Australien fährt mit schwachem Kader, aber exzellentem Torhüter zur WM 2014
WM 2014 | Mannschaftsanalyse 6.Juni.2014 Stefan Karger 0
Das australische Nationalteam durchläuft gerade einen Umbruch und ist nicht mit den Teams vergleichbar, die bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 die australischen Farben vertraten. Zahlreiche Spieler besitzen kaum internationale Erfahrung, sodass ein Punktegewinn in dieser starken Gruppe schon ein großer Erfolg wäre. Trainer Ange Postecolglou ist sich dessen bewusst, will aber trotzdem einen offensiven und erfrischenden Fußball spielen lassen – sein Team hat schließlich nichts zu verlieren.
Die Nummer Eins im Tor der Australier ist der 22-jährige Matt Ryan, der davon ausgehen kann, einer der meist beschäftigten Keeper in der Gruppenphase zu sein. Der Schlussmann spielte eine starke Saison beim FC Brügge und wurde von den Spielern der belgischen Liga zum Torhüter der Saison gewählt. Viele erwarten, dass der Keeper sich bei der Weltmeisterschaft weiter ins Rampenlicht spielen und über kurz oder lang zu einem starken Klub in einer der Top-Ligen wechseln wird. Der Schlussmann verfügt über eine tolle Strafraumbeherrschung und scheut sich nicht davor bei Flanken den Fünfmeterraum zu verlassen. Er ist stark bei Eins-gegen-Eins-Situationen und kommt explosiv aus dem Tor heraus. Nach heruntergefangenen Flanken versucht er das Spiel mit weiten Auswürfen, beziehungsweise Ausschüssen schnell zu machen. Ryan ist ein Torhüter mit enormem Potential und sicherlich das große Highlight im australischen Kader.
In der Abwehrzentrale dürfte der ehemalige Nürnberg-Legionär Matthew Spiranovic gesetzt sein, der sich in der deutschen Bundesliga auch aufgrund seines Verletzungspechs nicht durchsetzen konnte. Nach drei Jahren in Japan bei den Urawa Red Diamonds und einem Gastspiel bei Al-Arabi in Katar, wo er übrigens zwei Millionen Dollar im Jahr verdiente, spielt er nun wieder in seiner Heimat für die Western Sydney Wanderers. Zuletzt zeigte er jedenfalls recht gute Leistungen in der Liga, sodass Coach Postecolglou mit ziemlicher Sicherheit auf den Abwehrspieler setzen wird. Ein Fragezeichen stand lange Zeit hinter dem Innenverteidiger Curtis Good, der momentan leihweise für Dundee United spielt und bei Newcastle United unter Vertrag steht. Der Abwehrspieler verletzte sich Anfang März beim Freundschaftsspiel gegen Ecuador und fiel für den Rest der Saison aus. Lange Zeit sah es dannach aus, dass der Abwehrspieler rechtzeitig zur Weltmeisterschaft fit werden würde, doch die Knieverletzung machte schlussendlich einen Einsatz beim Turnier unmöglich.
Eine Alternative zu Curtis Good wäre der kopfballstarke Ryan McGowan, der in der chinesischen Liga bei Shandong Luneng Taishan unter Vertrag steht. Er wird sich den Platz in der Abwehrzentrale mit dem erfahreneren Alex Wilkinson ausmachen, der in der südkoreanischen Liga bei Jeonbuk Hyundai Motors spielt. Wen auch immer Postecolglou in der Abwehrzentrale aufstellen wird – viel Erfahrung auf diesem Niveau können die Abwehrspieler nicht mitbringen.
Auf der linken Außenbahn ist Jason Davidson gesetzt, der momentan in den Niederlanden bei Heracles Almelo spielt. Der linke Verteidiger bestritt immerhin 30 Meisterschaftsspiele in der heurigen Saison, hat jedoch auch nur fünf Länderspiele auf der Visitenkarte stehen. Seinen ersten Länderspieleinsatz im Freundschaftsspiel gegen Schottland wird er so schnell nicht vergessen, denn er erzielte nach seiner Einwechslung per Kopf ein Eigentor. Rechts in der Viererkette dürfte Brisbane-Roar-Außenverteidiger Ivan Franjić den Vorzug gegenüber Luke Wilkshire erhalten. Der 26-Jährige gewann heuer die Meisterschaft mit seinem Verein und erzielte in 19 Einsätzen fünf Tore. Luke Wilkshire verfügt zwar über mehr internationale Erfahrung, wurde aber in der Vergangenheit immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen.
Den defensiven Part im zentralen Mittelfeld übernehmen Kapitän Mile Jedinak und Mark Milligan. Milligan begann seine Karriere in der Abwehr und spielte zunächst als rechter Außenverteidiger und zentraler Abwehrspieler. Mittlerweile spielte er sowohl bei Melbourne Victory, als auch in der Nationalmannschaft im defensiven Mittelfeld, wo er viel Arbeit verrichtet und auch die Bälle gut verteilen kann. Crystal-Palace-Stammspieler Mile Jedinak wird neben ihm spielen und ebenfalls in erster Linie mit defensiven Aufgaben beschäftigt sein. Den 1,90m großen Mittelfeldspieler zeichnet eine gesunde Härte und ein starkes Kopfballspiel aus. Er ist zudem eine Führungspersönlichkeit am Platz und gilt als großer Kämpfer, weshalb er auch die Kapitänsschleife tragen wird.
James Holland hat es ebenfalls in den Kader der Australier geschafft. Der Austria-Wien-Legionär stand beim Freundschaftsspiel gegen Südafrika sogar in der Startaufstellung und wäre auch deshalb eine Alternative, da er als einer der wenigen Spieler im Team über internationale Erfahrung in Form von Champions-League-Spielen besitzt. Melbourne-Victory-Spieler James Troisi wurde in dem Freundschaftsspiel ebenfalls eingesetzt, wird jedoch voraussichtlich keine große Rolle bei der Weltmeisterschaft spielen. Die kreative, etwas offensivere Rolle wird Mark Bresciano einnehmen. Der 34-Jährige spielte in der Saison 2010/11 bei Lazio und verdient momentan sein Geld bei Al-Gharafa in Katar. Bresciano gilt als vielseitig einsetzbarer Spieler, der in der Abwehrarbeit stärker als Rogic sein dürfte, dafür aber in kreativer Hinsicht nicht das gleiche Niveau besitzt. Aufpassen müssen die Gegner jedoch vor seinen gefährlich getretenen Freistößen.
Matthew Leckie wechselt in der kommenden Saison von FSV Frankfurt zum FC Ingolstadt. Davor spielte er zwei Saisonen bei Borussia Mönchengladbach, wo er sich aber nie wirklich durchsetzen konnte. In Frankfurt lief es besser und er erzielte in insgesamt 58 Meisterschaftsspielen immerhin 13 Treffer. Bevor er für Ingolstadt auf Punktejagd gehen wird, wird er im australischen Team am rechten Flügel bei der Weltmeisterschaft in Brasilien die erste Wahl sein. Auf dem anderen Flügel wird der 22-jährige Tommy Oar auflaufen, der beim FC Utrecht unter Vertrag steht und heuer 31 Meisterschaftsspiele bestritt. Oar machte in den Niederlanden einen großen Sprung und wurde konstanter, sowie vielschichtiger. Er ist technisch stark und seine Stärken liegen in der Offensive. An seiner Defensivarbeit muss er hingegen noch arbeiten.
Eine Alternative im linken Mittelfeld ist der 25-jährige Oliver Bozanic, der beim FC Luzern spielt aber immer wieder mit großen Formschwankungen zu kämpfen hat. Eine weitere Option ist der erst 21-jährige Stürmer Ben Halloran, der bei Fortuna Düsseldorf unter Vertrag steht und auch am Flügel spielen kann.
Australiens Rekordtorschütze ist im Sturm natürlich gesetzt, denn im Angriff ruhen alle Hoffnungen auf den Schultern von Tim Cahill. Der kopfballstarke Stürmer spielte zwischen 2004 und 2012 bei Everton und erzielte dort in 226 Meisterschaftsspielen 56 Treffer. Seit Juli 2012 geht er für die New York Red Bulls auf Torjagd, wobei er immer wieder auch im zentralen, offensiven Mittelfeld hinter den beiden Spitzen (zumeist Thierry Henry und Péguy Luyindula) eingesetzt wird. Im australischen Team findet man ihn aber an vorderster Front.
Ein möglicher Ersatzmann wäre beispielsweise Adam Taggart, der in dieser Saison bei den Newcastle Jets aufblühte und 16 Tore in 25 Spielen erzielte. Für das australische Nationalteam traf er ebenfalls in vier Spielen dreimal, weshalb einige Fans ihn zumindest als Joker sehen wollen. Trotz seiner zahlreichen Tore ist der 20-jährige Shooting-Star dafür bekannt, dass er oft viele Chancen braucht um seine Treffer zu machen.
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Stefan Karger
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