Die junge Mannschaft Algeriens: Offensiv interessant, defensiv sehr schwach
WM 2014 | Mannschaftsanalyse 8.Juni.2014 Alexander Semeliker 0
Die Mannschaft der Algerier besteht zum Großteil aus Spielern, die der breiten Öffentlichkeit kaum ein Begriff sind. Trainer Vahid Halilhodzic leistete sich sogar den Luxus, den einen oder anderen Leistungsträger der vergangenen Jahre auszusortieren, sodass sein Team nicht nur zu den unbekanntesten, sondern auch unerfahrensten des Turniers zählt.
Zwischen den Pfosten stand während der Qualifikation fast ausschließlich Rais M’Bolhi. Der 28-Jährige ist aber trotz 27 Länderspielen nicht unumstritten. Besonders in der Strafraumbeherrschung hat er Probleme. Auch bei ZSKA Sofia war der geborene Franzose zunächst nicht Stammspieler. Erst nachdem sich die nominelle Nummer eins weigerte, seinen Vertrag zu verlängern, kam M’Bolhi zu Einsätzen. Es könnte daher sein, dass wie in den letzten beiden Länderspielen, der 29-jährige Mohamed Zemmamouche den Vorzug bekommt. Dieser spielt jedoch nur in der algerischen Liga – ebenso Torhüter Nummer Cedric Si Mohamed.
Abwehrchef der Algerier ist der 31-jährige Madjid Bougherra, der sein Geld in Katar beim Lekhwiya SC verdient. Der Rechtsfuß ist der erfahrenste Akteur im Kader und wird viel Verantwortung tragen müssen. Jedoch ist Bougherra selbst aus fußballerischer Sicht nicht unantastbar, denn er wirkt mitunter leichtsinnig. Sein Nebenmann ist mit Essaid Belkalem ein ähnlicher Spielertyp, der seine Stärken im physischen Bereich hat und kompromisslos ist. Der 25-Jährige hat allerdings kaum Spielpraxis. Auch Liassine Cadamuro hat mit diesem Problem zu kämpfen, kam in der letzten Saison aber immerhin auf 90 Champions-League-Minuten für Real Sociedad. Rafik Halliche spielt zwar regelmäßig, aber nur bei Academica Coimbra.
Die Außenpositionen der Viererkette sind besser besetzt und werden von vier Spielern gebildet, die entweder in Frankreich oder Italien ihr Geld verdienen. Links ist mit Djamel Mesbah ein Serie-A-erfahrener Akteur gesetzt. Der 29-Jährige, der auch lange in der Schweiz spielte, kickte 2012 sogar für den AC Milan. Mesbah ist relativ dynamisch und offensivstark, hat aber Schwächen in der Rückwärtsbewegung. Sein Backup, Faouzi Ghoulam, der sich auf Anhieb bei Napoli durchsetzen konnte, hat dieselbe Spielanalage. Rechts gibt es in Aissa Mandi von Stade Reims einerseits einen starken Balleroberer und andererseits mit Mehdi Mostefa einen ballsicheren Akteur. Der 30-Jährige kommt bei Ajaccio jedoch hauptsächlich im zentralen Mittelfeld zum Einsatz.
Am stärksten besetzt ist das algerische Team wohl im Zentrum. In der Qualifikation waren dort Carl Medjani, der eigentlich Monaco gehört, auf Leihbasis zuletzt aber für Olympiakos und Valenciennes auflief, sowie der erfahrene Mehdi Lacen von Getafe gesetzt. Die beiden sind defensivorientiert und eher Sechser der alten Schule. Daneben gibt es mit Hassan Yebda eine weitere erfahrene, technisch aber stärkere Option. Der 30-Jährige kickte bereits in der Premier League, Serie A und Primera Division und könnte für Algerien auch als Zehner spielen.
Dort hat sich aber Saphir Taider als beste Option herausgestellt. Der 22-Jährige wechselte zu Saisonbeginn von Bologna zu Inter, konnte sich dort zwar nicht dauerhaft durchsetzen verfügt aber über tolle Anlagen, vor allem im Box-to-Box-Spiel. Mit seiner Dynamik ist er ein wichtiger Spieler im Pressing.
Für die Doppelsechs der zu erwartenden 4-2-3-1-Formation gibt es außerdem eine interessante Option von der Insel: Das wohl größte Talent im Kader, Nabil Bentaleb. Der 19-Jährige absolvierte in der abgelaufenen Saison 20 Spiele für Tottenham und ist ein hoch veranlagter Box-to-Box-Mittelfeldspieler. Besonders in der Balleroberung kann er gute Werte vorweisen. Die WM kommt für ihn als Führungsspieler aber wohl noch etwas zu früh.
Durch die Hereinnahme neuer, junger Spieler reduzierte man auch den Druck auf Sofiane Feghouli, der zwar auch erst 24 Jahre alt ist, aber zu den erfahrensten Spielern im Kader zählt. Der gebürtige Franzose ist ein sehr flexibler Spieler, kommt am liebsten über die Seiten, driftet aber auch oft nach innen. Das signifikanteste Merkmal seiner Spielweise ist seine Physis. Obwohl er mit 1,78m zu den kleineren Spielern zählt ist er sehr explosiv und kraftvoll. Links setzte Halilhodzic in der Qualifikation in erster Linie auf El Arbi Hillel Soudani, den explosiven Außenstürmer von Dinamo Zagreb.
Aber auch Yacine Brahimi dürfte zu regelmäßigen Einsätzen kommen. Der 24-jährige Granada-Legionär ist enorm trickreich und verbuchte in der abgelaufenen Saison die meisten erfolgreichen Dribblings in der Primera Division. Weitere Alternativen für die Flügel sind Tunesien-Legionär Abdelmoumene Djabou und Riyad Mahrez, der im Frühjahr Stammspieler bei Leicester City war und immerhin acht Torbeteiligungen zum Premier-League-Aufstieg beitrug.
Der Solostürmer der Algerier spielt in Portugal bei Sporting und heißt Islam Slimani. Der 25-Jährige ist ein extrem disziplinierter Arbeiter und der Mittelpunkt Algeriens im letzten Drittel. Als Slimani im Sommer zu Sporting kam war er zunächst nur Ersatz, dennoch gab er stets alles für den Klub und stieg im März zum Stammspieler auf. Mit fünf Toren und drei Assists in den letzten zehn Ligaspielen ist er für die WM bestens aufgewärmt. Sein Ersatzmann spielt ebenfalls in Portugal und heißt Nabil Ghilas. Dieser ist bei Porto zwar nur Ergänzungsspieler, technisch allerdings sauberer als Slimani.
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Alexander Semeliker
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