{"id":7892,"date":"2012-05-04T11:15:02","date_gmt":"2012-05-04T09:15:02","guid":{"rendered":"http:\/\/www.abseits.at\/?p=7892"},"modified":"2019-01-20T17:39:59","modified_gmt":"2019-01-20T16:39:59","slug":"groundhoppers-diary-kult-und-tradition-in-schottland-und-england","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/abseits.at\/in-depth\/fankurve\/groundhoppers-diary-kult-und-tradition-in-schottland-und-england\/","title":{"rendered":"Groundhopper’s Diary | Kult und Tradition in Schottland und England"},"content":{"rendered":"\n\n
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\"\"<\/a>Am Ostersonntag ging unser Programm nat\u00fcrlich weiter. Auch nach den strapazi\u00f6sen Tagen davor blieb selbst in Falkirk kaum Zeit, um sich richtig auszuschlafen. Denn unser Spiel in Edinburgh war bereits f\u00fcr 12.30 Uhr angesetzt. Nachdem am Vortag in Schottland der 50. L\u00e4nderpunkt eingefahren wurde, folgte mit dem Heimspiel der Hibernians nun die K\u00fcr und sogleich der 1000.Ground auf meiner Liste! Selbst wenn die Distanzen in diesem Bereich Schottlands nicht besonders gro\u00df sind, waren wir zeitgerecht beim Easter Road Stadium, zumal wir uns auch noch die Eintrittskarten besorgen mussten. Dass dies kein gro\u00dfes Hindernis darstellen sollte, war uns zwar im Vorfeld bewusst, aber wir wollten es nach den zeitlich dicht gedr\u00e4ngten Kombinationen der letzten Tage diesmal stressfrei angehen.<\/em><\/p>\n

Das Easter Road Stadium fasst knapp 20.000 Besucher und f\u00fcr die Eintrittskarten wird ein Einheitspreis verlangt. So konnten wird uns sogar die besten Pl\u00e4tze auf der H\u00f6he des Mittelkreises sichern. Meine im Vorfeld des Spiels angedachte Zuschauerzahl von 2.500 schien sich dadurch zu best\u00e4tigen. Gegner Motherwell belegt derzeit zwar einen internationalen Startplatz, ist aber nicht als Zuschauermagnet bekannt und die Hibs spielen selbst eine katastrophale Saison. Sie liegen n\u00e4mlich nur auf Platz neun in der schottischen Premier League, die wie die \u00f6sterreichische Bundesliga, eine Zehnerliga ist. Dass die Hibernians dennoch nicht wirklich in Abstiegsgefahr sind, liegt am Tabellenletzten Dunfermline, das seinerseits punktem\u00e4\u00dfig immer einen Respektabstand zum rettenden Ufer hat. Kurz gesagt sind sie in dieser Saison in derselben Situation wie der Kapfenberger SV und haben daher eine verl\u00e4ngerte Abschiedstour durch die Stadien der SPL.<\/p>\n

Immerhin waren zu Spielbeginn 7.110 Besucher im Stadion, sodass dieses nicht allzu leer wirkte. Es war noch interessant, dass der Fanblock der Hibs in der oberen Ecke der Gegengerade beheimatet ist und nicht hinter dem Tor. Der Liebling der Fans wurde auf dem Platz schnell auserkoren. Es handelte sich hierbei um den in \u00d6sterreich nicht unbekannten Au\u00dfenverteidiger Pa Saikou Kujabi. Der Gambier, der in \u00d6sterreich bereits f\u00fcr den GAK und die SV Ried gespielt hat, wurde von den Hibernians im Februar reaktiviert und ist seitdem nicht nur Publikumsliebling, sondern auch unumstrittener Stammspieler. Wenn man von unseren Pl\u00e4tzen nicht ein wenig von der Skyline Edinburghs h\u00e4tte sehen k\u00f6nnen, dann w\u00e4re kein Unterschied zu einem Spiel der \u00f6sterreichischen Bundesliga erkennbar gewesen. Einerseits dominierten Fehlp\u00e4sse und mangelnder Spielwitz das Geschehen und andererseits war auch nicht wirklich auszumachen, welches Team gegen den Abstieg und welches um einen internationalen Startplatz spielt. Einziger H\u00f6hepunkt in der ersten Halbzeit war in der 30. Minute der Treffer f\u00fcr die Hibernians. Dieser war nat\u00fcrlich nicht herausgespielt, sondern fiel durch eine Standardsituation. Hierbei muss man aber lobend erw\u00e4hnen, dass O\u00b4Connor den Ball aus 20 Metern direkt ins Kreuzeck h\u00e4mmerte! Chapeau, mein Herr! Sonstige H\u00f6hepunkte waren dennoch Fehlanzeige. Der aufkommende Platzregen und ein Freisto\u00df von Kujabi, der an der Eckfahne vorbei ins Seitenaus ging, waren tats\u00e4chlich erw\u00e4hnenswerter als sonstige Vorkommnisse im Stadion. So kam es v\u00f6llig \u00fcberraschend, dass Motherwell neun Minuten vor dem Spielende durch einen sehenswerten Weitschuss den Ausgleich erzielte. Es sollte auch wirklich die einzig gef\u00e4hrliche Aktion der G\u00e4ste im gesamten Spiel bleiben. So gesehen hatte Motherwell heute eine hocheffiziente Chancenverwertung von 100%. Nicht mehr ins Gewicht fiel ein Platzverweis gegen die G\u00e4ste in der Schlussminute.<\/p>\n

Fu\u00dfballerisch war dieser Tag f\u00fcr uns beendet. Wir hatten die Gewissheit, dass Schottland ohne die beiden Glasgower Topklubs keinesfalls \u00fcber das Niveau der \u00f6sterreichischen Bundesliga zu stellen ist. Bei der anschlie\u00dfenden Stadtbesichtigung der schottischen Hauptstadt zeigte sich der Wettergott gn\u00e4dig und verzichtete auf weitere Regeng\u00fcsse. Am Abend hie\u00df es aber dann dennoch von Schottland Abschied nehmen. Selbst wenn dort kein hochklassiger Fu\u00dfball geboten wird, so wissen immerhin Land, Leute und die Stadien zu \u00fcberzeugen. Ein erneuter Besuch des Landes wird sicher nicht lange auf sich warten lassen.<\/p>\n

Wir fuhren nun wieder weiter gegen S\u00fcden, wo wir in der N\u00e4he von Sheffield unser Quartier aufschlugen. Dort angelangt, entdeckten wir \u2013 w\u00e4hrend im TV in der Sendung \u201eMatch of the Day\u201c Andi Weimanns Traumtor gegen Stoke zu sehen war \u2013 bei der Durchsicht der Spielpl\u00e4ne, dass am Ostermontag ein unterklassiges Abendspiel angesetzt war. Nat\u00fcrlich hat uns dies sofort zu einer Plan\u00e4nderung veranlasst. \u00dcbrigens wird Andi Weimanns Nachname auf der Insel als \u201eWaymen\u201c ausgesprochen. Im Vergleich zum Deutschen Robert Huth, der an diesem Abend ebenfalls traf und der als \u201eHuss\u201c bezeichnet wird, ist dies wohl noch vertretbar.<\/p>\n

Am n\u00e4chsten Vormittag ging es schon wieder weiter zu unserem n\u00e4chsten Spiel, denn kurz nach Mittag wurde im Hillsborough Stadium das Heimspiel von Sheffield Wednesday gegen Oldham Athletic angepfiffen. Vor der f\u00fcr die League One mit 22.232 Besuchern hervorragenden Kulisse ging es f\u00fcr Wednesday um drei Punkte f\u00fcr den Direktaufstieg in die Championship. Wie es das Schicksal so will, ist es gerade der verhasste Stadtrivale United, der den Owls diesen Platz noch streitig machen kann. In der ersten Halbzeit beeindruckte uns aber neben der Kulisse auch das alt ehrw\u00fcrdige Stadion. Auf dem Rasen war das Dargebotene allerdings weniger eindrucksvoll, obgleich es auf beiden Seiten einige gute Torm\u00f6glichkeiten gab. Nicht ganz unverdient ging Wednesday kurz vor der Pause durch eine sch\u00f6n herausgespielte Aktion in F\u00fchrung. Oldham hielt auch in der zweiten Halbzeit brav den Schritt mit, jedoch fielen die Tore nur auf der anderen Strafraumseite. Wednesday traf in der 67. und 80. Minute, wodurch der Widerstand der G\u00e4ste endg\u00fcltig gebrochen war. Alles in allem war der Sieg der Eulen verdient, wenngleich er wohl um ein Tor zu hoch ausgefallen ist. Dies war den Fans aber sicher egal, denn f\u00fcr sie z\u00e4hlte, dass man wieder vor Sheffield United und somit auch auf dem Direktaufstiegsplatz lag.<\/p>\n

F\u00fcr uns ging es sofort weiter, denn bereits um 15.00 Uhr spielte Chesterfield gegen Wycombe. Dies war zwar ebenfalls ein Spiel der drittklassigen League One, aber im Vergleich zu Sheffield dann doch eine andere Liga. Im Spiel der beiden Aufsteiger ging es f\u00fcr Chesterfield bereits darum, dass sie an diesem Tag mit einem Sieg den Fixabstieg abwenden mussten. Die G\u00e4ste aus der Umgebung Londons brauchten ebenfalls dringend Punkte, um sich ebenfalls Luft im Abstiegskampf zu verschaffen. Auch Wycombe liegt auf einem der vier Abstiegspl\u00e4tze. Bei str\u00f6mendem Regen fanden sich immerhin 5.087 im 2010 neuer\u00f6ffneten b2net-Stadium ein. Schon der Name des Stadion verhie\u00df nichts Gutes und im Endeffekt wurden diese Bef\u00fcrchtungen dann auch best\u00e4tigt. Es ist ein steriler Neubau, der keinerlei Charme verspr\u00fcht. Trotz der Modernit\u00e4t seines Innenraumes war uns sofort klar, dass dies wohl der erste und letzte Besuch in Chesterfield bleiben wird. So verfolgten wir ziemlich entt\u00e4uscht die erste Halbzeit. Den F\u00fchrungstreffer Chesterfields nahmen wir ebenso gelassen hin, wie es die Fans der Wanderers taten. Auch die verh\u00f6hnenden Fanges\u00e4nge der Chesterfielder Fans, dass Wycombe sie in die League Two begleiten wird, stie\u00dfen noch auf taube Ohren. Doch nach dem genauen Weitschuss Chesterfields ins Eck (47. Min.), waren die Wanderers v\u00f6llig konstatiert und deren Fans gingen auch erstmals auf die Provokationen des gegnerischen Fanlagers ein. Nachdem Chesterfield f\u00fcnf Minuten sp\u00e4ter auf 3:0 erh\u00f6hte, waren die Fans v\u00f6llig aus dem H\u00e4uschen. Niemand rechnet mit dem zwar theoretisch noch m\u00f6glichen Klassenerhalt, sodass ausschlie\u00dflich der m\u00f6gliche Mitabstieg Wycombes gefeiert wurde. Die G\u00e4stefans beruhigten sich aber, ob der nunmehr aussichtlosen Lage in diesem Spiel und nahmen die Provokationen mit Humor. Dass in der 79. Minute noch ein vierter Treffer f\u00fcr Chesterfield fiel, beeinflusste die Stimmung auf den R\u00e4ngen nicht mehr. Vielleicht ist der Kantersieg Chesterfields doch noch eine Initialz\u00fcndung, um im Abstiegskampf das Unm\u00f6gliche zu schaffen. Wycombe bewies mit dieser Leistung eindrucksvoll, dass die League One heuer wohl doch eine ordentliche Nummer zu gro\u00df gewesen ist.<\/p>\n

Trotz des Dopplers war unser Fu\u00dfballhunger an diesem Tag noch nicht gestillt. Rund 100 Kilometer mussten wir zur\u00fccklegen, um \u00fcber den Peak-District-Nationalpark und Macclesfield (h\u00e4tte mir nicht gedacht, dass es so schnell ein Wiedersehen mit dieser Stadt gibt) nach Northwich zu gelangen. Eventuell ist Fu\u00dfballkennern der Verein Northwich Victoria noch ein Begriff, zumal es der Verein vor gar nicht allzu langer Zeit sogar kurzfristig in die Conference geschafft hatte. Aber bei Witton Albion, dem zweiten Verein aus der Stadt Nothwich, werden wohl selbst passionierte Fu\u00dfballexperten passen m\u00fcssen. Deren gr\u00f6\u00dfter sportlicher Erfolg war es, dass sie 1992 immerhin im Finale der FA-Trophy gegen Colchester im Wembley Stadion spielen durften. Derzeit spielt man in der achtklassigen evostick-League, Division One North, hat aber noch Chancen sich \u00fcber das Play-off den Aufstieg zu sichern. An diesem Abend war Warrington Town zu Gast. Da dieses Spiel ein Derby war, fanden sich immerhin 413 Besucher im Wincham Park ein. Dieser ist ein absolut kultiger Ground, der an allen Seiten voll ausgebaut ist und nahezu 5.000 Zuschauern Platz bietet. Selbst auf die Fans, die hinter dem Tor stehen und in der Pause immer mit ihrer Mannschaft die Seite wechseln, wurde nicht vergessen. Liebenswerterweise hat man ihnen auch die Hintertorbereiche \u00fcberdacht. Warrington war an diesem Abend auch kein Gegner f\u00fcr Witton und wurde mit 5:0 heimgeschickt. Bereits zur Pause stand es 2:0. Apropos Pause. In dieser wollten wir uns noch mit den g\u00fcnstigen K\u00f6stlichkeiten (Anm.: Pies und Burger) des Stadionbuffets eindecken. Dieses war jedoch nicht auf solchen Zuschaueransturm vorbereitet, denn bereits ab Mitte der ersten Halbzeit gab es dort nur mehr Restbest\u00e4nde zu kaufen. Abschlie\u00dfend muss noch erw\u00e4hnt werden, dass es am Ground auch einen Fanshop gab, der mit einem Museum erweitert wurde. Nat\u00fcrlich haben wir es Mitte der zweiten Halbzeit besucht, auch weil das Spiel bereits entschieden war.<\/p>\n

Die Zeit auf der Insel verging wirklich rasant und so war mit dem Dienstag bereits der letzte volle Tag angebrochen. Da wir bei unserer Recherche feststellen mussten, dass f\u00fcr das von uns geplante Spiel in Rochdale (gegen Sheffield United) – aus Sicherheitsgr\u00fcnden – am Abend keine Tickets verkauft wurden, gab es eine kurze Krisensitzung. Wir entschieden uns, Rochdale bereits am Nachmittag anzufahren. Falls es dort keine Tickets mehr geben sollte, w\u00fcrden wir eben weiter nach Fleetwod fahren, wo am Abend der designierte Meister der Conference ebenfalls ein Heimspiel gehabt h\u00e4tte. Durch das fr\u00fche Anfahren von Rochdale lie\u00dfen wir die M\u00f6glichkeit aus, uns am Nachmittag noch ein Spiel eines Premier League Reserveteams in Liverpool oder Wigan anzuschauen. Immerhin klappte es in Rochdale problemlos, die Karten zu besorgen und da wir noch gen\u00fcgend Zeit bis zum Anpfiff hatten, besuchten wir das in der N\u00e4he liegende St\u00e4dtchen Todmorden. Dieses war wirklich idyllisch und nicht nur aufgrund seines skurrilen Namens einen Besuch wert. Die Stadt Rochdale an sich hat genau nichts zu bieten – auff\u00e4llig war nur, dass viele Migranten aus Afghanistan, Pakistan oder Indien haben dort ihre neue Heimat gefunden haben. Vor dem Spiel gingen wir noch bei herrlichstem Sonnenschein auf Fish & Chips. Da der Laden neben dem Stadion so ziemlich die einzige Verpflegungsstelle in der Umgebung war, dauerte es auch schon eine halbe Stunde, bis man seinen Leckerbissen in den H\u00e4nden halten konnte. P\u00fcnktlich zu Spielbeginn zog es zu und es setzte ein Platzregen ein. Gl\u00fccklicherweise waren da die meisten der 5.309 Zuschauer schon auf ihren Sitzpl\u00e4tzen. Dies war nicht nur aufgrund des Regens empfehlenswert. Rochdale musste –\u00a0 ebenso wie Chesterfield – den sicheren Abstieg verhindern und ging bereits in der dritten Minute in F\u00fchrung. Sheffield United zeigte sich davon in keiner Weise geschockt und erzielte postwendend den Ausgleich. In der 22. und 25. Minute legten die Blades aus Sheffield mit einem Doppelschlag nach und als kurz vor der Pause der vierte Treffer f\u00fcr United fiel, war die Gegengerade, die vollbesetzt mit Fans der G\u00e4ste war, auch nicht mehr zu halten. Die Fans der Blades skandierten nach dem 5:1 in der 57. Minute lautstark: \u201eWe want ten!\u201c Ihre Mannschaft wollte\u00a0 diesen Wunsch aber nicht erf\u00fcllen und schaltete zwei G\u00e4nge zur\u00fcck, sodass Rochdale in der 68. Minute noch ein weiterer Ehrentreffer gelang. Rochdale ist durch dieses Ergebnis in der n\u00e4chsten Saison sicher viertklassig und Sheffield United untermauerte damit eindeutig seine Aufstiegsambitionen. Ob es f\u00fcr den Direktaufstieg in die Championship reichen wird, h\u00e4ngt aber noch davon ab, wie der Stadtrivale Wednesday den Rest der Saison spielen wird. Nach diesem Abend war durch die drei Punkte in Rochdale der Vorteil wieder bei United.<\/p>\n

Wir fuhren dann gem\u00fctlich die Nacht \u00fcber nach London, von wo aus wir f\u00fcr bereits sechs Uhr den R\u00fcckflug in die Heimat gebucht haben. Dass sich dieser fr\u00fche Termin auch als perfekt erweisen sollte, wurde uns erst bewusst, als wir sahen, dass um 11.00 Uhr \u00d6sterreichs U19 in Lindabrunn auf die Alterskollegen aus Italien treffen sollte. So statteten wir gleich nach unserer Ankunft in Wien Manfred Zsak und seinen Jungs einen Besuch ab. Wir Groundhopper sind eben doch ein wenig verr\u00fcckt.<\/p>\n

Heffridge, abseits.at<\/p>\n

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