{"id":1932,"date":"2011-10-27T10:00:27","date_gmt":"2011-10-27T10:00:27","guid":{"rendered":"http:\/\/www.abseits.at\/?p=1932"},"modified":"2011-10-27T15:25:33","modified_gmt":"2011-10-27T13:25:33","slug":"und-fuhre-uns-nicht-in-versuchung-neue-affare-um-deutsche-schiedsrichter","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/abseits.at\/in-depth\/fusball-business\/und-fuhre-uns-nicht-in-versuchung-neue-affare-um-deutsche-schiedsrichter\/","title":{"rendered":"Und f\u00fchre uns nicht in Versuchung – Neue Aff\u00e4re um deutsche Schiedsrichter"},"content":{"rendered":"\n\n
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\"\"<\/a>Sie sind das Feindbild Nummer eins f\u00fcr Fans und Spieler – die Pfeifentr\u00e4ger. Doch sie sind unerl\u00e4sslich, garantieren, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Integrit\u00e4t und Seriosit\u00e4t sind Schlagworte, die normalerweise mit den Spielleitern verbunden werden. Doch neben vergleichsweise harmlosen Fehlentscheidungen – vergleichsweise zum Beispiel beim Spiel Bilbao gegen Salzburg – fallen sie leider auch des \u00d6fteren abseits des Platzes auf.<\/em><\/p>\n

Spieler sind ein offenes Buch. Kabinenpr\u00fcgeleien, Falschparken, Aufrisspraktiken – die Boulevardpresse findet beinahe alles heraus. Bei Schiedsrichtern ist das schwieriger, denn kaum einer wei\u00df, wie sie ticken. Der Film „Referees at work“ f\u00fchrte der \u00d6ffentlichkeit das erste Mal vor Augen, was die Schiris, Liris und sonstige vierten, f\u00fcnften und sechsten Offiziellen tun, wenn sie nicht wahlweise haarstr\u00e4ubend danebenliegen oder tolle Sachen richtig sehen, die sonst erst die siebte Superzeitlupe zu Tage bringen. Die sonstige Berichterstattung erstreckte sich von Spielverschiebungen, wie im Fall von Robert Hoyzer, bis zu schrullig, wie im Fall des Vorwurfs der sexuellen Bel\u00e4stigung an Deutschlands Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell. Der Beschuldiger Michael Kempter ist nun auch im Fokus der neuesten Vorf\u00e4lle rund um die Spielleiter unserer Lieblingsnachbarn. „Steuerhinterziehung im gro\u00dfen Stil“ nennt es die S\u00fcddeutsche Zeitung.<\/p>\n

Steuerfahnder beim DFB<\/strong><\/p>\n

Am Montag, dem 24. Oktober 2011, wurden in Frankfurt Steuerfahnder beim Hauptquartier des Deutschen Fu\u00dfballbundes (DFB) vorstellig. Die Ermittler verlangten Unterlagen, die sich um die Verg\u00fctung von rund 20 Schiedsrichtern drehen, die im gro\u00dfen Stil Steuerhinterziehung betrieben haben sollen. Den Stein ins Rollen brachte ein Tipp von Obmann Amerell, der auf den ihn verklagenden Kempter verwies. Hierbei soll es laut Ermittlern um eine Summe im f\u00fcnfstelligen Bereich gehen, berichtet die SZ. Im Kreis der Verd\u00e4chtigen befindet sich auch Spitzenreferee Dr. Felix Brych, welcher bereits zugab, dass er Besuch der Fahnder hatte. Neben Kempter und Brych halten sich die mutma\u00dflichen Steuerhinterzieher bedeckt.<\/p>\n

Keine Schutzsperre<\/strong><\/p>\n

Am Dienstag und am Mittwoch ist DFB-Pokal und zwei Spiele am ersten und f\u00fcnf am zweiten Tag werden von M\u00e4nnern (mit-)geleitet, die unter Verdacht stehen – insgesamt sind zehn Spielleiter der 20 Verd\u00e4chtigten im Einsatz. Am Wochenende in der Liga und in der n\u00e4chsten Woche in Champions- und Europa League werden die Beschuldigten ganz normal ihrem Hobby nachgehen und pfeifen. Ein Sprecher des DFB argumentierte so, dass Schutzsperren nur dann ausgesprochen werden, wenn es sich um Delikte handelt, die den Spielbetrieb direkt betreffen: „F\u00fcr ein eventuelles Fehlverhalten im privaten Bereich greift eine solche Ma\u00dfnahme nicht.“ Die deutsche Fu\u00dfballliga DFL zeigt sich ob dieses Umstandes sehr verwundert. Umfassende Informationen \u00fcber die Aff\u00e4re wurden angefordert.<\/p>\n

Schwierige Verrechnung von Zusatzeink\u00fcnften<\/strong><\/p>\n

Im Gegensatz zum Mutterland des Fu\u00dfballs sind die Schiedsrichter in allen anderen L\u00e4ndern Kontinentaleuropas Amateure. Das hei\u00dft, dass die als Fixum ausgezahlten Verg\u00fctungen f\u00fcr die Spielleitung dem Finanzamt gemeldet werden m\u00fcssen und der Berechnungsrahmen f\u00fcr das Bruttojahreseinkommen neu berechnet werden muss. In \u00d6sterreich w\u00e4re das etwa folgenderma\u00dfen: Bei einem Einkommen von 14 Mal 2.000 Euro brutto (H\u00f6he des Einkommens von Pflichtschullehrern) werden rund 500 Euro an Versicherung und an Lohnsteuer abgef\u00fchrt. Die Lohnsteuer berechnet sich so, dass sie vom gesamten Bruttojahreseinkommen minus 11.000 Euro zustande kommt. Die H\u00f6he der Steuer wird also nach Abzug dieser Summe berechnet. 17.000 Euro m\u00fcssen versteuert werden, da die ersten 11.000 verdienten im Jahr steuerfrei sind. So m\u00fcsste unser Schiedsrichter etwas mehr als 2.900 Euro an Lohnsteuer zahlen. Dazu kommen aber die Nebeneink\u00fcnfte, welche das Bruttojahreseinkommen erh\u00f6hen, also auch die Schiedsrichtergeh\u00e4lter. Diese sind in \u00d6sterreich nicht \u00f6ffentlich, bewegen sich nach einer Recherche aber im h\u00f6heren dreistelligen Bereich. Demnach kann ein Spitzenschiri schon mal um die 25.000 Euro in einer Saison dazuverdienen. Statt 2.900 Euro will die Finanzministerin dann 10.300 Euro im Jahr haben. Wer dem Fiskus dann 7.400 Euro oder f\u00fcnf Monate Nettoeinkommen enth\u00e4lt, bekommt mit Frau Fekter Probleme.<\/p>\n

Da kommt was zusammen<\/strong><\/p>\n

In Deutschland verdienen Schiedsrichter nat\u00fcrlich um einiges mehr als in \u00d6sterreich. Wer dann am Finanzminister vorbei verdient, seine Nebeneink\u00fcnfte nicht korrekt versteuert, hat ein massives Problem. Es ist merkw\u00fcrdig, dass der DFB seine Spielleiter nicht aus der Schusslinie nimmt. Immerhin stehen die Referees f\u00fcr oben genannte Werte und Spitzenarbeitskr\u00e4fte, die m\u00f6glicherweise in gro\u00dfem Rahmen Steuerhinterziehung betreiben, passen so gar nicht ins Selbstbild der offiziellen Fu\u00dfballvertretung der Deutschen, die sich ja ansonsten gerne als modern und offen geben.<\/p>\n

Ethische Frage<\/strong><\/p>\n

Nat\u00fcrlich ist es eine Frage, ob private Verfehlungen etwas mit dem Fu\u00dfball an sich zu tun haben. Immerhin handelt es sich um das Privatleben, welches tabu sein sollte. Das stimmt aber heutzutage nicht mehr. Ebenso wie die Medien \u00fcber Arnautovics Falschparken oder Tchoyis Alkofahrt berichten, nehmen sich sie und die \u00d6ffentlichkeit das Recht heraus, auch bei Schiedsrichtern Fragen zu stellen. Und es wirft tats\u00e4chlich ein schiefes Licht auf die Integrit\u00e4t des DFB, wenn Verd\u00e4chtige, die zehntausende Euro wissentlich schwarz verdient haben sollen, weiterhin pfeifen d\u00fcrfen, als ob nichts gewesen w\u00e4re. Denn das Sal\u00e4r, welches f\u00fcr die laufenden Spiele ausgezahlt wird, wird ja m\u00f6glicherweise auch nicht versteuert!<\/p>\n

Der Deutsche Fu\u00dfballbund ist aufgerufen, seine Schiedsrichter zur R\u00e4son zu bringen. Nach 2005 (Hoyzer) und 2010 (Kempter) ist 2011 der n\u00e4chste Skandal da. Eine unangenehme Zeit f\u00fcr den sonst so seri\u00f6sen DFB.<\/p>\n

Georg Sander, abseits.at<\/p>\n\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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