Seit geraumer Zeit wartet man in Wien-Hütteldorf. Auf Meisterschalen, auf Pokale, generell auf Erfolge. Doch nicht nur nach Zählbarem lechzen die Fans schon lange,... Kommentar: Rekordmeister, 118 Jahre, sucht: Stürmerstar

Seit geraumer Zeit wartet man in Wien-Hütteldorf. Auf Meisterschalen, auf Pokale, generell auf Erfolge. Doch nicht nur nach Zählbarem lechzen die Fans schon lange, nein, man wartet auch schon seit einer gefühlten Ewigkeit auf die Ankunft eines echten Goalgetters. Eines Knipsers, so, wie Robert Beric es seinerzeit war. Warum aber genau das einer der größten Trugschlüsse der Rapid-Fans ist, welche Rolle ein alter Bekannter im Rapid System spielen könnte und wie die Mannschaft mit einem neuen Stürmer demnächst auftreten könnte, versucht der folgende Kommentar näherzubringen.

Die zweite Runde der tipico Bundesliga bereitete Rapid-Trainer Goran Djuricin ein wenig Kopfzerbrechen. Der brasilianische Youngster Joelinton war gesperrt, Strafraumstürmer Giorgi Kvilitaia im Lazarett. Blieben also noch der blutjunge Alex Sobczyk und der bereits ausgemusterte Philipp Prosenik als Alternative für die Solospitze. Dieser Gedanke bereitete nicht nur Djuricin Kopfschmerzen, sondern vor allem den Fans, die mit der derzeitigen Situation im Sturm überhaupt nicht zufrieden sind.

Ana, der den Verteidigern umd‘ Oawaschln rennt!“

Denn der Großteil der so einflussreichen Rapid-Anhängerschaft möchte mehr Vielfalt in der Offensive des Rekordmeisters sehen. Neben dem klassischen Rapid Stürmer – groß, schlaksig und eher ein Strafraumstürmer, vom Körper her praktisch ein „Usain Bolt“ ohne dessen Antritt – will man nämlich etwas Untypisches in der Hauptstadt: Einen kleinen giftigen, aber vor allem spritzigen Stürmer, der mit seiner Schnelligkeit die gegnerische Abwehr vor Probleme stellt. Denn man braucht wieder eine Waffe im Angriff, die einer Rapid würdig ist. Jemand, der weiß wo das Tor steht.

Alternative Realität

Das Problem ist, dass dieser „Jemand“ nicht zwangsläufig jener Spielertyp ist, den man sich so sehnlich wünscht. Ein schneller, wendiger Stürmer kann den Grün-Weißen natürlich die gewünschten 20 Tore pro Saison schießen, keine Frage, nur sollte man nicht davon ausgehen, dass die Verpflichtung eines solchen Spielers zwangsläufig zum Erfolg führt und quasi das „Wundermittel“ für die Probleme Rapids ist. Man denke nur mal ein bisschen mehr als ein Jahr zurück, als man so knapp wie schon lange nicht mehr den Titel verpasste und ein ernsthafter Konkurrent für Salzburg war. Viele Fans forderten anschließend, dass im folgenden Transferfenster endlich Hochkaräter verpflichtet werden sollen, und einige begannen am Trainerstuhl von Zoran Barisic zu sägen.

Rapid und der Beric-Komplex

Warum aber gibt es diesen Wunsch nach einem Bilderbuch-Stürmer, der die gegnerische Defensive „schwindlig“ spielt? Der am Schluss ganz oben in der Torschützenliste steht? Nunja, man hat oft das Gefühl, dass einige Rapid-Anhänger noch immer trauern. Trauern, über den Verlust eines wahren Knipsers: Robert Beric, der Mann, der mit seinen 33 Toren Rapid in ein unglaubliches Frühjahr 2015 und beinahe in die Champions-League-Gruppenphase schoss. Abgesehen vom Europa-League-Sechzehntelfinale 2016 vermutlich die schönsten Momente für die Fans der Grün-Weißen. Viele der eben Genannten assoziieren wie es scheint den Erfolg im Fußball mit einem Goalgetter, der seine 25 Tore pro Saison macht, dass das allerdings ein Trugschluss ist, zeigen zahlreiche Beispiele im modernen Fußball. Man werfe beispielsweise einen Blick auf die Rapid-Torschützen der Vizemeister-Saison 2015/16. Kein Spieler erzielte über 10 Tore, trotzdem hatte man am Ende die zweitbeste Offensive.

Jimmy Hoffers (mögliche) Rückkehr oder: Wie die Faust aufs Auge

Die Verantwortlichen des SK Rapid sind sich jedoch einig: Ein schneller Stürmer muss verpflichtet werden – jedoch nur, sofern Prosenik den Verein verlässt. Der gewünschte Spieler sollte vor allem schnell sein, einen gewissen Torriecher haben und im Idealfall ablösefrei sein, so das Anforderungsprofil. Zu diesen Kriterien fällt den Experten der Fußballwelt sofort ein Name ein: Erwin „Jimmy“ Hoffer, der noch dazu eine äußerst erfolgreiche (Rapid) Vergangenheit hat. Die Betonung liegt auf Vergangenheit – seit dem Abgang von Rapid lief es bei dem sympathischen Niederösterreicher nämlich nicht nach Wunsch. Beim SSC Napoli spielte er keine Rolle und bei seinen diversen Stationen in Deutschland fand er auch nicht zu alter Stärke zurück. Die berechtigte Frage: Wer kann garantieren, dass es nach einem möglichen Transfer zur Rapid wieder bergauf geht?

Zwei Neuner, ein Achter

Dass ein Spielertyp wie Jimmy Hoffer einschlägt und die Sorgen in Hütteldorf beseitigt, kann niemand garantieren. Jedoch sind sich die meisten Experten einig, dass ein wenig mehr Schnelligkeit dem Spiel Rapids gut tun würde. Eine der interessantesten Überlegungen hier ist jene der Doppelspitze. Konträr zu Rapids üblichen System – dem 4-2-3-1 mit einer schlaksigen Solospitze – würde man hier in einem 4-4-2 agieren, also mit zwei Stürmern. Spielen würde vermutlich der bullige, technisch starke Joelinton – der objektiv betrachtet am besten in dieses System passen würde – und auch der eben genannte schnelle Stürmer. Die Grundüberlegung ist, dass ein körperlich starker Spieler wie Joelinton Löcher in die gegnerische Abwehr reißen könnte, in die ein Sprinter wie etwa Hoffer Pässe gespielt bekommt. Natürlich braucht es hierbei (mindestens) einen passsicheren zentralen Mittelfeldspieler, der die Stürmer mit Pässen füttern kann. Diese Rolle könnte der in der letzten Saison eher enttäuschende Kroate Ivan Mocinic übernehmen, der in Rijeka und auch in seinen ersten Spielen für Rapid durch seine Passsicherheit überzeugte.

„Rapid, mach dein Börserl auf!“

Also, sollte der SK Rapid das Risiko eingehen und nochmal am Transfermarkt aktiv werden? Eindeutig, denn nur wenig im Leben bekommt man, ohne ein gewisses Risiko einzugehen. In diesem Fall ist es zwar kein finanzielles, da man ja, wie man selber schon angekündigt hat, ein üppiges Budget zur Verfügung hat, aber ein personelles Risiko. Sollte nämlich dieser Transfer wieder nicht einschlagen, würden vielleicht jene kritischen Stimmen lauter werden, die seit der letzten Saison ohnehin schon die Vereinsführung im Visier haben.

Thomas Halm, abseits.at

Thomas Halm

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