Wer nach den letzten Skandalen rund um den Weltfußballverband gedacht hat, es handle sich bei der FIFA und ihrem Chef um klüngelnde Mafiosi in... Pfosten der Woche (KW 45) – Joseph Blatter

Wer nach den letzten Skandalen rund um den Weltfußballverband gedacht hat, es handle sich bei der FIFA und ihrem Chef um klüngelnde Mafiosi in einer Art internationalem Selbstbedienungsladen, wurde anlässlich der Vergabe der Vermarktungsrechte für die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 eines Besseren belehrt: zum Zug kam weder einer der Teilverbandspräsidenten oder dessen Ehefrau, noch eine Scheinfirma des russischen Ministerpräsidenten oder gar das Firmengeflecht eines finanzstarken Scheichs. Der millionenschwere Zuschlag für die Vermarktung der TV-, Radio- und Internetrechte auf dem boomenden asiatischen Markt ging selbstverständlich an den Bestbieter – der rein zufälligerweise auch Blatters Neffe ist.

Philippe Blatter, 46, trat seinen Job als Chef der Infront Sports & Media im Jahr 2006 an, und zwar kurze Zeit nachdem die Gesellschaft das Wettbieten um die europäischen TV-Rechte an der WM 2010 in Südafrika verloren hatte. Seit Blatters Neffe das Unternehmen leitet, geht es aber steil bergauf: die asiatischen Medienrechte für die Endrunden 2010 und 2014 gingen an ISM, die nunmehr auch für die beiden folgenden Turniere den Zuschlag erhielt. Vor seiner Tätigkeit bei Infront war Neffe Blatter bei der Unternehmensberatung McKinsey tätig, die im Jahr 2000 – Onkel Sepp war zu diesem Zeitpunkt seit zwei Jahren FIFA-Vorsitzender – auch die maroden Finanzen des Weltfußballverbandes unter ihre Fittiche nahm und dafür stattliche Honorare kassierte.

Nebenberuflich ist Philippe Blatter an der Match Hospitality AG beteiligt, die zeitgleich zur Rechtevergabe an Infront mit dem Ticketing für die Turniere 2018 und 2022 beauftragt wurde; eine Aufgabe, mit der sie schon seit der Endrunde in Japan und Südkorea nicht fertig wird und dennoch jedes Mal aufs Neue den Zuschlag erhält. So wurden 2002 hunderttausende Tickets zu spät gedruckt und gelangten teilweise nicht mehr rechtzeitig in den Verkauf, 2006 mussten deutsche Organisatoren bei mehreren ähnlich peinlichen Pannen aushelfen und 2010 ging eine beträchtliche Anzahl an Hotels und Privatpensionen in Südafrika pleite, weil Match Hospitality – bei der Planung offenbar von frei erfundenen Fantasiebesucherzahlen ausgehend – unmittelbar vor Turnierbeginn massenhaft bereits lang reservierte Bettenkontingente ersatz- und entschädigungslos storniert hatte.

Die FIFA betont, dass es sich in beiden Fällen um das beste Angebot gehandelt habe und familiäre Bande selbstverständlich keine Rolle spielen. Andere Bieter nennt der Verband leider ebensowenig wie konkrete Vergabekriterien – und wozu auch, ein Interessenskonflikt ist hundertprozentig auszuschliessen, denn gemäß einer offiziellen Stellungnahme hat Sepp Blatter mit der ganzen Sache ohnehin gar nichts zu tun:

“Der FIFA-Präsident ist kein Mitglied des Finanzkomitees und war nicht anwesend, als die Entscheidung gefällt wurde.”

Na bitte. Wer nicht anwesend ist, kann bekanntlich auch keine flammende Rede zugunsten seines Neffen halten, und dass der Verbandschef in irgendeiner anderen Form Einfluss auf die Entscheidung des zuständigen Komitees genommen hat, ist natürlich völlig ausgeschlossen. Wer das glaubt, setzt auch sein Geld auf Österreich als Fußball-Europameister 2012.

(Lichtgestalt)

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