In dieser neuen Artikelserie wollen wir euch die größten Comebacks der Fußballgeschichte vorstellen. Welche Mannschaften gaben komfortable Führungen aus der Hand, welche Teams schafften... Die größten Comebacks der Fußballgeschichte (1) – Aufholjagden in Istanbul und Morecambe

TormannIn dieser neuen Artikelserie wollen wir euch die größten Comebacks der Fußballgeschichte vorstellen. Welche Mannschaften gaben komfortable Führungen aus der Hand, welche Teams schafften das Unmögliche und egalisierten mit großem Kampfgeist einen Rückstand? An einige Aufholjagden werdet ihr euch gut erinnern können, andere wiederum sind weniger bekannt. Sofern vorhanden, liefern wir euch zudem das passende Video zum jeweiligen Spiel, damit ihr die Comebacks noch einmal miterleben könnt.

AC Milan – FC Liverpool   3:3 n.V., 2:3 i.E.

Wir werden in dieser Artikelserie noch wildere Aufholjagden zu Gesicht bekommen, aber aufgrund der Bedeutung dieser Partie wollen wir mit diesem denkwürdigen Spiel starten.  Der AC Milan warf in der Champions-League-Saison 2004/05 auf dem Weg ins Finale Manchester United, Inter Mailand und den PSV Eindhoven hinaus, während sich der FC Liverpool gegen Bayer Leverkusen, Juventus Turin und den FC Chelsea durchsetzte.  Das Finale wurde in Istanbul im Atatürk-Olympiastadion ausgetragen, wo mehr als 70.000 Zuschauer Augenzeugen dieser aufregenden Partie wurden.

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Der AC Milan erwischte einen absoluten Traumstart und ging nach einer Standardsituation durch Paolo Maldini bereits nach einer Minute in Führung. Die Italiener dominierten in der Folge die Partie, wobei Andrea Pirlo als überragender Taktgeber das Spieltempo bestimmte und bei Ballbesitz von Liverpool viel zu wenig unter Druck gesetzt wurde. Die Reds wiesen zu große Abstände zwischen den Mannschaftsteilen auf und einige Spieler, insbesondere das Sturmduo, arbeiteten bei gegnerischem Ballbesitz so gut wie gar nicht nach hinten. Liverpool konnte sich nicht vors gegnerische Tor kombinieren, sodass sie in den ersten 45 Minuten vorwiegend auf Flanken und weite Bälle in den Strafraum zurückgriffen, was gegen Innenverteidiger eines Kalibers von Jaap Stam und Alessandro Nesta wenig aussichtsreich war. Der argentinische Mittelstürmer Hernan Crespo erzielte nach tollen Vorlagen von Shevchenko in der 39. bzw. 44. Minute einen Doppelpack – zur Pause stand es 3:0, das Spiel schien entschieden zu sein.

In der Halbzeit stellte Rafael Benitez seine Mannschaft um und schickte mit Traoré, Hyppiä und Carragher eine Dreierabwehrkette aufs Feld. Der eingewechselte Didi Hamann nahm den Platz von Steven Gerrard ein, der dadurch eine Reihe weiter nach vorne rückte. Der bereits in der ersten Halbzeit eingetauschte Vladimir Smicer spielte im linken Mittelfeld, wobei er stark ins Zentrum rückte. Luis Garcia gesellte sich dafür neben Gerrard ins offensive Mittelfeld. Liverpool erhielt gegen Milans Raute ein massives Übergewicht im Zentrum und brachte plötzlich einen geordneten Spielaufbau zu Stande. Mit Gerrard und Luis Garcia im offensiven Mittelfeld hatte Liverpool nun zwei Spieler in der gegnerischen Hälfte, die aufgrund ihrer intelligenten Laufwege oftmals anspielbar waren und in weiterer Folge viel Gefahr erzeugten. Drei Treffer zwischen der 54. und 60. Minute sorgten für einen totalen Umschwung – Milan wirkte paralysiert und die Partie war auf einmal wieder offen. Im Laufe der zweiten Halbzeit und der Verlängerung stellte sich Milan besser auf die taktischen Umstellungen des Gegners ein, es sollte aber bis zum Ende der Nachspielzeit kein weiterer Treffer mehr fallen.

Beim Elfmeterschießen versagten zunächst Serginho die Nerven, der den Ball übers Tor donnerte. Didi Hamann machte es besser und verwandelte den ersten Elfmeter für sein Team. Dudek avancierte daraufhin zum Matchwinner, da er in weiterer Folge die Strafstöße von Pirlo und Shevchenko hielt. Zwischen den beiden Paraden verwandelten Jon Dahl Tomasson und Kaká ihre Elfmeter, auf der Gegenseite trafen Djibril Cissé und Vladimit Smicer, während nur John Arne Risse an Dida scheiterte. Nachdem Smicer den entscheidenden Elfmeter verwandelte, kannte der Jubel auf Seiten Liverpools keine Grenzen.

Die Highlights der Partie:

Morecambe FC – Chesterfield FC   4:3 (0:3)

Als Kontrast zum Glamour eines Champion-League-Finalspiels wollen wir uns nun in die englische League 2 begeben, in der es am 5. Oktober dieses Jahres zu einer unerwarteten Aufholjagd kam. Am 10. Spieltag reiste der damalige Tabellenführer Chesterfield FC zum Auswärtsspiel gegen den Morecambe FC an, der zum damaligen Zeitpunkt an sechster Position lag. Die Gäste wurden in der ersten Halbzeit ihrer Favoritenrolle schnell gerecht und gingen nach einem Abwehrfehler durch Mittelstürmer Eoin Doyle bereits in der fünften Minute in Führung. Nur fünf Minuten später sorgte Linksaußen Gary McSheffrey nach Vorarbeit von Tendayi Darikwa für den zweiten Treffer. In der 22. Minute erzielte Stürmer Doyle nach einem sehenswerten Dribbling im gegnerischen Strafraum das dritte Tor dieser Partie. In der Folge machte Chesterfield weiter Druck und drängte auf das 4:0, doch Eoin Doyle, Sam Morsy und Ian Evatt ließen ihre Chancen aus. Chesterfield spielte seinen Gegner in den ersten 45 Minuten komplett an die Wand.

Das oben behandelte Champions-League-Finale wurde in erster Linie durch die personellen und taktischen Umstellungen zur Halbzeit gedreht. In dieser Partie lief es anders, denn Morecambe-Coach Jim Bentley, der selbst acht Jahre aktiv im Verein spielte, tätigte seinen ersten Wechsel erst in der 78. Minute, als sein Team den Rückstand bereits egalisierte. Die Zuschauer sahen zu ihrer Freunde dennoch zwei völlig unterschiedliche Mannschaften aufs Spielfeld zurückkommen, denn während die Hausherren eine „Jetzt-erst-recht“-Mentalität entwickelten, hatten die Chesterfield-Spieler die Partie anscheinend schon abgehakt und wirkten vollkommen lethargisch. Flügelstürmer Kevin Ellison erzielte gleich nach dem Wideranpfiff den ersten Treffer seiner Mannschaft, Innenverteidiger Mark Hughes gelang in der 60. Minute der Anschlusstreffer zum 2:3. Mittelstürmer Jack Sampson stellte in der 70. Minute den Ausgleich her und fünf Minuten vor dem Schlusspfiff köpfelte Padraig Amond sein Team zum Sieg – die Sensation war perfekt!

Chesterfield-Trainer Paul Cook war nach dem Schlusspfiff fassungslos und sprach von zwei völlig verschiedenen Gesichtern seiner Mannschaften. Er meinte, dass sein Team in der zweiten Halbzeit praktisch nicht am Platz stand, nachdem sie in der ersten Hälfte genauso spielten, wie man es von einem Tabellenführer erwartet.  Cook sagte, dass so etwas leider im Fußball immer wieder vorkommen kann – da hat er Recht, weswegen zu dieser Artikelserie noch einige Teile dazukommen werden.

Die Highlights der Partie:

Stefan Karger, www.abseits.at

Stefan Karger

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