Die junge Mannschaft aus Algerien wurde von der britischen Tageszeitung „The Guardian“ vor der WM als schlechtester Teilnehmer eingestuft. Die Schützlinge von Vahid Halihodzic... Gute Gegneranpassungen: Die beiden Gesichter des algerischen Teams

Algerien - FlaggeDie junge Mannschaft aus Algerien wurde von der britischen Tageszeitung „The Guardian“ vor der WM als schlechtester Teilnehmer eingestuft. Die Schützlinge von Vahid Halihodzic zeigten sich davon allerdings bisher unbeeindruckt und stehen vor dem letzten Spieltag sogar auf dem zweiten Platz in ihrer Gruppe.

Mit Belgien, Russland, Südkorea und eben Algerien stellt die Gruppe H zwar nicht die Auswahlen mit den prominentesten Namen, dafür decken diese Teams ein breites Spektrum an taktischen Philosophien ab. Dementsprechend ist ein hohes Maß an Flexibilität gefordert. Algerien zeigte bisher, dass man mit diesen Gegebenheiten durchaus gut zurechtkommen kann.

Passive Strafraumverteidigung gegen Belgien

Belgien ging als großer Favorit in die Gruppenphase und war daher das Team, das seinen grundsätzlichen Plan am ehesten durchziehen kann bzw. das Spiel machen musste. Im Spiel gegen die Algerier mussten sie allerdings hart um die drei Punkte kämpfen, da die Nordafrikaner sehr gut eingestellt in die Partie gingen. Prinzipiell gilt die Defensive nicht als Prunkstück der Algerier, sondern sie streben vielmehr eine hohe Dynamik im Mittelfeld an.

Gegen die Belgier formierten sie sich tief und fokussierte sich eher auf ein kompaktes Verschieben vor dem eigenen Strafraum als aktiv den Zugriff zu suchen. Dementsprechend verstärkte Halihodzic das Gerüst um die an und für sich wackelige Innenverteidigung. Auf den Außenverteidigerpositionen setzte der Bosnier mit Mehdi Mostefa und Faouzi Ghoulam auf die defensiveren Optionen, davor formierte sich ein zentrales Mittelfeldtrio, das im Spiel gegen den Ball strategisch gut zu Werke geht. Darüber hinaus agierten die Algerier mit vielen direkten Zuordnungen, besonders auf den Flügeln.

Aktivere Ausrichtung gegen Südkorea

Obwohl man die Belgier mit dieser passiven Spielweise lange in Schach halten konnte und sogar in Führung ging, verlor man 1:2. Gegen Südkorea stellte Halihodzic sein Team dann an mehreren Positionen um und richtete es aktiver aus. Auf den Außenpositionen der Viererkette begannen mit Aissa Mandi und Djamel Mesbah zwei offensivstarke Akteure, die zusammen sechs Flanken schlugen. Außerdem gab es mit Yacine Brahimi auf der Zehnerposition der 4-2-3-1-Grundordnung einen äußerst dribbelstarken Spieler, der mit seiner Dynamik enge Situationen auflösen kann.

Die unterschiedlichen Ausrichtungen erkennt man besonders in der obigen Grafik, die die Defensivaktionen in den jeweiligen Spielen zeigt. Die Angriffe der Belgier stoppte man erst kurz vor dem Strafraum bzw. auf den Seiten nachdem man sie dorthin abgedrängt hatte. Im zweiten Spiel, wo das Pressing höher angelegt wurde, wurden die Bälle häufig schon im zweiten Spielfelddrittel erobert.

Die aktivere Ausrichtung lässt sich auch aus den Statistiken ablesen. Während man gegen Belgien nur 33% Ballbesitz hatte, waren es gegen Südkorea 48%. Auch die Passgenauigkeit wurde um knapp zehn Prozent verbessert. Zudem stieg die Zeit, in der der Ball im Angriffsdrittel war, um fünf Prozent. Am aussagekräftigsten sind aber die Torschusszahlen: gegen Belgien 3:17 und gegen Südkorea 15:8.

Direktangriffe und Ausnutzen der körperlichen Vorteile

Fußballerisch perfekt agierten die Algerier allerdings trotz des 4:2-Sieges gegen die Asiaten nicht, dafür sah man, dass die strategische Ausrichtung durchaus passend gewählt war. Einerseits konnte man der Wendigkeit der Südkoreaner genügend Dynamik entgegensetzen, auf der anderen Seite behielt man dennoch die Oberhand bei den Zweikämpfen in den entscheidenden Zonen. Anstatt sich nach vorne zu kombinieren griffen die Algerier nämlich immer wieder zu langen Bällen auf Stürmer Islam Slimani.

Auch anhand der Einsatzzeiten des 26-Jährigen erkennt man, dass Halihodzic sein Team auf den jeweiligen Gegner abstimmte. Gegen die dominanten Belgier begann nämlich noch der wendige Soudani, der eigentlich Flügelspieler ist und als Konterstürmer agierte. Der Dinamo-Legionär ist technisch stärker als Slimani und kann Bälle intelligenter halten. Slimani ist hingegen ein physisch starker Arbeiter, der seine Wirkung gegen die körperlich unterlegenen Südkoreaner ausspielen konnte. So schüttelte der Angreifer beim 1:0 zwei Verteidiger ab, ehe er einnetzte. Auch beim 2:0 kurz darauf war die physische Durchschlagskraft der Afrikaner entscheidend, als Rafik Halliche einen Eckball per Kopf ins Tor beförderte und die Vorentscheidung besorgte.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

Keine Kommentare bisher.

Sei der/die Erste mit einem Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert