Niederlande clever: Eine Analyse der Defensivrollen von Blind und Sneijder
WM 2014 | Taktikanalyse 24.Juni.2014 Daniel Mandl 0
Die Niederlande beendeten die Gruppe B, die vor dem Turnier als schwierigste Gruppe der WM galt, mit drei Siegen aus drei Spielen und zählen damit nun zum engsten Favoritenkreis auf den Weltmeistertitel. Gegen die starken Chilenen nutzte Trainer Louis van Gaal eine strenge und etwas altmodisch anmutende Defensivausrichtung, die dem Team von Jorge Sampaoli den Zahn zog.
Die zentralen Akteure im Spiel der Chilenen sind bekanntlich der zentrale Mittelfeldspieler Marcelo Diaz, der im Spielaufbau als einer der wichtigsten Spieler gilt und der quirlige Star des FC Barcelona, Alexis Sanchez. Um dieser beiden Spieler Herr zu werden, bestellte van Gaal Kettenhunde ab, die sich auf Manndeckung konzentrierten und die Stars der Chilenen kaum ins Spiel kommen ließen.
Blind vs Sanchez
So wurde der Abwehrspieler Daley Blind zu einem der stillen Helden im gestrigen Duell der Niederlande mit Chile. Der 24-Jährige von Ajax Amsterdam hatte die undankbare Aufgabe, den sehr aktiven Alexis Sanchez aus dem Spiel zu nehmen, was sich angesichts dessen, dass die Chilenen ihren Star aktiv „suchten“, als schwieriges Unterfangen herausstellte. Während Sanchez 83 Ballkontakte aufwies, kam Blind nur auf 38 und spielte lediglich 21 Pässe, was aber im „passpassiven“ Spiel der Holländer sogar noch ein guter Wert war. Obwohl Sanchez immer wieder zu gefährlichen Dribblings ansetzte, wurde er aber nie effizient, holte lediglich viele Freistöße heraus.
Blind ausschließlich auf Defensivaufgaben bedacht
Viel wichtiger war jedoch, dass Blind den Aktionsradius Sanchez‘ stark einschränkte und ihn immer wieder abdrängen konnte, obwohl der Chile versuchte, diesen so breit wie möglich anzulegen und sich immer wieder zurückfallen ließ, um Bälle aus der Tiefe zu holen. In diesem Fall passte aber die gruppentaktische Balance der Niederländer und der Barca-Spieler wurde immer wieder an Kuyt oder den kampfstarken de Jong übergeben. Blind selbst war offensiv praktisch nicht vorhanden, verbuchte aber in den 90 Minuten neun Tacklings – mehr als jeder andere Spieler auf dem Platz. Ihm gelangen drei Balleroberungen und 100% seiner Klärungsversuche waren effektiv.
Viele kleine Fouls stören Chiles Rhythmus
Er war der einzige Niederländer, der die gelbe Karte sah und fabrizierte insgesamt sieben Fouls. Es waren zumeist kleine, unauffällige Attacken, für die ihn der Schiedsrichter nicht gröber belangen konnte, die den Spielrhythmus Chiles störten und die starken, variablen Südamerikaner immer wieder bremsten. Auch die Tatsache, dass der ihm vorgelagerte, leicht nach innen versetzte Dirk Kuyt mit vier Balleroberungen der erfolgreichste Oranje in dieser Statistik war, zeigt, wie souverän die linke Abwehrseite des Gruppensiegers funktionierte. Diese Art zu spielen war zwar sicher keine große Innovation, aber enorm effektiv und für die filigranen Chilenen zermürbend.
Sneijder vs Diaz
Noch interessanter war jedoch die Mannorientierung Wesley Sneijders in Richtung Marcelo Diaz. Dass der 30-jährige Sneijder, der nominell als „Zehner“ im 3-4-1-2 der Niederländer spielte, spielerisch nicht gerade einen Zuckermonat erwischte, sah man schon in den Spielen zuvor. Doch van Gaal fand eine andere Verwendung für den Galatsaray-Star: Den Chilenen wurde das Spiel überlassen, die Niederlande zogen sich nahezu perfekt gestaffelt in die eigene Hälfte zurück und nutzten dabei den eigentlich offensiven Sneijder als defensiven Freigeist.
„Architekten“ aus dem Spiel nehmen
Ohne sich wirklich in Zweikämpfe begeben zu müssen, verfolgte Sneijder Diaz im Spielaufbau der Chilenen auf Schritt und Tritt. Damit sorgte er dafür, dass der Schlüsselspieler Chiles von der spielaufbauenden Dreierkette Chiles nicht anspielbar war. Selbst wenn Diaz sich zwischen die eigenen Abwehrreihen fallen ließ, verfolgte Sneijder ihn tief in die gegnerische Hälfte und sorgte damit dafür, dass er nicht nur unanspielbar ist, sondern auch selbst nicht als Spieleröffner initiativ werden kann. Dies hatte zur Folge, dass der auch sonst eher unauffällige Taktgeber der Chilenen gegen die Niederlande komplett abtauchte und praktisch keine Offensivakzente setzen konnte. Dass Sneijder derer auch praktisch keine setzte, war aufgrund der Lucky Punches, die die Niederländer gegen Ende des Spiels noch setzen konnten, verkraftbar.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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