Mike Ashley – seines Zeichens Eigentümer des Newcastle United Football Club und Besitzer des englischen Sportartikeldiskonters Sport Direct – hat genug. Genug vom millionenpfundschweren... Status „kompliziert“ – eine Geschäftsfrau soll Newcastle wieder flottmachen

Mike Ashley – seines Zeichens Eigentümer des Newcastle United Football Club und Besitzer des englischen Sportartikeldiskonters Sport Direct – hat genug. Genug vom millionenpfundschweren Wettbieten im englischen Fußball und den zunehmend steigenden Anfeindungen innerhalb des eigenen Vereins. Sowohl Fans wie auch der Trainer wollen die Magpies wieder zu alter Glorie zurückführen. Dazu braucht es aber Geld. Viel Geld! Wieder einmal will der schwerreiche Eigentümer einen Schlussstrich ziehen. Seine „St. James Holding Limited“ warf Mitte Oktober den stolzen Verein aus dem Nordosten Englands wieder auf den Markt. So wie schon 2008 und 2009. Doch dieses Mal könnte es ernst werden, der Premier-League-Aufsteiger steht scheinbar kurz vor dem Verkauf.

Mike Ashley festigt den angeschlagenen Klub wieder

Im Sommer 2007 erwarb der englische Multimillionär mit der eingangs erwähnten Holding den fanstarken Traditionsklub, den der zuvor teuer erkaufte Höhenflug rund um die Jahrtausendwende finanziell zu zerreißen drohte. Mit smarten Entscheidungen stabilisierte der 53-Jährige den Klub. Doch so wirklich anfreunden konnten sich die fanatischen „Magpies“ nie mit dem kühl wie knallhart kalkulierenden Sports-Direct-Boss. Dazu traf die Erwartungshaltung aus dem Umfeld nur mehr selten die Leistungen auf dem Platz oder besser gesagt in der Tabelle. Bilanzen, Wirtschaftsberichte und Finanz-Kennzahlen standen in der Prioritätenliste klar über den sportlichen Geschicken.

Der Newcastle United Football Club ist eine Konstante des englischen Fußballs. Seit 2010 ist man aber mittlerweile schon zweimal abgestiegen – immerhin glückte beide Male der sofortige Wiederaufstieg. Mit Rafa Benitez konnte zuletzt sogar der Strahlemann aus der Coachingzone in der Championship gehalten werden. Der einzige Coach übrigens, der die Titel in der Champions- wie Europa-League, als auch im europäischen Supercup und in der Klubweltmeisterschaft auf der Visitenkarte stehen hat.

Die Realität tut weh

Doch von Glanz und Glory sind die Schwarzweißen aktuell weiter entfernt denn je. Und die Kluft dorthin dürfte in der aktuellen Konstellation wohl auch nicht kleiner werden. Von den Big-Playern abgesehen, die Summen blechen mit denen sich ein Mittelständer sowieso nicht messen kann, will Ashley auch die finanzielle Spendierfreudigkeit des breiten Premier-League-Feldes so nicht länger mitmachen. Mit der Konsequenz, dass die angesprochene Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit weiter aufreißt. Die Gefahr das die „Elstern“ von der zusehends aufkommenden, motivierten und zahlungskräftigen Konkurrenz verdrängt wird, ist groß. Da dadurch das Band zwischen dem rational veranlagten Klubchef mit Coach und Fans – deren über 50.000 selbst in der Zweitklassigkeit im St. James Park lautstark unterstützten – jetzt endgültig zerschnitten zu sein scheint, möchte Mike Ashley nun ernst machen. Anders als bei den ersten beiden Drohungen soll der Klub jetzt wirklich den Eigentümer wechseln.

Ante portas steht mit Amanda Staveley eine schillernde wie schwerreiche Investment-Bankerin. Laut letzten Spekulationen mehrerer Zeitungen stieg die Verhandlungsbasis bereits auf 300 Millionen Pfund, die Staveley bereit wäre zu zahlen. Doch der Verkaufsprozess zieht sich wie ein Kaugummi. Rafa Benitez ist darüber wenig „amused“, möchte er doch lieber heute als morgen im Jänner-Transferfenster den Kader verstärken. Der Abstiegskampf könnte nämlich den Frühling im windigen Nordwesten abermals auch sportlich stürmisch machen. Die dafür nötige Kohle will der verkaufswillige Ashley nicht mehr freigeben und das Transferfenster schließt bekanntlich wieder am 31.1. Ein Wettlauf gegen die Zeit – die Uhr tickt! Gut möglich, dass die nächsten Tage dadurch auch zur finalen Resignation beim spanischen Übungsleiter inklusive Abschied aus Newcastle führen. Dies wäre ein massiver Rückschlag für die zahlreichen Fans und eine düsterte Ausgangsposition im Abstiegskampf, würde neben fehlenden Verstärkungen auch noch der beliebte Manager abhandenkommen.

Wer ist diese Amanda Staveley?

Die 44-Jährige bemüht sich also mit ihrem Finanzunternehmen, der „PCP Capital Partners Group“ mittlerweile schon seit Bekanntwerden der Verkaufsabsichten Mitte Oktober um die Klubgeschicke. Laut „This Is Money“ ist sie die glamouröseste Geschäftsfrau der Insel und nach übereinstimmenden Medienberichten der absolute Topfavorit auf die Nachfolge in der „Owners-Loge“ im St. James Park.

Ihre Karriere könnte aus einem Hollywood-Blockbuster entstammen. In ihrer Schulzeit zählte sie zu den besten Leichtathletinnen des Landes. Danach finanzierte sie sich ihr Studium mit kleineren Mini-Jobs, unter anderem als Modell. Mit einem Kredit kaufte sie sich dann mit 22 Jahren ein kleines Restaurant. Neben dem langen Arbeitstag in der Gastronomie paukte sie zwischendurch in der knappen Freizeit für ihr Finanz-Studium. Durch Zufälle, glückliche Wendungen, aber wohl auch dem nötigen Gespür gepaart mit ganz viel Ehrgeiz, lernte sie einflussreiche Banker in ihrem Restaurant kennen, mit denen sie sich ein Netzwerk spann. In dem sie sich beständig vorwärts oder besser gesagt nach oben arbeitete. Mittlerweile – mehr als zwei Jahrzehnte später – zählt sie zu den reichsten Personen und der absoluten High Society auf der Insel. Die Ex-Freundin von Prinz Andrew jettet nun stetig zwischen den Business-Meetings der internationalen Metropolen wie Dubai oder London.

Ihr Vermögen machte sie mit ihrem Investmentfonds, der vornehmlich im mittleren Osten und China aktiv ist. Für die wuselige Businessfrau wäre Newcastle nicht der erste Berührungspunkt mit dem englischen Fußball, fädelte sie schon den Deal zwischen Scheich Mansour und Manchester City ein. Auch beim FC Liverpool war sie im Gespräch, als sie der Fenway Sports Group – vergeblich – eine Milliarde Pfunde für die „Reds“ bot.

Klappt der Deal mit den Schwarzweißen, wäre sie vor Katharina Liebherr (Southampton) und Baronesse Brady (Vize bei West Ham) „die“ First Lady im englischen Fußball.

Am und abseits des Rasens: Es bleibt dramatisch

Unruhige Zeiten durchlebt der Verein aus der Stadt an der Tyne also gerade wieder einmal, spannende und vielleicht richtungsweisende Wochen stehen noch bevor. Die Fans sind vorsichtig optimistisch eingestellt. Mit neuen flüssigen Mitteln könnte der loyale Rafa Benitez sofort für die kommenden, schwierigen Aufgaben bei den „Magpies“ motiviert werden. Der Klub wünscht sich, so wieder aus der grauen Melancholie, die aktuell Abstiegskampf heißt, aufzuerstehen. Ein Unterfangen, das mit einem nicht mehr voll ambitionierten Mike Ashley kaum umsetzbar sein wird.

Doch treue Fans, eine große Geschichte und die Gier nach Fußball gibt es in Newcastle unabhängig von der aktuellen Formkurve oder Ligazugehörigkeit. Doch wer küsst den Verein aus dem Dornröschen-Schlaf wach? Damit das drohende Image abgewendet wird, ein mittelmäßiger Yo-Yo-Club („Fahrstuhlmannschaft“) zu werden und sich die „Elstern“ langfristig wieder konstant im vorderen Mittelfeld einreihen können. Die „oberen Midtable-Clubs“ wie West Ham, Everton oder aktuell Leicester sollen mindestens potentielle Konkurrenten auf Augenhöhe sein, wenn es nach dem eigenen Anspruch ginge. Doch Brighton, Huddersfield oder Swansea heißt aktuell im Abstiegskampf die Realität. Und die klafft momentan – aus Sicht der Fans hoffentlich nur mehr „noch“ – weit vom Wunschdenken auseinander.

Am Samstag geht’s schon um die nächsten drei Punkte für die Mission „Klassenerhalt“. Da führt die Reise nach Manchester zum hellblauen Tabellenführer. Ein Verein der vor knapp einem Jahrzehnt im grauen Mittelmaß beheimatet war und nicht zuletzt dank der Connections von Amanda Staveley heuer das Maß aller Dinge in der Premier League ist. Ein rasanter Aufwärtstrend, von dem auch der Fan der Schwarzweißen dieser Tage irgendwie träumen darf.

Werner Sonnleitner, abseits.at

Werner Sonnleitner

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