Der VAR polarisierte nicht nur in Österreich seit seiner Einführung. Das umstrittene System mit dem Video-Assistenzschiri ist nicht wenigen Fußballfans ein Dorn im Auge.... Kommentar: Es ist an der Zeit, in Österreich den VAR zu überdenken…

Der VAR polarisierte nicht nur in Österreich seit seiner Einführung. Das umstrittene System mit dem Video-Assistenzschiri ist nicht wenigen Fußballfans ein Dorn im Auge. Hauptkritikpunkte sind die Entemotionalisierung des Spiels und das lange Warten auf Entscheidungen. Zuletzt kam in Österreich aber ein noch größeres Problem dazu: Fehlentscheidungen trotz VAR. Und deshalb wird es an der Zeit sein, das System grundlegend zu überdenken.

Dabei ist das System an sich gar nicht das Problem. Der VAR wurde eingeführt, um für mehr Fairness zu sorgen und menschlichem Versagen durch die Schiedsrichter vorzubeugen. Das Problem: Auch jetzt ist das Versagen rund um den VAR menschlicher Natur.

Bereits im Cup-Finale gab es reichlich Aufregung, weil Sebastian Gishamer das 2:1 für Sturm Graz gegen Rapid in einer heißen Phase des Spiels nicht gegencheckte. Das ließ vor allem Rapid-Trainer Robert Klauß an die Decke gehen. Der Deutsche witterte einen Skandal, auch angesichts des Zeitpunkts im Spiel.

Am Sonntag bekam das Wort Skandal noch einmal eine ganz andere Bedeutung. Diesmal waren die Grün-Weißen aus Wien – und im weiteren Sinne erneut Sturm Graz – die Nutznießer. Das klare Elfmeterfoul von Nikolas Sattlberger an Karim Konaté wurde nicht geahndet – auch nicht nach dem VAR-Check. Rapid erzielte im Gegenzug das vorentscheidende 2:0.

Und spätestens hier muss man sich dann wirklich fragen: Für was gibt’s diesen Blödsinn eigentlich?

Man hatte den Eindruck, dass die Schiedsrichter nach Rapids Ärger im Cup-Finale nicht die Courage hatten, ein bereits bejubeltes Tor durch Burgstaller zurückzunehmen und den Salzburgern stattdessen vor 18.000 Rapid-Fans einen Elfer zuzusprechen. 1:1 statt 2:0 quasi. Anders ist die Entscheidung schwer nachzuvollziehen, denn das Elferfoul war klar und deutlich. Keine seltsame Handspielregelung, keine kalibrierte Linie, die vorher gezogen werden musste – einfach ein Foul.

Schiedsrichter Christian-Petru Ciochirca stellte sich nach dem Spiel über fünf Minuten dem Sky-Interview und erklärte seine Entscheidungen. Sympathisch und transparent zwar (was man nicht von allen Kollegen Ciochircas behaupten kann), aber auch reichlich kurios und unschlüssig.

Nennen wir das Kind doch beim Namen: Die österreichischen Bundesliga-Schiedsrichter sind einfach schlecht. Ein internationaler Vergleich ist praktisch nicht zulässig – auch bei der EURO 2024 wird kein Österreicher mit von der Partie sein, was Bände spricht. Der ungarische Ex-Top-Referee Viktor Kassai hat es nicht geschafft, das österreichische Schiedsrichterwesen zu verbessern und ist gescheitert. Und der VAR verunsicherte die Schiris hierzulande noch mehr, als sie es ohnehin schon waren. Stichwort: „Lassen wir mal laufen, wir können im Nachhinein eh noch immer schau’n…“

Schweden sprach sich zuletzt nach einer Abstimmung unter den Klubs gegen die Einführung des VAR aus – und das obwohl die Schiedsrichter in Schweden aktuell massiv in der Kritik stehen und die niedrige Qualität der „Männer in schwarz“ kritisiert wurde. Schweden wird bei der EURO 2024 übrigens von Schiedsrichter Glenn Nyberg vertreten.

Eben weil die Schiedsrichter und die Video Assistant Referees hierzulande mit System, Kommunikation und offenbar auch dem Druck überfordert sind, wäre es nun an der Zeit, das System zu überdenken. Das schwedische Beispiel zeigt, dass man als einzelnes UEFA-Mitgliedsland vorpreschen darf, unabhängig davon, was der internationale Standard ist.

Vorschlag zur Güte: Nutzt doch den VAR nur noch für Abseitsentscheidungen und verbessert das System dahingehend, dass es semi-automatisch funktioniert, sodass Checks nur noch wenige Sekunden dauern und ein hundertprozentig korrektes Ergebnis liefern.

Meinetwegen lasst den Keller in Meidling auch eingreifen, wenn der Schiedsrichter eine Tätlichkeit übersieht, die in seinem Rücken stattfindet. Aber pfeift doch auf die vielen Elferchecks, Rot-Checks, Tor-Checks… sondern lasst laufen und übernehmt damit auch wieder selbst die Verantwortung!

Die heimischen Schiris standen immer in der Kritik – das liegt (wohl nicht nur) dem österreichischen Fußballfan im Blut und in seiner DNA des Grantelns. Aber so schlecht (und so verunsichert), wie sie jetzt sind – oder wie sie der VAR unweigerlich aussehen lässt, vor allem wenn das Tool schlecht benutzt wird – waren sie vermutlich überhaupt noch nie. Was scheinbar auch die UEFA so sieht.

Deshalb: Back to the roots mit Anleihen des Neuen. Das Beste der Technik mitnehmen und so adaptieren, dass es sich tatsächlich um eine automatisierte Hilfe handelt. Den Rest bitte wieder mit Handschaltung. Das wird natürlich auch für Fehler und Ärgernisse sorgen, aber sicher nicht für mehr Ärgernis, als dieses vollkommen fehlbediente System aktuell in die heimischen Stadien bringt.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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