zu verstehen, dass das gruppentaktische Training niemals aufhören darf. Die Übungen mit den direkten Nebenspielern müssen so lange trainiert und wiederholt werden, bis die Köpfe der Spieler rauchen.

Apropos Training: Studien haben bewiesen, dass eine Mannschaft am Tag nach einem Spiel oder einer harten Trainingseinheit noch einmal trainieren sollte. Ein lockeres Ausdauer- oder Techniktraining. Dadurch wird der Körper von Laktatrückständen befreit und der Spieler ist danach wieder fit. Wenn man sich nach einem Spiel am Samstag am nächsten Tag auf die faule Haut legt und „trainingsfrei“ genießt, wird man sich am darauffolgenden Montag nicht so fit fühlen, wie nach einer zusätzlichen Trainingseinheit am Sonntag. Man fühlt sich gerne zufrieden (nicht nur Fußballer, auch wir Hobbysportler), wenn einem die Muskeln weh tun. Das zeigt, dass wir etwas getan haben. Wenn dann jedoch am nächsten Tag nicht an die Trainingseinheit anknüpft, bremst man sich selbst in seinen physischen Möglichkeiten.

Wie konkrete Trainingsübungen für die ganze Mannschaft mit gruppentaktischer Basis aussehen, lest ihr im nächsten Teil unserer Reihe über Zonenfußball!

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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