Rapid kam im Achtelfinalhinspiel der UEFA Conference League auswärts gegen Borac Banja Luka über ein 1:1 nicht hinaus. Die Hütteldorfer ließen dabei zahlreiche Sitzer... Kommentar: Borac Banja Luka bestraft Rapids Schlafwagenfußball

Rapid kam im Achtelfinalhinspiel der UEFA Conference League auswärts gegen Borac Banja Luka über ein 1:1 nicht hinaus. Die Hütteldorfer ließen dabei zahlreiche Sitzer aus, kassierten einen bitteren Last-Minute-Ausgleich, haben aber derzeit auch fundamentale Probleme in der Kommunikation nach außen bzw. der Haltung zum eigenen Spiel.

Das Offensichtlichste vorweg: Wenn Mamadou Sangaré seine hundertprozentige Chance oder Dion Beljo eine seiner beiden nahezu hundertprozentigen Chancen in zumindest ein Tor ummünzen, muss man einen Tag später über das Ergebnis nicht mehr diskutieren. Aber auch wenn das Spiel mit einem (dennoch leistungsgerechten) 1:0 oder sogar einem 3:0 für Rapid geendet hätte, wäre es keine gute Leistung der Wiener gewesen. Und das zu häufige Feiern und Loben von Durchschnittsleistungen ist aktuell ein ernsthaftes Problem für Rapid.

Fakt ist nämlich, dass man auch angesichts des bestehenden Spielermaterials mit einer in der zweiten Halbzeit kontrollierten Leistung gegen den erwartet limitierten Gegner mit nur wenigen Unterschiedsspielern einfach nicht zufrieden sein kann. Wie schon in einigen der letzten Spielen, schaffte es Rapid kaum, den Gegner richtig zu stressen und so zu mehr Fehlern zu zwingen. Dass man zu einigen guten Abschlussmöglichkeiten kam, hängt primär mit dem Qualitätsunterschied der beiden Mannschaften zusammen – aber gegen einen stärkeren Gegner wären viele dieser Chancen gar nicht zustandegekommen.

Rapid ließ vor allem Powerfußball vermissen – und zwar sowohl mit, als auch gegen den Ball. Zumeist spielte sich alles in einem immergleichen Tempo ab, es gab deutlich zu wenige intensive Läufe. Mit dem Ball war das Auftreten über weite Strecken viel zu lasch und fehlerbehaftet. Gerade aus dem Mittelfeld kam deutlich zu wenig Eigeninitiative und Progressivität. Gegen den Ball mangelte es vor allem im Anlaufverhalten an Körpersprache und echtem, physischem Nachdruck. Borac hat Rapid speziell im mannorientierten Spiel nie richtig „gespürt“. Was gegen diesen Gegner mit mehr Intensität möglich gewesen wäre, zeigte Sangarés beherzter Ballgewinn vor dem 1:0. Derartige Aktionen waren aber nur sehr punktuell zu beobachten und waren nicht die Regel des Rapid-Spiels.

Es ist unverständlich, wie man eine solche Leistung, noch dazu nach einem 5:0-Heimsieg in der Liga, der Selbstvertrauen hätte bringen sollen, so „greenwashen“ kann, wie es Rapid-Trainer Robert Klauß es nach dem Spiel (wieder) tat. Das war einfach keine gute Leistung und das sollte auch gesagt werden dürfen, anstatt die Spieler einmal mehr in Sicherheit zu wiegen, dass die Sparflamme grundsätzlich „eh in Ordnung“ war. Es war in der laufenden Saison bereits das neunte (!) Spiel, in dem Rapid in Führung ging, aber nicht gewann.

Abgesehen von der fehlerbehafteten ersten Halbzeit, war mit freiem Auge sichtbar, dass Rapid nicht das Maximum aus seiner individuellen und mannschaftlichen Laufleistung herausholte. Der Punkt ist, dass eine höhere Intensität absolut möglich gewesen wäre und der Gegner Rapid dabei nicht im Weg stand. Die Hütteldorfer haben die technischen Unzulänglichkeiten von Borac praktisch nie aktiv bespielt. Etwa das sehr einfach gehaltene Aufbauspiel der Gastgeber, das nie ausreichend gestresst wurde, womit man Borac Luft zum Atmen lief. Stattdessen wollte man wieder die meisten Probleme spielerisch lösen und das funktioniert in hitzigen Balkan-Auswärtsspielen eben nicht immer. Stattdessen hätte Rapid die kämpferische und läuferische Komponente noch viel mehr annehmen bzw. sogar vorgeben müssen.

Dass das Rückspiel am kommenden Donnerstag noch nicht ausverkauft ist, spricht Bände. Das hat nichts mit den drei Niederlagen zum Frühjahrsauftakt in der Bundesliga zu tun, sondern damit, dass das Publikum das Spiel Rapids derzeit einfach nicht goutiert. Es handelt sich hier um dieselbe Mannschaft, die etwa Trabzonspor an die Wand spielte, zu Saisonbeginn in der Liga alle Big Points holte. Aktuell sind mehrere Spieler, auch Schlüsselakteure wie Sangaré, Seidl oder die Außenverteidiger in einer Formkrise, aber die Grundaktivität und Intensität der gesamten Mannschaft hat im Vergleich zum Saisonstart massiv nachgelassen, was einen Mangel an „Rapid-Momenten“ zur Folge hat, nach denen das Publikum eben am allermeisten lechzt.

Das 1:1 sollte für Rapid faktisch kein großes Problem darstellen. Ein Heimsieg gegen den Zweiten der bosnischen Premijer Liga ist natürlich absolut drin. Das Fatalste am Hinspiel ist aber die Selbstwahrnehmung nach dem insgesamt blutleeren Auftritt. Es wirkt fast so, als wollte man angesichts des unerfreulichen Frühjahrsstarts die Erwartungen selbst wieder zurückschrauben. Das Gegenteil, nämlich eine kämpferische Herangehensweise, ohne sich zufrieden zu geben, wäre aber gerade jetzt dringend notwendig. Und diese Herangehensweise impliziert eben auch, dass man knallhart und vor allem ehrlich reflektiert.

Klar ist natürlich auch, dass Robert Klauß mit seinen Spielern anders sprechen wird, als er es mit den Pressevertretern tut. Und dass er mit der einen oder anderen Personalie unzufrieden ist, zeigten auch seine Handlungen der letzten Wochen. Etwa die Auswechslung von Jonas Auer zur Halbzeit, nachdem er erneut zahlreiche Stellungsfehler in seinem Spiel hatte und faktisch jeden Einwurf direkt oder über Umwege dem Gegner überließ. Oder auch die neuerliche Nichtnominierung von Kapitän Matthias Seidl, der weiterhin nach seiner Form sucht.

Aber der qualitativ stärksten Rapid-Mannschaft der letzten Jahre sollte man ruhig auch öffentlich die Rute ins Fenster stellen dürfen – auch um die Spieler an ihrer Ehre zu packen und ihnen nicht zu suggerieren, dass es auch mit 80 bis 90 Prozent Einsatz geht. Wenn sie das nämlich glauben – wie es am Donnerstagabend in Banja Luka ganz offensichtlich (wieder) der Fall war – dann kann es im Rückspiel auch gegen einen schwachen Gegner ein böses Erwachen geben. Und dann bräuchte man nicht mehr darüber zu diskutieren, ob es in Hütteldorf kriselt oder nicht.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen