Schillernd-selbstherrliche Präsidenten, Fankrawalle, Wettskandale, Schiebungsverdacht und aberkannte Meistertitel – Italiens Fußball hatte in den letzten Jahren einiges an tragikomischem Potential. Definitiv hollywoodreif war auch der Auftritt von Aurelio de Laurentiis, seines Zeichens Filmproduzent und Präsident des SSC Napoli, am vergangenen Mittwoch im Rahmen einer TV-Livesendung zur Präsentation des Spielplans für die neue Saison in der Serie A.
Bereits im Vorfeld hatte de Laurentiis die Ligaverantwortlichen zur Rücksichtnahme bei der Spielplanerstellung gemahnt. Der Grund: Napoli ist als Vorjahresdritter erstmals in der Gruppenphase der Champions League dabei und daher – so zumindestens die Meinung des exzentrischen Präsidenten – kämen große Kaliber an den Wochenenden nach ermüdenden Auftritten in der Königsklasse sehr ungelegen, schließlich müssten im Europapokal engagierte Klubs von der Liga geschützt werden.
Nun möchte man meinen, die Erfüllung eines solch bescheidenen Wunsches dürfte gerade in Italien kein echtes Problem darstellen – doch weit gefehlt: was de Laurentiis gemeinsam mit den anderen Klubbossen im TV-Studio zu sehen bekam, entrüstete ihn zutiefst. Während Fallobst wie Genoa und Cesena schon vor Beginn der Gruppenphase auf dem Spielplan steht, empfängt Napoli am Sonntag nach dem ersten Champions League-Spieltag den AC Milan, muss nach Spieltag zwei zu Inter und hat nach dem vierten Gruppenspiel – zum Drüberstreuen – Juventus zu Gast.
Eine schier unglaubliche Schweinerei also, sind doch die beiden Mailänder Klubs bekanntlich nicht im internationalen Geschäft dabei, können daher die ganze Woche lang regenerieren und sich ungestört auf das Duell mit den Neapolitanern vorbereiten. De Laurentiis stürmte folglich wutentbrannt und unter Ausstoßung wüster Flüche über diese “Riesenscheiße” aus dem Studio und kündigte während seines Abgangs zudem lautstark an, die Staatsbürgerschaft zurücklegen und sich künftig wieder ausschließlich Filmproduktionen widmen zu wollen. Auf der Straße angekommen hielt er einen wildfremden Mopedfahrer an und verließ vor laufenden Kameras auf dessen Sozius den Schauplatz des Affronts.
Man kann den Frust des Mannes durchaus verstehen. In anderen Ländern läuft die Auslosung von Spielplänen unter vorheriger Festsetzung sovieler Bedingungen und Parameter ab, dass man sich das Losverfahren eigentlich sparen könnte; in Italien hingegen soll es nicht möglich sein, den Spielplan ein kleinwenig den Wünschen der großen Klubs anzupassen? Wenn de Laurentiis seine Drohung wahrmacht und die italienische Staatsbürgerschaft tatsächlich zurücklegt, sei ihm ans Herz gelegt, sich um Pass und Vereinsvorsitz in Österreich zu bewerben. Die hiesige Bundesliga ist, was Rücksichtnahme auf Vereinsbedürfnisse angeht, dem italienischen Verband offenbar um Lichtjahre voraus.
(Lichtgestalt)
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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