{"id":26890,"date":"2014-07-02T10:00:50","date_gmt":"2014-07-02T08:00:50","guid":{"rendered":"http:\/\/www.abseits.at\/?p=26890"},"modified":"2014-07-02T09:22:22","modified_gmt":"2014-07-02T07:22:22","slug":"die-wm-und-ich-achtelfinale-frankreich-gegen-nigeria","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/abseits.at\/in-depth\/fankurve\/die-wm-und-ich-achtelfinale-frankreich-gegen-nigeria\/","title":{"rendered":"Die WM und ich \u2013 Achtelfinale: Frankreich gegen Nigeria"},"content":{"rendered":"\n\n
\n\"\"\/\n<\/div>\n\n

\"Frankreich<\/a>Das Duell der V\u00f6gel hat der Hahn f\u00fcr sich entschieden. Die \u201eSuper Eagles\u201c aus Nigeria verloren am Montag gegen \u201ele coq\u201c aus Frankreich. Ein Ruhmesblatt war das gewonnene Achtelfinale f\u00fcr \u201eles Bleus\u201c allerdings nicht.<\/em><\/p>\n

Bei dieses Spiel habe ich mich erstmals dazu hinrei\u00dfen lassen, beim d\u00f6rflichen Wettspiel mitzumachen: Einen Euro Einsatz kostete mich mein Tipp (2:1 f\u00fcr Frankreich). Die Stimmung beim wirtsh\u00e4uslichen \u201eFua\u00dfboi-Schau\u2018n\u201c<\/em> glich aber zun\u00e4chst dem Spiel \u2013 mau und geruhsam: Sieben Leute sa\u00dfen in der Kellerbar vor der Leinwand und sahen in ihre Gl\u00e4ser, denn das Spiel pl\u00e4tscherte anfangs nur dahin. Auf Seiten der \u201etricolore\u201c<\/em> mutierte Mittelst\u00fcrmer Giroud au\u00dferdem zum schmutzigen Streithahn. Der Arsenal-Legion\u00e4r erwischte nicht seine beste Partie und leistete sich au\u00dferdem in H\u00e4lfte Eins einen Ellbogencheck ins Gesicht seines Gegenspielers Mikel. US-Schiri Geiger fand diesen Zwischenfall nur eine Ermahnung wert. F\u00fcr den Wiederholungst\u00e4ter (bereits gegen Kolumbien fuhr der 27-J\u00e4hrige seinen Articulatio cubiti<\/em> aus) ist diese erneute T\u00e4tlichkeit eine bestrafungsw\u00fcrdige Schande. Hier ist die FIFA gefordert: Wo liegt der Unterschied zwischen Ellbogencheck und Bei\u00dfattacke?<\/p>\n

Jenseits von Afrika<\/h2>\n

Abgesehen vom reinen \u201eGekicke\u201c bot dieses f\u00fcnfte Achtelfinale auch gen\u00fcgend politische Brisanz: Die Boko Haram<\/em>-Sekte h\u00e4lt Nigeria seit 2009 in Atem. Die radikal-islamische Spaltgruppe k\u00e4mpft f\u00fcr einen autorit\u00e4ren Gottesstaat im Norden des Landes. Ihr T\u00e4tigkeitsspektrum zieht dabei alle grausamen Register: Entf\u00fchrungen, bewaffnete Angriffe, (Auto)bomben, Anschl\u00e4ge. Tausende Menschen wurden auf barbarischste Weise ermordet und verst\u00fcmmelt. Auch der Vater von Chelsea-Spieler Victor Moses, ein Pastor, fiel Anfang der 2000er-Jahre den Unruhen im westafrikanischen Staat zum Opfer.<\/p>\n

Trotz aller Turbulenzen im Heimatland versuchten die \u201egr\u00fcnen Adler\u201c im Spiel anfangs den Ton anzugeben. Doch auch die nigerianischen Kicker schienen am Montag an morbus africanus<\/em> zu leiden. Diese \u201eKrankheit\u201c bef\u00e4llt afrikanische Fu\u00dfballmannschaften seit jeher gelegentlich und zeigte besonders bei dieser Endrunde ihre Ausw\u00fcchse: Die Teams vom hei\u00dfen Kontinent spielen grunds\u00e4tzlich gef\u00e4llig und auf Ballbesitz bedacht. \u00d6konomisch gehen sie es aber meist falsch an, zudem fehlt oft der Biss sowohl offensiv als auch in der Verteidigungsarbeit. Es ergeben sich zu wenige handfeste Torchancen, man spielt gleichm\u00fctig und unbek\u00fcmmert nach vorne, ohne aber eiskalt den Abschluss zu suchen. Emenikes verwandelte Flachflanke blieb im Spiel gegen Frankreich hierbei die Ausnahme. Wegen eines (vermeintlichen) Abseits wurde das Tor jedoch nicht gegeben.<\/p>\n

Erst in H\u00e4lfte Zwei wachten die Europ\u00e4er langsam auf. Matuidi leiste sich das zweite Rotfoul auf franz\u00f6sischer Seite \u2013 auch sein hartes Einsteigen blieb ohne Konsequenzen. Griezman kam f\u00fcr den gl\u00fccklosen Giroud und brachte Schwung in die Partie. Pl\u00f6tzlich war Schlussmann Enyeama gefordert und verwandelte sich in den besten Afrikaner auf dem Feld. Auch diese \u201eMutation\u201c geh\u00f6rt zum morbus africanus: <\/em>Im Laufe der 90 Minutenl\u00f6st sich die brave Offensive langsam in Luft auf und man ist nur mehr mit dem Verteidigen besch\u00e4ftigt.<\/p>\n

Schlie\u00dflich mussten sich die \u201eEagles\u201c<\/em> dem Druck beugen: Pogba k\u00f6pfte in der 79. Minute zum 1:0 ein. Bezeichnend das Yobo danach einen Valbuena-Stanglpass \u00fcber die eigene Torlinie dr\u00fcckte. Die Nigerianer haben sich \u2013 mehr oder minder \u2013 selbst aus dem Rennen geschossen, wobei nicht zu vergessen ist, dass klare Torchancen auf ihrer Seite Mangelware waren und sie in den zweiten 45 Minuten immer schwerer mit der gut organisierten Stabilit\u00e4t in den franz\u00f6sischen Reihen zurechtkamen.<\/p>\n

Wer ist hier der Hahn im Korb ?<\/h2>\n

Ein Gl\u00fcck, dass \u201eles bleus\u201c <\/em>im Achtelfinalenicht gegen Algerien antreten mussten. Eine derartige Paarung h\u00e4tte einige Franzosen mit nordwestafrikanischen Wurzeln wohl in einen unbequemen Zwiespalt gebracht. Dass solche \u201eNichtigkeiten\u201c eine ernsthafte Rolle im hexagonalen vie quotidienne<\/em> spielen, beweist eine Aussage der franz\u00f6sischen Politikerin Marine Le Pen. Die Vorsitzende des rechts-konservativen Front National<\/em> hatte inner-franz\u00f6sische Ausschreitungen nach dem Achtelfinaleinzugs Algeriens zum Anlass genommen um gegen die Immigrationspolitik ihres Heimatlandes zu wettern. \u201eDiese Weigerung, sich anzupassen, zeigt die Fehler unserer Einwanderungspolitik auf\u201c<\/em>, meinte die Juristin und schlug vor Doppelstaatsb\u00fcrgerschaften abzuschaffen. Weiters rief die 45-J\u00e4hrige migrationsst\u00e4mmige Franzosen auf, die \u201e\u00e9quipe tricolore\u201c<\/em> anzufeuern. Erst k\u00fcrzlich haben die polemischen Rechten rund um Le Pen 25 % der Stimmen bei den Wahlen zum europ\u00e4ischen Parlament eingeheimst. Fu\u00dfball ist eben schon lang mehr als nur ein Spiel.<\/p>\n

Frankreich, eine ehemalige Kolonialmacht, sp\u00fcrt seinen multikulturellen Background auch in seiner Fu\u00dfballnationalmannschaft. Am Montag standen acht Spieler mit multi-ethnischer Vergangenheit im Trikot mit dem gallischen Hahn auf dem Platz. Mit \u00c9vra, einem geb\u00fcrtigen Senegalesen, war ein Kicker aktiv, der nicht in Frankreich geboren ist. \u201eFr\u00fcchte des Kolonialismus\u201c der mont\u00e4glichen Spielaufstellung waren au\u00dferdem: Varane, Spross eines Vater aus Martinique und einer nord-franz\u00f6sischen Mutter, Benzema, dessen Gro\u00dfvater einst aus Algerien nach Lyon kam, Paul Pogba, Sohn eines kongolesisch- guineischen Paares und Sissoko, dessen Wurzeln in Mali liegen.<\/p>\n

Keine Kolonialvergangenheit, aber nicht-franz\u00f6sische Vorfahren haben dar\u00fcber hinaus: Matuidi<\/a> (Angola), Valbuena (spanische Gro\u00dfeltern v\u00e4terlicherseits) und Koscielny (polnische Wurzeln). Der eingewechselte Griezmann nennt eine portugiesische Oma \u201esein Eigen\u201c, sein Nachname ist auch nicht gerade \u00e0 la fran\u00e7aise<\/em>. Werner Grissmann l\u00e4sst gr\u00fc\u00dfen.<\/p>\n

Somit bleiben mit Lloris, Giroud, Debuchy und Cabaye vier Kicker des WM-Achtelfinales 2014 ohne \u201edirekten\u201c Migrationshintergrund \u00fcbrig. Wie stark w\u00e4ren \u201eles bleus\u201c<\/em> also ohne die S\u00f6hne Zugezogener? Als Pogba am Dienstag die T\u00fcr zum Viertelfinale weit aufstie\u00df, kr\u00e4hte da ein Hahn nach seiner Herkunft, Madame Le Pen?! In diesem Sinne: Kikerikiiiiii!<\/p>\n

Marie Samstag, abseits.at<\/em><\/p>\n\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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