Jose Mourinho ist vermutlich einer der besten und gewieftesten Trainer, die derzeit auf den Fußballplätzen dieser Welt ihren Dienst tun. Die Mittel, zu denen... Pfosten der Woche (KW 34) – Jose Mourinho

Jose Mourinho ist vermutlich einer der besten und gewieftesten Trainer, die derzeit auf den Fußballplätzen dieser Welt ihren Dienst tun. Die Mittel, zu denen er mit seinem aktuellen Klub Real Madrid in letzter Zeit im Kampf gegen die aktuell überlegene Konkurrenz aus Barcelona greift, haben jedoch langsam aber sicher nichts mehr mit Fußball zu tun.

Im Rückspiel um den spanischen Supercup am vergangenen Mittwoch waren kurz vor Schluss wieder einmal einigen Real-Akteuren angesichts einer bevorstehenden Niederlage gegen den Erzrivalen die Sicherungen durchgebrannt: Verteidiger Marcelo sah nach einem gemeingefährlichen Frustfoul gegen Cesc Fabregas Rot, tumultartige Szenen auf dem Spielfeld waren die Folge. Mourinho selbst schien sich in ungewohnter Manier zunächst aus dem Trubel herauszuhalten, näherte sich dann aber gemessenen Schrittes Barcelonas Trainerassistenten Tito Vilanova, stach ihm kommentarlos mit dem Zeigefinger ins rechte Auge und machte sich nach getanem Werk seelenruhig auf den Rückweg zur Trainerbank, als hätte er Vilanova nur eben ein paar Krümel vom Jackett gewischt. Bei der Pressekonferenz nach Schlusspfiff mit seinem Foulspiel abseits des Rasens konfrontiert, antwortete er lakonisch: “Vilanova? Kenne ich nicht.”

Wer die Szenen im TV gesehen hat, fühlte sich frappant an die vorangegangenen Duelle zwischen Barcelona und Real im Champions League-Halbfinale erinnert. Auch damals hatte Mourinhos Elf nach Kräften hingelangt und in beiden Spielen berechtigte Platzverweise kassiert, er selbst war nach wüsten Beschimpfungen in Richtung Schiedsrichter auf die Tribüne verbannt worden. Und auch damals waren Hass und Abneigung seitens der Madrilenen geradezu greifbar gewesen; ebenso im spanischen Cupfinale, in dem sich die beiden Teams kurz darauf erneut gegenübergestanden hatten.

Die Vermutung liegt nahe, dass hinter dieser emotionalen Radikalisierung Kalkül steckt; es wirkt, als hätte Mourinho neben taktischen Instruktionen auch Anweisung gegeben, den Gegner physisch zu attackieren, wann immer es nur irgendwie geht. Angesichts der offensichtlichen Unterlegenheit Reals hält er dies offenbar für ein legitimes Mittel, der klar besseren Elf von Barca auf dem Spielfeld zu begegnen. Das wirft die Frage auf, ob Real und Mourinho moralisch tatsächlich derart abgewirtschaftet haben und das ehemals „Weiße Ballett“ nun als gewöhnlicher Schlägertrupp gegen stärkere Gegner zu Felde zu ziehen gedenkt. Von Schuldbewusstsein der Vereinsverantwortlichen bisher keine Spur – wen wundert es, dass viele Akteure von Real ebenfalls keinerlei Unrechtsbewusstsein entwickeln, was geradezu absurde Wortspenden wie jene des Mannschaftskapitäns Casillas (“Fabregas hat sich fallen lassen”) beweisen?

Die Süddeutsche Zeitung sieht Mourinho und seiner Mannschaft nach den letzten Vorkommnissen auf dem Weg zu einer “marodierenden Bande” – ein treffendes Bild. Dass sich Reals Vereinsboss Florentino Perez als eine Art Wyatt Earp entpuppt, der sich der vornehmen Geschichte seines Klubs besinnt und der galoppierenden Sittenverrohung mit rauchendem Colt Einhalt gebietet, ist nicht zu erwarten: nach Schlusspfiff gratulierte er Mannschaft und Trainer in der Kabine zu ihrer grandiosen Vorstellung.

(Lichtgestalt)

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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