Die EM 2012 war noch nicht zu Ende, da wartete UEFA-Präsident Platini bereits mit einer atemberaubenden Idee für das Turnier 2020 auf: sage und schreibe zwölf Länder sollen sich die Ausrichtung der Endrunde teilen.
Vorbei also die Zeiten, in denen sich große Nationen wie Frankreich einen garantierten Heimvorteil oder Kleinstaaten wie Österreich eine Teilnahmeberechtigung verschafften? Zwölf Veranstalter in zwölf Ländern – so lautet der Vorschlag des Franzosen, der damit bereits das UEFA-Exekutivkomittee befasste und nach eigenen Angaben große Zustimmung erntete. Etwas weniger Begeisterung dürfte ihm allerdings aus der Türkei, Georgien & Aserbaidschan, sowie Schottland, Irland & Wales entgegenschlagen, die ihre Bewerbungen für die Ausrichtung des Turniers bereits abgegeben haben und deren Mühewaltung somit umsonst gewesen sein könnte.
Platini, der wenige Augenblicke zuvor die anwesenden Journalisten noch mit einem Augenzwinkern über seinen erhöhten Wodkakonsum während der letzten Wochen in Kenntnis gesetzt hatte, untermauerte seinen Vorschlag neben der charmanten Idee einer Art vereinten Fußball-Europas auch mit ökonomischen Argumenten:
„Dann muss jedes Land nur noch ein Stadion und einen Flughafen bauen. Ich glaube, das ist eine großartige Idee während der Wirtschaftskrise.“
Ein nachvollziehbarer Gedanke, denn neben Baufirmen auf dem ganzen Kontinent reiben sich insbesondere Fluglinien und Busunternehmer schon jetzt die Hände, wenn 24 Mannschaften samt Stab und zigtausenden Fans zwischen Baku, Dublin, Helsinki und Athen pendeln müssen. Und auch für die UEFA selbst wird wohl eine beträchtliches Stück des frischgebackenen Kuchens abfallen, denn je mehr Mitgliedsländer Interesse an einer Berücksichtigung durch den Kontinentalverband haben, umso eher wird Bereitschaft zur einen oder anderen Sonderzuwendung oder entsprechendem Wahlverhalten vorhanden sein. In seiner unendlichen Weisheit hat sich Platini aber auch an den kleinen Anhänger von der Straße gedacht, dessen Budget durch die Anmietung eines privaten Learjets für die Dauer des Turniers möglicherweise gesprengt würde:
„Es gibt Low-Cost-Airlines, das ist doch heute kein Problem mehr.“
Der Mann hat zweifellos Ahnung vom Fluggeschäft – es werden also fünf Fans pro Flieger um 29 Euro zuzüglich Steuern, Flughafengebühren, E-Ticket- und Kerosinzuschlag und vermutlich auch EM-Abgabe, Schaltribut, Euphoriebeitrag und Gesangstaxe reisen; für den Rest wird’s wohl empfindlich teurer. Ob Platinis Sohn Laurent, der kurz nach der WM-Vergabe 2022 an Katar bei der Qatar Sports Investment einstieg, seinem Brötchengeber schon vorab Beteiligungen an Air Berlin, Ryan Air oder ähnlichen Carriern empfohlen oder selbst Anteile erworben hat, ist leider nicht bekannt, wäre aber gegebenenfalls wohl nur Zufall.
Es ist die immergleiche Leier: in der Regel stecken hinter solchen und ähnlichen Vorschlägen (die Mini-EM vor der EM ist noch in relativ frischer Erinnerung) schlicht und ergreifend Geld, die Schaffung von Abhängigkeiten oder ähnlich gelagerte Geschäftsinteressen. Das Vorschützen der Idee eines vereinten Europa oder wirtschaftlicher Argumente in Zeiten der Finanzkrise und flapsig-arrogante Statements in Richtung der Fans sind unerträgliche Heuchlerei und mindestens ebenso jenseitig wie der offensichtlich wodkageschwängerte Vorschlag selbst.
Fazit: Platini ist mittlerweile definitiv reif, seinen Ziehvater Sepp Blatter zu beerben, daran besteht spätestens jetzt kein Zweifel mehr – obschon die Behauptung, dass die 12 Veranstalterländer Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Niederlande, Russland, England, Schweden, Türkei, Griechenland und Kroatien heißen und fix für das Turnier qualifiziert sein werden, nicht mehr ist als böswillige Spekulation.
(Lichtgestalt)
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