Abseitsverdächtig | Keine „depperte Frage“
Kommentar 18.April.2012 Georg Sander 6
Wenn ein Fußballspieler von einem der großen Teams wechselt, raschelt es zumeist nicht nur im Blätterwald, sondern auch vor dem Mikrofon – außer, sie schauen ORF.
Am vergangenen Freitag war im Kurier Folgendes zu lesen: „Mit dem Management von Florian Klein müssen nur noch letzte Vertragsdetails geklärt werden. Der zehnfache Teamspieler kann die Austria im Sommer ablösefrei verlassen.“ Am Sonntag hörte sich das Ganze bei Sky so an: „Ich kann den Wechsel nach Salzburg nicht bestätigen. Es ist nicht so, dass ich kurz vor einer Unterschrift stehe. Mit solchen Dingen muss man aufpassen.“ Am Montag war nach einem Anruf beim Manager des Nationalspielers, Max Hagmayr, zu hören, dass die Öffentlichkeit erst dann informiert werden würde, so es etwas Konkretes zu vermelden gebe.
Staatsfunkignoranz
Passenderweise hatte, nach dem Kurier-Artikel des über Red Bull Salzburg gemeinhin wohl informierten Stephan Blumenschein, Florian Klein in 76. Minute im Derby auch noch eine Riesenchance, eine der wenigen in dem Match. Vermutlich hätte er dasselbe wie auf Sky gesagt oder ein Statement, wie es Hagmayr gegenüber abseits.at gab. Nichts ist fix und so weiter und sofort. Aber gar nicht zu fragen?
Ein Blick über die Grenzen
Als im März von Werder Bremen umgehend dementierte Gerüchte auftauchten, dass Stürmer-Star Claudio Pizarro bereits einen Zweijahresvertrag bei den großen Bayern zur Unterschrift vorliegen hat, war die Aufregung groß. Sport1, Focus, Bild, der Doppelpass und sonstige Medien berichteten über den möglichen Wechsel des Spielers, dessen Vertrag im Juni ausläuft – wie jener von Klein. Bayern ist Meisterschaftsfavorit – wie Red Bull Salzburg. Werder ist Europacup-Anwärter – wie die Wiener Austria! Vergleiche hinken im Allgemeinen, dieser passt wie die Faust aufs Auge.
Informationsauftrag
Florian Klein ist „eh nur“ bei einem der erfolgreichsten Klubs des Landes angestellt und wird möglicherweise zur Konkurrenz wechseln, ist darüber hinaus noch aktueller Nationalspieler. Zwar wird die Frage nach seiner Zukunft In einem Flashinterview nach dem Spiel eher nicht zufriedenstellend beantwortet werden, aber Fragen kostet nichts. Der ORF ignoriert schlichtweg das Stiefkind Ligafußball zusehends. Ein Beispiel? Am Montag wurden lieber die letzten sechs, sieben Minuten der Eishockey B-WM gezeigt. Das heimische Nationalteam führte zu dem Zeitpunkt gegen Großbritannien mit 7:3…Das Spiel war entschieden, Großartiges konnte nicht mehr geschehen und ist auch nicht passiert. Die Eingangschoreographien der trotz des Sauwetters anwesenden 6.200 Linzer Fans beim Derby, der aufgrund der Geschichte der letzten 15 Jahre wohl zweitgrößten Stadtrivalität in Österreich, wurden ignoriert.
Fragezeichen hinter der Zukunft des Fußballs im ORF?
Ignoriert der Staatsfunk absichtlich den Fußball? Immerhin ist der Fernsehplatz am Sonntag ein sehr guter (wenn nicht gerade skigefahren wird) und zum Kick gehört eben auch schon lange nicht mehr nur das, was am Rasen dargeboten wird. An die mangelnde taktische Analyse und die Abwesenheit von unangenehmen Fragen hat sich der Zuschauer vor dem TV-Gerät ohnehin schon gewöhnt. Dass aber das gesamte Trara rund um den Fußball nun auch ignoriert wird, mutet komisch an. Vielleicht bereitet sich der ORF auch auf einen baldigen Rückzug aus dem Ligaalltag vor und lässt es einfach schon präventiv sein. Immerhin gibt es mit ATV, Puls4 und ServusTV sowie dem Exklusivrechte-Halter Sky einige Konkurrenten in diesem Geschäft.
„Des is de nächste depperte Frog“
Vor gut sieben Jahren gab Sturm-Spieler Günther Neukirchner bei Premiere sein legendäres Interview. Gerhard Krabath avancierte zum YouTube-Star. Ein Interview kann um die Welt gehen oder schlichtweg dazu dienen, einen Spieler auf seine Zukunft anzusprechen, da es die Aktualität gebietet. Der ORF ist gut beraten, wenigstens ein Minimum an Information zu transportieren und dazu gehört nun einmal auch, dass man wichtige Spieler wichtiger Mannschaften befragt – selbst wenn die Antwort ein „Nix ist fix“ ist.
Georg Sander, abseits.at
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