Fußball und Integration sind beides Themen von unbestreitbarer gesellschaftlicher Relevanz. Ihre gegenseitige Verstrickung ist aktueller denn je. Die Serie „Integration durch Fußball“ beleuchtet die... Integration durch Fußball (3) – Integration auf Serbisch!

Fußball und Integration sind beides Themen von unbestreitbarer gesellschaftlicher Relevanz. Ihre gegenseitige Verstrickung ist aktueller denn je. Die Serie „Integration durch Fußball“ beleuchtet die Möglichkeiten eines Konzepts und seine Chancen für Fußball und Gesellschaft. Im dritten und letzten Teil wird am Beispiel des Oberliga A-Vereins SC Kaiserebersdorf-Srbija 08 vorgezeigt, wie praxisorientierte Integrationsarbeit im Fußball idealerweise aussieht.

In der Theorie feiert das Integrationsmodell Fußball glänzende Erfolge, immerhin liefert es die durchschlagende Lösung für die schändliche Verhakung von Diskriminierung und Fußball: Mehr Toleranz, mehr Offenheit! Doch grau ist alle Theorie… und gesagt ist noch lange nicht getan. Der Spalt zwischen Plan und Durchführung klafft bekanntermaßen groß. Engagierte Integrationsarbeit ist gut und schön, wenn jedoch vom breiten Fußballvolk keine Unterstützung kommt, fällt ihr Wert unweigerlich gen Null.

Nur die Praxis setzt Erfolge in die Welt. Und in der Tat: Tagtäglich passiert rund um Österreichs Fußballplätze Integration. Es gibt heute wohl kaum einen Verein ohne Spieler oder Mitglieder mit sogenanntem Migrationshintergrund in den Reihen. Vor allem in Wien haben eigene Migrantenvereine eine lange Tradition. Ihre historische Rolle bei der Etablierung und Verbreitung des Fußballsports in unserem Land ist kaum zu überschätzen. In Österreich gibt es offiziell 18 Fußball-Vereine, die seit den 1980ern von Ausländern oder Menschen mit Migrationshintergrund gegründet worden sind. Solche MSOs (MigrantInnenselbstorganisationen) sind zentrale Vermittler beim Aufbau sozialer Beziehungen von MigrantInnen und fungieren als Drehscheibe für sportintegrative Maßnahmen.

Aktive Integrationsarbeit im elften Wiener Gemeindebezirk

Schauplatz Simmering. Der SC Kaiserebersdorf-Srbija 08 ist so ein Verein. Seine Geschichte liest sich wie der ideale Integrationsprozess und seine Vereinspolitik ist ein mustergültiges Beispiel für funktionierende Integrationsarbeit im Fußball. Obmann Srdjan Stokic hat den Verein Srbija 08 mit dem Vorsatz ins Leben gerufen, das Bild der Serben in Österreich zu verbessern und die häufigen negativen Zeitungsberichte über die serbische Community zu widerlegen. Nach der nicht spannungsfrei verlaufenen Fusion mit dem SC Kaiserebersdorf, bei der Anhänger des Simmeringer Traditionsklubs um dessen Existenz fürchteten, ging der Verein in seiner heutigen Form hervor. Ressentiments von außen zum Trotz machte man sich mit viel Schwung daran, die Leute aus der Umgebung für den Verein zu gewinnen. Indem man die beiden Vereinslogos ineinander integrierte und sich für einen Doppelnamen entschied, wurde an die lange Tradition des SC Kaiserebersdorf angeknüpft und der wichtige Lokalbezug hergestellt. Heute könnte der Verein nicht besser in seinem Umfeld verankert sein. Das Engagement des SC Kaiserebersdorf-Srbija 08 kommt bei den Simmeringern gut an. Viel Zeit und Geld wurde in die Renovierung des Vereinsgeländes investiert. Die einstigen Kritiker sind verstummt und zu den Heimspielen strömen mittlerweile mehrere hundert Fans – Serben und Österreicher wohlgemerkt.

Überhaupt zeichnet den Verein eine prinzipielle Offenheit aus. Zwar bleibt man der serbischen Traditionslinie verbunden, zwischen den Nationalitäten der Spieler wird jedoch keinerlei Unterschied gemacht. Gerade im Jugendbereich spielen Österreicher, Serben, Türken u.v.a. unvoreingenommen miteinander Fußball. Diese ethnische Vielfalt wird im wahrsten Sinne des Wortes gefeiert: Regelmäßige Grillfeste am Sportplatz werden zur interkulturellen Begegnung. So aufgeschlossen die Vereinsführung in personellen Belangen ist, so strikt ist ihre Forderung nach Fairplay. Spieler, die sich eine gelbe oder rote Karte einhandeln, werden vom Verein zusätzlich mit einer saftigen Strafe belegt. Man ist sich der Tatsache bewusst, dass „Ausländervereine“ diesbezüglich viel strengeren Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt sind. Ausgesprochenes Ziel des SC Kaiserebersdorf-Srbija 08 ist die Integration seiner Mitglieder. Aber natürlich ist auch die nötige sportliche Motivation vorhanden – momentan spielt man in der Oberliga A gut mit.

Individueller Mehrwert der Integrationspolitik

Der integrative Mehrwert für den Einzelnen ist unbestreitbar: Neben der sozialen Inklusion, die durch das rege Vereinsleben gefördert wird, gibt es auch einen persönlichen Nutzen auf der sprachlichen Seite. Fußball ist ein Teamsport, in dem der mannschaftsinternen Kommunikation ein hoher Stellenwert zukommt. Dies eröffnet Nicht-Deutschmuttersprachlern die Möglichkeit, sprachliche Barrieren zu überwinden und individuelle Sprachdefizite abzubauen. Doch Kommunikation findet nicht nur auf der sprachlichen Ebene statt. Als Ort der Alltagskommunikation fördert der Verein die kulturelle Integration. Hier lernt man Sprache und Kultur des Anderen kennen und respektieren. So wird das Bewusstsein für Multiethnizität gestärkt.

Wer nichts wagt, der nicht gewinnt

Dennoch darf nicht unkritisch an das Integrationsthema herangegangen werden. Ein guter Vorsatz garantiert nicht das Gelingen von Integration. Die Bemühungen können an Ablehnung und fehlendem Bewusstsein innerhalb des Klubs scheitern. Spieler, Trainer und nicht zuletzt Schiedsrichter sind am Fußballplatz zuweilen einem hässlichen Alltagsrassismus ausgesetzt. Bedingungen, die im Integrationsprozess negativ ausschlagen können. Ein Risiko, das man letztendlich eingehen muss, wenn man die Chancen des Fußballs für die Gesellschaft nutzen möchte.

Markus Grill, abseits.at

Markus Grill

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