Wechselhafte Black Stars: Wie stark ist die Elf von Ghana?
WM 2014 | Mannschaftsanalyse 14.Juni.2014 Tobias Robl 0
Im Testspiel gegen die Niederlande verlor Ghana mit 0:1. Der Test in Rotterdam war damit das fünfte Spiel in Folge; in dem die Afrikaner torlos blieben. Die Mannschaft; die gegen die Holländer zum Einsatz kam, dürfte schon in etwa dem Team entsprechen, das auch die Spiele bei der Weltmeisterschaft bestreitet, weshalb die Darstellung des Teams und dessen Interpretation des
4-4-2 anhand dieses Spiels erfolgen soll. Zehn Tage später besiegte Ghana bei der WM-Generalprobe die Südkoreaner mit 4:0…
Im Tor ist noch nicht ganz klar; wer wirklich die Nummer eins ist. Vermutlich wird aber Adam Kwarasey von Stromsgodset den Vorzug vor Fatau Dauda von den Orlando Pirates erhalten. Seit 2008 in der Nationalmannschaft dabei, ist Dauda seit 2013 zwar eigentlich Stammtorhüter – in den letzten Spielen stand allerdings stets Kwarasey im Tor.
Verletzungssorgen plagen James Kwesi Appiah in der Innenverteidigung, denn Abwehrchef Jerry Akaminko fällt für das Turnier verletzt aus. Zum Einsatz kommen könnte der junge Rashid Sumaila, der allerdings erst fünf Länderspiele bestritten hat, oder John Boye von Stade Rennes. Als Stammspieler in der Innenverteidigung besetzt Jonathan Mensa nämlich bereits einen der beiden Plätze.
Zur Spielweise: Die Innenverteidiger Ghanas spielen gegen den Ball sehr mannorientiert und verfolgen ihre direkten Gegenspieler sowie zurückfallende Stürmer immer wieder weit ins Mittelfeld. Dadurch gibt es kaum Situationen, in denen der Gegner wirklich effektiv in den zentralen Zwischenlinienraum spielen kann. Hin und wieder wird es jedoch gefährlich, wenn Bälle aus den Halbräumen in diese Stellungen gespielt werden.
Im Spielaufbau wird wenig Aufbauarbeit von der Innenverteidigung vorgenommen, bei der fraglich ist, wie gut der Verlust von Akaminko durch die anderen Spieler aufgefangen werden kann, denn den Ersatzleuten geht schlicht und einfach die internationale Klasse ab. Dazu war Mensa lange verletzt.
Bei den Außenverteidigern kann Appiah auf moderne, spielstarke Spielertypen zurückgreifen, wobei auch hier fraglich ist, wie stark man im internationalen Vergleich wirklich aufgestellt ist.
Auf links gilt Harrison Afful als gesetzt. Der 27-Jährige, der bei Esperance Tunis spielt, erinnert vom Spielertypus etwas an David Alaba. Dabei agiert er genauso wie der Münchner verstärkt vertikal im Halbraum, den er intensiv bearbeitet. Auf der rechten Seite beansprucht der 24-jährige Samuel Inkoom einen Platz in der ersten Elf und agiert dabei linearer als sein Gegenüber.
Der Aufbau findet bei Ghana über die beiden Sechser, meistens Muntari und Essien, statt. Sie agieren nahe an der Innenverteidigung und übernehmen deren Aufgaben im Aufbau. Meistens ist Essien der tiefere der beiden Sechser und Munatari, oder als Alternative Rabiu, agiert aus dem linken Halbraum.
Dieser linke Halbraum ist es auch, über den Ghana vorzugsweise nach vorne spielt. Er wird bevorzugt genutzt, weil Flügelspieler Asamoah auf dieser Seite agiert und im Aufbau unterstützend einrücken kann. Dabei gibt es immer wieder Rochaden mit den Außenverteidigern, die u.a. zum Ziel haben einen der Sechser im entstehenden Raum freizuspielen.
Diese Rolle hinter dem Außenverteidiger liegt vor allem Afriyie Acquah gut, der in Italien beim FC Parma zuhause ist, und eine weitere Alternative für die Doppelsechs darstellt.
Auf den Flügeln sind Kwadwo Asamoah von Juventus Turin und Andre Ayew von Olympique Marseille die beiden bestimmenden Akteure. Beide helfen viel in Aufbauszenen aus und verkörpern internationale Klasse. Vor allem Asamoah überzeugt durch seine intelligente Spielweise, bei der er viel in Rochaden eingebunden ist und als Verbindungsspieler nach vorne auftritt. Dazu kommen klassische Attribute eines Flügelspielers, wie Schnelligkeit und ein guter Torabschluss. Gerade in der Endphase seiner Angriffe konzentriert sich Ghana hier auf die Klasse seiner Flügelspieler, die den Erfolg bringen soll.
Eine weitere Alternative wäre Albert Adomah vom FC Middlesbrough. Er würde auf der rechten Seite zum Einsatz kommen, was bedeuten würde, dass Ayew auf der Bank Platz nehmen müsste. Mit dem lineareren Adomah würde sich der spielerische Schwerpunkt der Ghanaer auf die linke Seite verschieben, die rechte Seite würde eher für Verlagerungen und Schnellangriffe genutzt werden.
Die Doppelspitze der Black Stars besteht meistens aus einem Spieler, der seine Rolle als klarer Stürmer interpretiert, was meistens dem 28-jährigen Asamoah Gyan aufgetragen wird. Den zweiten Platz im Sturm könnte während dem Turnier zum einen Kevin-Prince Boateng aus der deutschen Bundesliga oder Christian Atsu von Vitesse Arnheim bekleiden.
Dabei spielt Atsu seine Rolle aus dem Zehnerraum heraus eigentlich wie ein zweiter Stürmer, hat aber eine relativ raumöffnende Komponente in seinem Spiel. Er ist es, der vertikale und flache Zuspiele erhält, die es dann entweder zu behaupten gilt oder die wieder an den Mann gebracht werden müssen.
Würde Boateng agieren, wäre die Rollenverteilung eher so, dass Boateng ebenfalls aus dem Zehnerraum spielen würde, dann aber nicht wie Atsu von “vorne nach hinten“, sondern genau andersherum. Soll heißen: Beteiligungen am Kombinationsspiel folgen viele aufrückende Bewegungen in die Spitze. Dadurch ändert sich die Passstruktur im Mittelfeld auch erheblich, die mit Boateng eher diagonal und horizontal geprägt ist, wohingegen sie mit Atsu vertikaler angelegt ist.
Tobias Robl
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