Die Unzufriedenheit bei Borussia Dortmund über den durchwachsenen Saisonstart ist allgegenwärtig. Mitunter wird sogar schon – wenn auch noch eher verhalten – Trainer Lucien... Wie eine zahnlose Katze: Der Saisonstart von Borussia Dortmund

Die Unzufriedenheit bei Borussia Dortmund über den durchwachsenen Saisonstart ist allgegenwärtig. Mitunter wird sogar schon – wenn auch noch eher verhalten – Trainer Lucien Favre angezählt. Was sind die drängenden Probleme des BVB? Und was sagt die Statistik?

 „Wir wollen Meister werden!“ – mit ihren Zielen für die neue Saison gingen die Verantwortlichen von Borussia Dortmund im Sommer recht offensiv um. Dass ihnen diese selbstbewussten, aber angesichts des Kaders durchaus angebrachten Aussagen bei Misserfolg um die Ohren fliegen würden, war fast abzusehen.

Nun ist „Misserfolg“ in Anbetracht des Saisonstarts der Dortmunder sicher nicht das richtige Wort. Doch angesichts des momentanen Tabellenplatzes (Platz acht) und zuletzt zwei Unentschieden gegen Eintracht Frankfurt und Werder Bremen, macht sich Enttäuschung breit im BVB-Umfeld; vor allem aufgrund der hohen Erwartungen im Vorfeld der neuen Spielzeit.

Die Probleme bei Borussia Dortmund, sie sind bereits aus der letzten Saison bekannt: es fällt der Mannschaft schwer, einen Vorsprung über die Zeit zu bringen; oder wie es im Jargon heißt, „den Sack zu zu machen.“ Sowie zuletzt gegen Bremen als auch gegen Frankfurt gelang es nicht, einen 2:1 – Vorsprung über die Zeit zu bringen bzw. nachzulegen. Endstand in beiden Fällen: 2:2.

Der BVB gleicht in diesen Momenten einer zahnlosen Katze, die sich ihre Beute versucht spielerisch zurecht zu legen, am Ende aber nicht zubeißen kann. Deutlich wurde dieses Phänomen auch am letzten Mittwoch in der Champions League gegen Slavia Prag. Zur Halbzeit führte die Borussia mit 1:0, nach der Pause wirkte man plötzlich unsicher und bekam keinen vernünftigen Spielaufbau mehr hin – immer wieder gingen Bälle dabei durch Flüchtigkeitsfehler verloren.

Im Gegensatz zur Bundesliga gelang es den Dortmundern aber zunächst das Ergebnis zu halten, und kurz vor Schluss sogar noch das 2:0 folgen zu lassen. Der Eindruck bleibt jedoch bestehen: ein Spiel zu verwalten, wie es die absoluten Spitzenteams können, das gelingt dem BVB nur selten.

Inwieweit Trainer Lucien Favre hier in der Verantwortung steht, ist schwer zu beurteilen. Was auffällt: das Angriffsspiel seiner Mannschaft wirkt in einigen Momenten recht statisch. Es fehlen mitunter die Ideen, einen tiefstehenden Gegner auseinanderzuschrauben. Zumindest über die gesamte Spielzeit betrachtet.

Denn in Prag sorgte beispielsweise Außenverteidiger Achraf Hakimi – der beide Tore erzielte – als anarchistisches Element immer wieder für Gefahr  in der ersten Hälfte: mal tauchte er links, dann wieder auf der rechten Seite auf, bespielte dabei auch einmal die Halbräume. In Halbzeit zwei fehlte dieses Element dann weitgehend.

Auch die Schwäche bei Standards fällt ins Auge. Die Dortmunder tun sich bei eigenen Eckbällen, Freistößen etc. schwer, Gefahr zu erzeugen. Auf der anderen Seite gehört der BVB laut Statsbomb zu den schwächsten Teams der Bundesliga, wenn es um die Verteidigung des ruhenden Balles geht. Schon während des Leistungseinbruchs in der vergangenen Rückrunde, ließ die Borussia zehn Gegentore nach Standards zu. In der Hinrunde waren es zuvor nur drei.

Nach den ersten sechs Spielen der neuen Saison kassierten die Westfalen bereits vier der insgesamt neun Gegentore durch Standards. Hier könnte Favre und sein Trainerteam durchaus mal etwas genauer hinschauen. Generell sind neun Gegentreffer nach sechs Spielen viel zu viel – innerhalb der aktuell besten neun Teams der Bundesliga kassierte kein Team mehr Tore gegen sich.

Ansonsten ist Borussia Dortmund gar nicht so viel vorzuwerfen. Zumindest bei der Betrachtung der  Zahlen. Zwar schießt die Mannschaft nur am fünfthäufigsten auf das gegnerische Tor (15,3 Versuche im Schnitt), hat mit 17 Treffer aber die meisten hinter Bayern München erzielt.

Laut der Statistik der Expected Points müsste der BVB aktuell nur ganz knapp hinter den Bayern auf Platz zwei stehen. Der Angriff hat laut den Expected Goals dabei etwas überperformed, während die Defensive unterperformed.

Der Schlüssel zu einer Steigerung liegt also vorwiegend an zwei Punkten: Verbesserung der Standards und Stabilisierung der Defensive. Dann könnte Dortmund noch eine erfolgreiche Saison spielen. Denn weit sind die Schwarz-Gelben von der Bundesligaspitze ja nicht entfernt – der Abstand zu Tabellenführer Bayern München beträgt nur drei Punkte.

In der Champions League ist die Borussia mit vier Punkten aus zwei Spielen – und einer sehr starken Leistung beim 0:0 gegen den FC Barcelona – absolut im Soll. Grund zur Panik, oder gar einer Trainerdiskussion, gibt es also derzeit nicht.

Wichtig ist es jetzt, dass alle Verantwortlichen die Ruhe bewahren. Das gilt besonders auch für den Trainer. Der hatte im Herbst 2015 bei Borussia Mönchengladbach nach einer Niederlagenserie einfach unvermittelt seinen Rücktritt erklärt; Favre gilt als durchaus launisch. Soweit sollte es in Dortmund keiner der Beteiligten kommen lassen. Daher sind drei Punkte am kommenden Samstag in Freiburg Pflicht.