Die nach dem EM-Gruppenspiel Polen gegen Russland von polnischen Hooligans angezettelten Gewaltexzesse gegen russische Fans wurden in ganz Europa mit Erschütterung zur Kenntnis genommen... Pfosten der Woche (KW 24) – Maciej Maciejowski

Die nach dem EM-Gruppenspiel Polen gegen Russland von polnischen Hooligans angezettelten Gewaltexzesse gegen russische Fans wurden in ganz Europa mit Erschütterung zur Kenntnis genommen und verurteilt. In ganz Europa? Nein. Ein unbeugsamer Warschauer Ratsabgeordneter ist voll des Lobes für seine prügelnden Landsleute.

Mehr als zwei Dutzend Verletzte hatten die Ausschreitungen vor und nach dem Duell zwischen Polen und Russland gefordert – und auch wenn russische Hooligans an Provokationen und Feindseligkeiten keineswegs unbeteiligt waren und man über die glorreiche Idee, den russischen Unabhängigkeitstag mit einem Marsch durch Warschau zu feiern, durchaus kontrovers diskutieren kann: Gewalt kann nie und in keiner Situation die Diskursform der Wahl sein, zumal zahlreiche Videoaufnahmen beweisen, dass viele völlig unbeteiligte, friedliche Fans und sogar Kinder attackiert wurden, bloß weil sie die russische Farben trugen.

Während Polens Regierungsspitze die Vorfälle verurteilt und härtere Strafen gegen Hooligans angekündigt hat, fand der Warschauer Ratsabgeordnete Maciej Maciejowski Mitte der Woche via Twitter anerkennende Worte für die polnischen Randalierer:

“Leider hat die Polizei den Marsch der Russen nicht verboten und die Fans mussten die Ehre der Polen verteidigen. Bravo! Wir lassen uns nicht ins Gesicht spucken!”

So wurde das Motto „Gemeinsam Geschichte schreiben“ wohl zuletzt vor gut 70 Jahren ausgelegt  – diese Interpretation schafft aber einigen Spielraum für spannende Gedankenexperimente: Wird der Prager Fußballfrühling nach dem Aus der Gastgeber von polnischen Truppen niedergeknüppelt? Ist ein erneuter Einmarsch Deutschlands in Griechenland nach einer etwaigen Niederlage im Viertelfinale ein ernstzunehmendes Szenario? Tritt England im Falle des Ausscheidens aus Protest in die Euro-Zone ein?

Aussagen wie die von Maciejowski sind der Beweis dafür, dass einige Politiker um keinen Deut intelligenter sind als die gewalttätigen Schläger, deren Lebenssinn die behauptete Verteidigung nationalen Stolzes ist – oder aber es handelt sich um besonders perfide Demagogen, die vorsätzlich Hass und Zwietracht schüren und darüber hinaus jene salonfähig machen, deren bevorzugte Ausdrucksmittel Fäuste, Flaschen und Pflastersteine sind.

Maciejowski ist übrigens während der EM in Warschau als freiwilliger Helfer im Einsatz und soll vor allem die Polizei bei Verständigungsproblemen mit ausländischen Fans unterstützen. Schlüssig, denn wenn sich einige der Gäste nicht zu benehmen wissen sollten, wird er sie sicher gerne über die polnischen Gepflogenheiten in Kenntnis setzen lassen. Ist doch Ehrensache!

(Lichtgestalt)

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