{"id":81690,"date":"2022-09-27T09:13:24","date_gmt":"2022-09-27T07:13:24","guid":{"rendered":"https:\/\/abseits.at\/?p=81690"},"modified":"2022-09-27T09:13:59","modified_gmt":"2022-09-27T07:13:59","slug":"eine-verhaengnisvolle-operation-die-tragische-karriere-von-jean-pierre-adams","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/abseits.at\/fusball-international\/weitere-lander\/eine-verhaengnisvolle-operation-die-tragische-karriere-von-jean-pierre-adams\/","title":{"rendered":"Eine verh\u00e4ngnisvolle Operation: Die tragische Karriere von Jean-Pierre Adams"},"content":{"rendered":"\n\n
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Als Amateurkicker fing er an und spielte sp\u00e4ter in Frankreichs h\u00f6chster Liga. Doch durch einen folgenschweren Krankenhausbesuch erlangte Jean-Pierre Adams traurige Ber\u00fchmtheit. Das ist seine Karriere.<\/p>\n

Erste Schritte und Ballkontakte<\/h3>\n

Am 10. M\u00e4rz 1948 erblickte Jean-Pierre Adams in Dakar, das im damaligen Franz\u00f6sisch-Westafrika lag und heute die Hauptstadt des Senegals ist, das Licht der Welt. Dort wurde er bis zu seinem zehnten Lebensjahr von seiner Gro\u00dfmutter erzogen, bis sie sich mit ihm, sie war eine gl\u00e4ubige Katholikin, auf eine Pilgerreise begab. Letztlich verschlug es die beiden in das kleine St\u00e4dtchen Montargis im D\u00e9partement Loiret, rund 100km s\u00fcdlich von Paris. Um f\u00fcr seine Zukunft zu sorgen, meldete Adams\u2018 Gro\u00dfmutter ihn an der lokalen katholischen Schule an. Zu seinem Gl\u00fcck wurde er bereits kurz nach seiner Ankunft in Frankreich von einem franz\u00f6sischen Ehepaar adoptiert.<\/p>\n

W\u00e4hrend seiner Schulzeit fing er an bei kleineren, regionalen Klubs, Fu\u00dfball zu spielen, was f\u00fcr ihn eine willkommene Ablenkung war. Dadurch lernte er auch, sich in sein Umfeld zu integrieren. Er wurde vor allem durch seine physische St\u00e4rke, aber auch als lieber Junge bekannt. Nach seiner Schulzeit fand er zwar Arbeit bei einem Gummihersteller, war jedoch in einen Autounfall verwickelt, bei welchem ein sehr guter Freund von ihm das Leben verlor, w\u00e4hrend er gl\u00fccklicherweise unverletzt davongekommen ist.<\/p>\n

Milit\u00e4r, Frau und Profi-Fu\u00dfball<\/h3>\n

Mit 19 wurde er zum Milit\u00e4rdienst einberufen. Dort konnte er seine Physis unter Beweis stellen. Zus\u00e4tzlich dazu diente es ihm als Sprungbrett f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere Aufgaben in seiner Karriere. Schlie\u00dflich spielte er noch als St\u00fcrmer beim Amateurverein Entente BFN, mit welchem er zweimal Zweiter in der franz\u00f6sischen Amateurmeisterschaft wurde. Zur selben Zeit lernte er auch seine Frau Bernadette kennen, die ihm seitdem nicht mehr von der Seite wich.<\/p>\n

Mit 22 unterschrieb er bei Olympique N\u00eemes seinen ersten Profi-Vertrag, nachdem ihr Trainer Abdelkader Firoud durch das Milit\u00e4r auf ihn aufmerksam wurde. Dieser funktionierte den 178cm gro\u00dfen Adams zum Mittelfeldspieler um. Die erste Saison (1970\/71) beendeten \u201eLes Crocodiles\u201c, so der Spitzname des Vereins, auf dem vierten Platz, womit man sich f\u00fcr den UEFA-Pokal qualifizierte. Dort schied man im Folgejahr zwar in der ersten Runde zwar gegen Vit\u00f3ria Set\u00fabal aus, aber immerhin schoss der Franzose ein erstes Tor im internationalen Fu\u00dfball. National lief es schon besser. So wurde N\u00eemes 1971\/72 mit f\u00fcnf Punkten Abstand auf den Vorjahresmeister Olympique Marseille Zweiter und gewann 1972 den Alpenpokal, ein vom italienischen Fu\u00dfballverband ins Leben gerufener Pokalwettbewerb.<\/p>\n

Nationalmannschaft und Wechsel zu Nizza<\/h3>\n

Durch seine \u00fcberzeugenden Leistungen wurde Adams im Sommer 1972 vom damaligen Trainer Georges Boulogne in die franz\u00f6sische Nationalmannschaft berufen und deb\u00fctierte bei einem inoffiziellen L\u00e4nderspiel gegen eine afrikanische Auswahl. Im Oktober desselben Jahres spielte er sein erstes Pflichtspiel f\u00fcr Les Bleus, einem 1:0-Sieg gegen die Sowjetunion im Rahmen der Qualifikation f\u00fcr die WM 1974. In den n\u00e4chsten Spielen bildete er mit Marius Tr\u00e9sor ein starkes Abwehrduo, das in den franz\u00f6sischen Medien \u201ela garde noire\u201c, zu Deutsch: die schwarze Garde, genannt wurde. Jean-Pierre Adams \u00fcberzeugte vor allem durch sein hartes Spiel und sein abgekl\u00e4rtes Auftreten.<\/p>\n

In seiner letzten Saison bei N\u00eemes erreichte er mit seiner Mannschaft noch den siebten Platz in Frankreichs erster Liga und kam immerhin bis ins Halbfinale des Coupe de France, wo man sich der Meistermannschaft des FC Nantes geschlagen geben musste. Im UEFA-Cup konnte man sich gegen\u00fcber den Grasshoppers Z\u00fcrich nicht behaupten und schied dort erneut in der ersten Runde aus. Adams erzielte erneut ein Tor im R\u00fcckspiel.<\/p>\n

Danach war es an der Zeit f\u00fcr einen Tapetenwechsel. Jean-Pierre verlie\u00df den Verein, bei dem er zum Nationalspieler wurde und immerhin 10 Tore in \u00fcber 80 Spielen schoss. Ihn und seine Frau, die mittlerweile den ersten Sohn zur Welt brachte, zog es nach Nizza. Der mittlerweile 25-J\u00e4hrige wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte: \u201e[Kader Firoud] ist der Mann, dem ich alles verdanke. Er hat mich an die Hand genommen, mich geformt, mir Vertrauen geschenkt und mich nicht mehr losgelassen.\u201c<\/p>\n

Da Nizza in der Vorsaison Vizemeister wurde, spielten sie nun im UEFA-Cup, wo man allerdings im Achtelfinale ausschied. National verpasste man die Qualifikation f\u00fcr das n\u00e4chste Jahr nur um einen Punkt und verlor in der ersten Runde des Coupe de France gegen den Zweitligisten AS Cannes. Adams schoss in dieser Saison neun Tore, was seine Bestmarke in einer Saison darstellt.<\/p>\n

Zur Saison 1974\/75 funktionierte Nizzas neuer Trainer Vlatko Markovi\u0107 den Franzosen zum Innenverteidiger um. Der Nationalspieler passte sich gut an seine neue Rolle an, doch auch er konnte nicht verhindern, dass man nur auf dem 14. Platz, sechs Punkte vor dem Abstiegsrang, landete und im nationalen Pokal lediglich die zweite Runde erreichte. Doch schon im n\u00e4chsten Jahr ging es wieder bergauf. Obwohl Adams die halbe Saison verletzungsbedingt verpasste, bildete er ein solides Duo mit dem jugoslawischen Verteidiger Josip Katalinski und man lieferte sich mit der AS Saint-\u00c9tienne ein spannendes Duell um die Tabellenspitze, in welchem OGC Nizza leider k\u00fcrzertreten musste. Nichtsdestotrotz qualifizierte man sich erneut f\u00fcr Europa und kam immerhin ins Achtelfinale im franz\u00f6sischen Pokal.<\/p>\n

Nachdem Michel Hidalgo im Jahre 1976 die Nationalmannschaft \u00fcbernahm, wurde Jean-Pierre Adams nicht mehr in die \u00c9quipe Tricolor berufen. Er kam in 22 L\u00e4nderspielen zum Einsatz, vorrangig Freundschaftsspielen. Aus pers\u00f6nlicher Sicht lief es f\u00fcr ihn und seine Familie in diesem Jahr jedoch sehr gut, gebar seine Frau doch ihren zweiten Sohn.<\/p>\n

Ausklang der Karriere<\/h3>\n

1976\/77 war Adams\u2018 letzte Saison an der C\u00f4te d\u2019Azur, mit dem siebten Platz in der Liga, dem internationalen Erstrunden- sowie dem Pokal-Halbfinalaus eine eher durchwachsene Spielzeit. Der Innenverteidiger kam nochmal auf 41 Eins\u00e4tze, in denen ihm vier Tore gelangen. Die n\u00e4chste Etappe hie\u00df Paris Saint-Germain. Aufgrund von sportlichen und vereinsinternen Schwierigkeiten wurde man nur Elfter. Die Klubf\u00fchrung von PSG setzte danach nicht mehr auf den franz\u00f6sischen Abwehrspieler und auch verletzungsbedingt reichte es zu nicht mehr als 18 Spielen.<\/p>\n

Mittlerweile machte ihm sein K\u00f6rper immer mehr zu schaffen und er wechselte zum FC Mulhouse in die zweite Liga, wo er allerdings nur zu elf Eins\u00e4tzen kam. Am Ende der Saison stieg Mulhouse ab und Adams entschied sich, seine Karriere im professionellen Fu\u00dfball zu beenden. Er ging zum Amateurverein FC Chalon, wo er als Spielertrainer t\u00e4tig war.<\/p>\n

Die dramatische Operation, das Leben danach und Tod<\/h3>\n

W\u00e4hrend er seinen Trainerschein machte, erlitt er eine Knieverletzung, die eine Operation erforderte. Am 17. M\u00e4rz 1982 lie\u00df er sich in einem Krankenhaus im Lyon am Knie operieren. Leider war das Krankenhaus aber zum damaligen Zeitpunkt unterbelegt, wodurch der f\u00fcr ihn zust\u00e4ndige An\u00e4sthesist und dessen Praktikant \u00fcberfordert waren. Das f\u00fchrte zu einem Fehler, der das Leben von Jean-Pierre Adams und seiner Familie f\u00fcr immer ver\u00e4ndern sollte. Der An\u00e4sthesist dosierte das Narkosemittel vor der Operation falsch, wodurch die Muskulatur, die die Atemwege umgibt, verkrampfte. Das f\u00fchrte zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn, wodurch ein gro\u00dfer Schaden im Gehirn angerichtet wurde und Adams ins Koma fiel. Seine Frau Bernadette eilte ins Krankenhaus, sie hoffte, ihr Mann w\u00fcrde schon bald wieder aufwachen, doch sein Schicksal war besiegelt.<\/p>\n

Nach einigen Monaten wurde der Franzose nach Hause zu seiner Frau Bernadette \u00fcberstellt. Seitdem k\u00fcmmerte sie sich Tag und Nacht um den Gatten. Finanzielle Unterst\u00fctzung erhielt sie von der franz\u00f6sischen Fu\u00dfballf\u00f6deration und aus Benefizspielen. Der behandelnde An\u00e4sthesist wurde sp\u00e4ter in einem Gerichtsverfahren zu einer Geldstrafe von umgerechnet 750\u20ac und einem Monat Haft auf Bew\u00e4hrung verurteilt, doch das konnte das Geschehene keinesfalls wieder gut machen. Am 6. September 2021, nach 39\u00a0Jahren voller F\u00fcrsorge und Pflege, verstarb Jean-Pierre Adams im Alter von 73 Jahren. Ihm zu Ehren wurde am n\u00e4chsten Tag beim WM-Qualifikationsspiel zwischen Frankreich und Finnland eine Beifallsminute abgehalten.<\/p>\n

Adams\u00b4 Verm\u00e4chtnis<\/h3>\n

Er wurde unter anderem als \u201ePrototyp des modernen Mittelfeldspielers, der [\u2026] in der Offensive ebenso effektiv wie in der Defensive war\u201c, beschrieben und durch seine Karriere hinweg f\u00fcr seine Athletik und physische Pr\u00e4senz auf dem Platz gelobt. Doch die Geschichte von Jean-Pierre Adams ist zweifelsohne eine tragische, die so nie h\u00e4tte enden d\u00fcrfen. Auch wenn es bereits vor ihm franz\u00f6sische Nationalspieler mit afrikanischer Herkunft gab, war es doch er, der den Weg mit seiner Karriere f\u00fcr viele seiner Nachfolger, beispielsweise Patrick Vieira, ebnete.<\/p>\n\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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