Am Wochenende vor Ostern lockte wieder Oberösterreich mit tollen Derbys, sodass wir die Qual der Wahl hatten, welches Spiel wir uns an diesem Samstag... Groundhopper´s Diary: Zu Gast beim Sierninger Gemeindederby

Am Wochenende vor Ostern lockte wieder Oberösterreich mit tollen Derbys, sodass wir die Qual der Wahl hatten, welches Spiel wir uns an diesem Samstag anschauen sollten, zumal das Urfahrner Derby in der fünftklassigen Landesliga Ost zwischen St. Magdalena und Admira Linz zeitgleich mit dem Sierninger Gemeindederby in der sechstklassigen Bezirksliga Ost stattfand.

ATSV Vorwärts Neuzeug – SV Sierning 3:0 (1:0)

Die Entscheidung fiel schließlich auf Neuzeug, weil bei dieser Begegnung im Herbst 800 Zuschauer waren und dieses Spiel auch gut in den sozialen Medien angekündigt wurde. Dass in Neuzeug heute eine Ausnahmesituation herrscht, wurde allen schnell klar, denn die enge und kurvige Straße hinauf in den Wald, wurde heute zur Einbahn umfunktioniert. An dieser sei auch erwähnt, dass das Alois Schwarz Waldstadion seinen Namen auch völlig zu Recht trägt.

Beim Einlass nimmt mich der Kassier etwas auf die Schaufel und meint: „I hoff, Du schreibst guad üba uns!“ Ich kontere ihm mit einem „wenn ihr heute gut spielt, dann sicher!“, was ihn zum Lachen bringt. Mindestens genauso freundlich sind die Vereinsoffiziellen, die sich sichtlich über unsere Präsenz freuen und uns beim Sammeln der Mannschaften zum Einlauf die Hände schütteln.

Die rund 500 Besucher haben gerade einmal ihren Platz im Stadion gefunden, schon legen die Neuzeuger so richtig los. Nach einem Eckball bringt Kammerhuber den Favoriten bereits nach wenigen Minuten mit 1:0 in Führung. Während Neuzeug im Aufstiegsrennen in die Landesliga ist, müssen die Sierninger ihrerseits aufpassen, um nach dem letztjährigen Abstieg nicht noch ein weiteres Mal eine Liga runter zu rasseln. Aber die Tabellensituation ist heute Nebensache, denn hier in Neuzeug gibt es das erste Aufeinandertreffen dieser beiden Vereine im Meisterschaftsbetrieb seit 25 Jahren.

Wir sind nach dieser schnellen Führung hungrig und holen uns ein individuell gestaltetes Markerl für einen Bosna. Ich frage beim Grillmeister nach, ob der Neuzeuger Bosna mit dem des unlängst besuchten Nachbarn St. Ulrich mithalten kann. Der Grillmeister lässt sich nicht aus der Fassung bringen und meint: „Das kommt drauf an, ob man es scharf mag oder nicht! Unserer ist nicht so scharf!“ Dafür gibt es aber eine Extraportion der köstlichen Soße und von mir – schon wie in St. Ulrich – eine Topbewertung für diesen Snack.

Auf dem Rasen geben die Neuzeuger den Ton an, aber die Sierninger stehen defensiv ganz gut und ihr Tormann zeigt auch eine sehr solide Leistung, sodass bis zur Pause keine weiteren Treffer mehr fallen sollten. Nach dem Seitenwechsel ändert sich auch nichts am Spielgeschehen, doch als in der 60.Minute die Sierninger ihre erste Chance haben, hat der Trainer vom Ligarivalen und Tabellenführer Oedt 1b, der Ex-Nationalspieler Bozo Kovacevic, wieder etwas in seinen Notizblock zu schreiben.

Wir setzen unsere Fotorunde fort und werden an der Erhöhung beim Corner von weiteren Vereinsoffiziellen angesprochen. Sie fragen uns, woher wir den kommen und sind überrascht, dass wir dieses Spiel gefunden haben. Wir erklären, dass wir anhand der Statistiken und über Infos aus dem Austrian Soccer Board auf dieses Spiel gekommen sind. Uns wird mitgeteilt, dass wir uns im fernen Wien dann mehr damit auseinandergesetzt haben, als die Funktionäre des Landesverbandes in Linz, die nicht einmal wussten, dass dies hier ein Derby stattfindet und sich verwundert gezeigt haben, warum Neuzeug für dieses Spiel ein Schiedsrichterdreiergespann beantragt hatte.

Im Ärger der Neuzeuger Funktionäre über den OFV und den ÖFB, weil das Gespann Schöttel/Foda keine LASK-Spieler nominiert und Willi Ruttensteiner, der in Sierning zur Schule ging, für Peter Schöttel geopfert wurde, fällt der zweite Treffer für Neuzeug durch Klug, der einen tollen Spielzug abschließt und samt Ball ins Sierninger Netz fliegt.

Danach erfahren von den Neuzeuger Offiziellen so einiges über die Bezirksliga Ost. Neuzeug gegen Sierning ist das Gemeindederby, wobei der Neuzeuger Platz schon über der Steyr im Garstner Gemeindegebiet liegt und es daher geographisch gesehen eigentlich gegen Garsten ein Gemeindederby gibt. Allerdings sind die Spiele gegen den Nachbarn aus Schiedlberg auch von großer Brisanz, weil ehemalige Schiedlberger in Neuzeug spielen und umgekehrt. Übrigens profitierte die gesamte Region in den letzten Jahren von den Sierningern, die jahrelang in der viertklassigen OÖ-Liga spielten. Denn viele junge Spieler waren damals zu schwach für die diese Liga und da Sierning nicht viel Wert auf den Nachwuchs legte, gingen diese gut ausgebildeten Spieler in die Bezirksliga, wo sie das Niveau ordentlich aufwerten. Nun fühlen sich diese Spieler bei ihren neuen Vereinen wohl und schließen eine Rückkehr nach Sierning aus. Da dem SV Sierning nun eine Generation an Spielern abgeht, setzte deren Talfahrt mit zwei Absteigen ein.

Die Bezirksliga Ost ist eine Art Derby-Liga. Dies bringt einerseits viele Zuschauer, kostet aber auch bei zeitgleichen Spitzenspielen in Nachbarorten auch dem eigenen Verein Zuschauer. In der Landesliga Ost müsste man fast ohne diese Derbys auskommen, weshalb man beim ATSV Vorwärts Neuzeug auch nicht restlos von einem Aufstieg überzeugt ist. Infrastrukturell und kadertechnisch wäre ein Aufstieg nämlich ein Kraftakt, der nur schwer zu bewältigen wäre. Andererseits hätte man in dieser Saison die Chance dazu und wer weiß, wann diese wiederkommt. Die alte Generation erlebte eine Neuzeuger Saison in der Landesliga Ost und über diese wird im Verein noch heute philosophiert, sodass viele meinen, dass heuer wieder Geschichte geschrieben werden sollte.

Im Übrigen gilt die Industrieregion um Steyr generell als fußballverrückt. Als eine der letzten SPÖ-Bastionen des Landes sind viele Arbeiter bei den Werken von BMW und MAN beschäftigt. Am Montag diskutiert dann immer deren gesamte Belegschaft über die Unterhausergebnisse vom vergangenen Wochenende in Steyr und dessen Umgebung.

In der 89.Minute sorgt Lueghamer mit einem satten Schuss unter die Latte für das 3:0 und somit den Endstand in dieser Begegnung. Er hat in der vergangenen Saison übrigens noch beim heutigen Gegner in Sierning gekickt. Wir verabschieden uns dann von den Funktionären, die uns mit diesen Informationen fütterten und sich ihrerseits für unseren Besuch in Neuzeug bedankten. Einer von ihnen ist sich sicher, dass es das Relegationsduell Garsten gegen Aschach an der Steyr geben wird und wir uns diese Partien dann nicht entgehen lassen dürfen. Entgehen lassen wir uns heute auch nicht den Schlusspfiff und den danach folgenden Jubelkreis der Neuzeuger Mannschaft. Ein tolles Derby geht mit einem verdienten Sieg der Heimelf zu Ende. Für uns geht es mit tollen Eindrücken im Gepäck, und dem Gefühl an diesem Nachmittag das richtige Spiel gewählt zu haben, wieder Richtung Osten.

Es folgen einige Impressionen:

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.

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