Weltmeisterschaft 2002: Brasilien gewinnt die erste WM auf asiatischem Boden
WM 2014 | Geschichte der WM 10.Juni.2014 Stefan Karger 0
Nach einer schwachen Qualifikation, in der sich die Brasilianer erst am letzten Spieltag mit einem Sieg über Venezuela für die Weltmeisterschaft qualifizieren konnten, legte die Mannschaft von Luiz Felipe Scolari bei der Endrunde den Schalter um und gewann in Südkorea und Japan von der Gruppenphase bis zum Finale alle Spiele. Die Brasilianer standen somit bei der dritten Weltmeisterschaft in Folge im Finale, etwas das vorher nur Deutschland gelang (1982 – 1990). Sehen wir uns zunächst aber an, wie die Weltmeisterschaft nach Asien kam.
FIFA-Präsident João Havelange kündigte bereits 1986 an, dass die Weltmeisterschaft 2002 auf asiatischem Boden stattfinden würde. Hinter dieser Idee standen in erster Linie wirtschaftliche Überlegungen, da man in Asien einen Fußball-Boom entfachen und finanzstarke Unternehmen für den Fußball gewinnen wollte. Dem brasilianischen Funktionär schwebte ursprünglich eine Weltmeisterschaft in China vor, doch das Land der aufgehenden Sonne interessierte sich mehr für die olympischen Spiele 2008 und zeigte wenig Interesse an der Austragung der Endrunde. Südkorea hingegen wollte die Spiele unbedingt im eigenen Land austragen, wobei sich sogar Nordkorea als Co-Gastgeber anbot.
Der stärkste Konkurrent der Koreaner war Japan, das anfangs auch die besseren Karten in der Hand hielt. Der Geschäftsmann Chung Mong-joon stieg 1993 zum Präsidenten des südkoreanischen Fußballverbands auf und holte nach und nach den Rückstand auf Japan auf. Zwischen den beiden Nationen entstand ein verbitterter Wettstreit um die Weltmeisterschaft, wovon primär die FIFA-Funktionäre profitierten, die mit Geschenken zugeschüttet wurden. Die Kampagnen der beiden Länder kosteten insgesamt etwa 100 Millionen Euro und am Ende entschied das Komitee, dass sich die beiden Länder die Weltmeisterschaft teilen sollten. Havelange war zwar kein Freund dieser Lösung, musste sich aber dem Beschluss beugen. Auch nach der Vergabe wollten sich die beiden Nationen pausenlos übertreffen. Japan änderte beispielsweise die Reihenfolge der Austragungsländer (Südkorea / Japan) immer wieder auf Werbebroschüren und den Eintrittskarten um, bis die FIFA ein Machtwort sprach und die gekränkten Japaner nachgaben.
Moderne Stadien und Massenhysterie
Beide Nationen stellten jeweils zehn Stadien für die Weltmeisterschaft zur Verfügung, wobei die meisten Arenen neu gebaut werden mussten. Die beiden Austragungsländer lieferten sich auch hier einen Wettstreit, denn so viele Spielstätten wären keinesfalls notwendig gewesen. Frankreich kam vier Jahre zuvor mit insgesamt zehn Stadien aus. Beide Länder wollten einander jedoch in nichts nachstehen und scheuten trotz Wirtschaftskrise keinerlei Kosten. Der Bau der neuen Arenen kostete insgesamt knapp fünf Milliarden Euro, viele Stadien wurden nachher kaum genutzt.
Die Vergabe der Weltmeisterschaft erzeugte insbesondere in Südkorea teilweise Massenhysterien. Junge Mädchen kreischten am Flughafen oder während der Partien. Die internationalen Fußballstars waren fürs Publikum davor eben nichts Greifbares gewesen, die Spieler wurden wie Sänger von Boygroups angehimmelt. Dass der Fußball-Fanatismus auch zu weit gehen kann bewies ein südkoreanischer Fan, der sich vor dem letzten Gruppenspiel selbst verbrannte, in der Hoffnung, dass seine Nationalmannschaft aufgrund dieses Opfers weiterkommt.
Österreich scheidet im Playoff aus
Die Spieler der österreichischen Auswahl kamen nicht in den Genuss von asiatischen Fans angehimmelt zu werden, denn nachdem sie in einer Gruppe mit Spanien, Israel, Bosnien und Liechtenstein den zweiten Platz erreichten, mussten sie sich der Türkei in den Playoff-Spielen klar mit einem Gesamtscore von 0:6 geschlagen geben. Negativ zu erwähnen sind hier die Geschehnisse rund um das Auswärtsspiel in Israel, bei dem die Heimmannschaft die Österreicher am letzten Spieltag mit einem Sieg hätte abfangen können. Neun Spieler weigerten sich wegen Sicherheitsbedenken die Reise anzutreten und wurden dafür von den Medien scharf kritisiert. Andreas Herzog gelang im Ramat-Gan-Stadion in der 90. Minute der Ausgleich zum 1:1, woraufhin ORF-Kommentator Hans Huber mit Gegenständen beworfen wurde, was dieser während der Live-Übertragung auch minutenlang kommentierte.
Favoritensterben in der Gruppenphase
Während die beiden Gastgeber der Weltmeisterschaft überraschend ihre Gruppen gewannen, mussten sich einige große Mannschaften früh verabschieden. Für Frankreich, Argentinien, Portugal, Uruguay, Kroatien und Russland war das Turnier nach der Gruppenphase schon wieder vorbei. Deutschland profitierte vom Favoritensterben und traf bis zum Finalspiel auf relativ dankbare Gegner. Gegen Paraguay, die USA und Südkorea reichte jeweils ein 1:0-Sieg. Brasilien eliminierte auf dem Weg ins Finale Belgien (2:0), England (2:1) und die stark aufspielende Türkei (1:0), die sich im Spiel um Platz 3 gegen Südkorea mit 3:2 durchsetzte. Im Finalspiel behielt Brasilien gegen Deutschland die Oberhand und gewann dank zweier Treffer von Ronaldo mit 2:0. Torhüter Oliver Kahn sah beim ersten Gegentor schlecht aus, da er einen Weitschuss von Rivaldo direkt vor Ronaldos Füße abprallen ließ. Mit acht Toren sicherte sich Ronaldo auch den Titel des Torschützenkönigs, vor Rivaldo und Miroslav Klose, die beide fünf Tore beisteuerten.
Stefan Karger, abseits.at
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Stefan Karger
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