{"id":81604,"date":"2022-09-18T10:00:06","date_gmt":"2022-09-18T08:00:06","guid":{"rendered":"https:\/\/abseits.at\/?p=81604"},"modified":"2022-09-16T11:03:55","modified_gmt":"2022-09-16T09:03:55","slug":"women-to-rewatch-37-homare-sawa-kw-37","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/abseits.at\/fusball-international\/weitere-lander\/women-to-rewatch-37-homare-sawa-kw-37\/","title":{"rendered":"(Wo)Men to (re)watch (37) \u2013 Homare Sawa (KW 37)"},"content":{"rendered":"\n\n
\n\"\"\/\n<\/div>\n\n

\"\"<\/a>Jeden Sonntag wollen wir in dieser Serie Spieler beleuchten, die ungew\u00f6hnliche Wege eingeschlagen haben. Wir m\u00f6chten Geschichten von Sportlern erz\u00e4hlen, deren Karriere entweder im Konjunktiv stecken blieb, die sich zu einem gegebenen Zeitpunkt radikal ver\u00e4ndert haben oder sonst au\u00dfergew\u00f6hnlich waren und sind: Sei es, dass sie sich nach dem Fu\u00dfball f\u00fcr ein v\u00f6llig anderes Leben entschieden haben, schon w\u00e4hrend ihre Profizeit nicht dem g\u00e4ngigen Kickerklischee entsprachen oder aus unterschiedlichen Gr\u00fcnden ihr Potenzial nicht aussch\u00f6pften. Auf jeden Fall wollen wir \u00fcber (Ex)-Fu\u00dfballer reden, die es sich lohnt auf dem Radar zu haben oder diese (wieder) in den Fokus r\u00fccken. Wir analysieren die Umst\u00e4nde, stellen Fragen und regen zum Nachdenken an. Die achte Frau dieser Serie ist eine Weltmeisterin aus Asien\u2026<\/em><\/p>\n

Es gibt wohl kaum eine\/n Fu\u00dfballer\/in, der\/die es schafft an sechs Weltmeisterschaftsendrunden teilzunehmen. Die Offensivspielerin Homare Sawa hat das hinbekommen. Als sie das erste Mal bei einer WM das japanische Trikot trug, z\u00e4hlte sie erst zarte sechzehn Lenze. Mit 38 Jahren war sie das letzte Mal \u2013 zur eigenen \u00dcberraschung \u2013 Teil des Kaders ihres Heimatlandes. Dazwischen kr\u00f6nte sich die mittlerweile 44-j\u00e4hrige nicht nur zur besten Fu\u00dfballerin der Welt, sondern f\u00fchrte ihr Team 2011 auch zum WM-Titel. Sawa war lange Zeit das Um-und-Auf im Kurzpassspiel der Asiatinnen und pr\u00e4gte eine \u00c4ra mit.<\/p>\n

Fr\u00fchreife Nelke<\/h3>\n

Dabei kam die sp\u00e4tere Nationalmannschaftstaktgeberin zum Fu\u00dfball wie die Jungfrau zum Kind: Die im September 1978 im Westen des Tokioer Gro\u00dfraums Geborene war als Kleinkind eine Wasserratte und begann deshalb fr\u00fch mit dem Schwimmen. Drei Jahre sp\u00e4ter begleitete sie ihren \u00e4lteren Bruder zu dessen Fu\u00dfballtraining und war pl\u00f6tzlich verzaubert: \u201eIch dachte, es sei lustig, also trat ich gegen den Ball.\u201c<\/em> Das Ergebnis: Ein erstes Tor mit dem Spitz. Das Schicksal hatte entschieden und aus dem kleinen M\u00e4dchen sollte alles andere als eine \u201eSpitzkickerin\u201c werden. Als Ballverteilerin bestimmte sie sp\u00e4ter das Angriffsverhalten der japanischen Auswahl und wurde deshalb mit Barcelonas Xavi verglichen.<\/p>\n

Da Sawas Talent schon als Kind nicht zu \u00fcbersehen war, setzte der Trainer ihres Bruders h\u00f6chstpers\u00f6nlich ihre Aufnahme in die Bubenmannschaft durch. Frauenfu\u00dfball war auch in Japan \u2013 wie fast \u00fcberall auf der Welt \u2013 nur eine Randerscheinung. 1986 wurde das erste japanische Frauenfu\u00dfballnationalteam gegr\u00fcndet, drei Jahre sp\u00e4ter die erste Frauenliga, die sp\u00e4tere \u201eNadeshiko-League\u201c. Nadeshiko ist das japanische Wort f\u00fcr Nelke. So kam es, dass Sawa schon mit 12 Jahren f\u00fcr NTV Beleza (damals: Yomiuri Beleza) in der hiesigen Frauenliga deb\u00fctierte. Dort spielte sie anfangs als St\u00fcrmerin und erzielte w\u00e4hrend ihres siebenj\u00e4hrigen Engagements unglaubliche 79 Tore in 136 Matches. Drei Meistertitel in dieser Zeit waren die H\u00f6hepunkte ihrer Klubkarriere.<\/p>\n

Als die Offensivkickerin f\u00fcnfzehnj\u00e4hrig sp\u00e4ter erstmals f\u00fcr die Nationalmannschaft auflief, sa\u00dfen auf der Trib\u00fcne gro\u00dfteils Familie und Freunde der Spielerinnen. Sp\u00e4ter \u2013 als Sawa bereits Anfang drei\u00dfig war \u2013 kickte sie mit Frauen, die als Kinder einst Fanfotos mit ihr gemacht hatten. Die Feintechnikerin hatte einen Fu\u00dfballboom unter japanischen M\u00e4dchen ausgel\u00f6st.<\/p>\n

Die Entwicklung der jungen Homare Sawa hatte Konjunktur und die zarte Spielerin mauserte sich zum Allround-Genie. Sie kickte mit \u00dcbersicht, verf\u00fcgte \u00fcber extrem gute Passqualit\u00e4ten und war trotzdem oft auch als Vollstreckerin zur Stelle. Japans Nummer 10 galt als harte Arbeiterin mit guter Grundschnelligkeit. Da die japanischen Frauen traditionell einen gepflegten Fu\u00dfball spielten, doch k\u00f6rperlich oft unterlegen waren, impfte die bescheidene Spielmacherin ihren Kolleginnen ein, fehlende Physis mit Kampfgeist wettzumachen. Sawa wurde eine Kultfu\u00dfballerin.<\/p>\n

Ab 2001 lief die Angreiferin f\u00fcr Atlanta Beat in der WUSA, der ersten professionellen Liga in den USA, auf, nachdem sie zuvor ein Jahr lang f\u00fcr Denver Diamond gespielt hatte. Zur\u00fcck bei ihrem japanischen Stammklub wurde sie in der Folge viermal hintereinander Meisterin und hatte eine noch bessere Spiel-Tor-Quote als bei ihrem ersten Engagement. Nachdem sie erneut in den Vereinigten Staaten aktiv war (diesmal f\u00fcr Washington Freedom) legte sie den letzten Stop ihrer Karriere \u2011\u00a0aufgrund finanzieller Probleme bei NTV\u00a0\u2011 bei INAC Kobe Leonessa ein und absolvierte dort noch vier Spielzeiten.<\/p>\n

\u201eWir haben gesp\u00fcrt, dass wir nicht verlieren k\u00f6nnen.\u201c<\/h3>\n

Homare Sawas absoluter Karriereh\u00f6hepunkt war jedoch der WM-Titel 2011, der sie endg\u00fcltig zu einem Nationalheiligtum machte. Im Spiel gegen Mexico gelang der Kapit\u00e4nin ihr erster internationale Hattrick. Mit f\u00fcnf Toren in der Gruppenphase f\u00fchrte sie ihr Team ins Finale, wo sie gegen die US-Amerikanerinnen in der Verl\u00e4ngerung das rettende 2:2 erzielte. Japan besiegte die Rekord-Weltmeisterinnen schlie\u00dflich im Elferschie\u00dfen. In einem von der Katastrophe von Fukushima gebeutelten Land verbreiteten die Nippon-Kickerinnen mit dem Titelgewinn unter F\u00fchrung der agilen Spielerin mit dem langen Pferdeschwanz Hoffnung. Sawa konnte dar\u00fcber hinaus den Goldenen Schuh als beste WM-Torsch\u00fctzin mit nachhause nehmen und wurde zur besten Spielerin des Turniers gew\u00e4hlt. Jahre sp\u00e4ter erkl\u00e4rte sie, sie und ihre Teamkameradinnen h\u00e4tten gesp\u00fcrt, dass sie so viele vom Schicksal hart gepr\u00fcfte Landsleute unterst\u00fctzen w\u00fcrden. Aufgeben sei daher nicht in Frage gekommen. Bis heute gilt jener feine Schnalzer, Sawas leichte Fu\u00dfbewegung, die den Ball an Freundin und Feindin vorbei ins US-Tor gelenkt hatte, als einer der sch\u00f6nsten Treffer der Frauenfu\u00dfballgeschichte. Die Spielf\u00fchrerin hatte mit diesem wichtigen Goal Japan den Weg zum ersten WM-Titel der Geschichte geebnet.<\/p>\n

Ein Jahr sp\u00e4ter gewann die Spielerin als erste Asiatin den Ballon d\u2019or feminin<\/em> und wurde mit dem Nationalteam Zweite im Olympischen Fu\u00dfballturnier. Nachdem die im WM-Finale noch besiegten US\u2011Girls diesmal das bessere Ende f\u00fcr sich hatten, erkl\u00e4rte Japans Spielf\u00fchrerin ihre Nationalteamkarriere f\u00fcr beendet. Schmunzelnd erz\u00e4hlte sie, sie h\u00e4tte eigentlich vorgehabt mit 28 Jahren ganz mit dem Kicken aufzuh\u00f6ren, um zu heiraten und Kinder zu bekommen: \u201eIch bin von meinem Plan bereits seit f\u00fcnf Jahren abgewichen!\u201c<\/em> Knapp ein Jahr sp\u00e4ter akzeptierte sie jedoch eine weitere Einberufung in die Nationalauswahl. Erst 2015 h\u00f6rte sie mit dem Kicken auf. Im selben Jahr heiratete Sawa schlie\u00dflich und wurde im J\u00e4nner 2017 Mutter einer Tochter.<\/p>\n

Aufgrund ihres WM-Sieges 2011 galt das japanische Fu\u00dfballfrauenteam ihrem m\u00e4nnlichen Pendant als Vorbild. Der Triumph bei der Weltmeisterschaftsendrunde in Deutschland sollte drei Jahre sp\u00e4ter die Herren inspirieren. F\u00fcr Brasilien galt das Motto, es den Frauen gleichzutun, doch Japans Herren scheiterten schon in der Vorrunde.<\/p>\n

Mit 205 L\u00e4nderspielen und 83 Toren ist Homare Sawa heute sowohl Rekordnationalspielerin als auch Rekordtorsch\u00fctzin der japanischen Nationalmannschaft. Damit ist sie weltweit unter den Top 20. Sie wurde dar\u00fcber hinaus auch Asienmeisterin (2014) und Vize-Weltmeisterin (2015). Vor zehn Jahren meinte die Spielmacherin: \u201eEinmal trete ich zur\u00fcck. Und wenn das der Fall ist, dann hoffe ich, dass die j\u00fcngere Frauengeneration auf gleicher Ebene wie die M\u00e4nner Fu\u00dfballspielen kann.\u201c <\/em>Nun ist Sawas R\u00fccktritt bereits acht Jahre her und dies ist immer noch nicht der Fall. Der Frauenfu\u00dfball ist jedoch in seiner gesellschaftlichen Wahrnehmung schon weiter, als er 2015 war und M\u00e4dchen \u2013 insbesondere im asiatischen Raum \u2013 haben ein starkes Leitbild, an dem sie sich orientieren k\u00f6nnen: Homare Sawa \u2013 Fu\u00dfballg\u00f6ttin!<\/p>\n

Marie Samstag, abseits.at<\/em><\/p>\n\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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