Fünf Tore nach der Pause sorgten für einen Schlagabtausch zwischen den Tottenham Hotspurs und dem FC Chelsea. Obwohl die Spurs den 0:1-Rückstand zu Beginn... Showdown an der White Hart Lane – Chelsea gewinnt torreiches Londoner Derby

Fünf Tore nach der Pause sorgten für einen Schlagabtausch zwischen den Tottenham Hotspurs und dem FC Chelsea. Obwohl die Spurs den 0:1-Rückstand zu Beginn der zweiten Halbzeit rasch drehen konnten, waren sie doch die meiste Zeit unterlegen und gaben schließlich das Match durch leichtfertige Ballverluste, schlechtes Stellungsspiel, und individuelle Fehler aus der Hand.

Aufstellungen

Beide Mannschaften begannen im 4-2-3-1. Bei Tottenham fehlte ausgerechnet Gareth Bale, der wenige Minuten vor Spielbeginn absagte, um bei der Geburt seines ersten Kindes anwesend zu sein. Seinen Platz am linken Flügel nahm Clint Dempsey ein LoansCashNetUSA. In weiterer Folge sollte Tottenhams Offensivspiel über links die meiste Zeit eine Baustelle bleiben. Moussa Dembélé fehlte wegen einer Verletzung. Für ihn rückte Tom Huddlestone als zweiter Sechser neben Sandro in die Mannschaft. Der junge Steven Caulker hingegen scheint den Routinier Michael Dawson als Innenverteidiger langsam, aber sicher zu verdrängen. Caulker bekam erneut den Vorzug vor dem WM-Teilnehmer von 2010.

Chelsea-Coach Roberto di Matteo musste wegen der FA-Sperre nach John Terrys Rassismus-Skandal auf seinen Stammverteidiger verzichten. Statt ihm begann Gary Cahill, der sich mit einer starken Defensivleistung und seinem zweiten Saisontor empfahl. Ansonsten begann Chelsea wieder einmal ohne Frank Lampard, der Ramires Platz machen musste.

Tottenham: Probleme in der Offensive…

Auf der Zehn begann Gylfi Sigurdsson. Im Pressing spielten die Spurs ein 4-4-2, sodass sich Sigurdsson neben Jermain Defoe in die Spitze gesellte. Wirklich effektiv wurde Tottenhams Pressing allerdings erst in der zweiten Halbzeit, als die ganze Mannschaft höher stand. Zuvor fehlte ein geschlossenes Vorrücken der restlichen Mannschaftsteile. Einer der beiden Angreifer lief Chelseas ballführenden Verteidiger an, der mühelos zum Nebenmann oder abkippenden Sechser passen konnte, da diese weder vom anderen Angreifer noch von Dempsey oder einem anderen Mittelfeldspieler gestört wurden. In aller Ruhe konnte Chelsea so das Spiel aufbauen. In der zweiten Halbzeit besserte sich das aus Sicht der Spurs etwas, dennoch konnten sich die Blues häufig mit spielerischen Mitteln befreien.

So gut Vertonghen defensiv war, offensiv trat er bis auf den Assist zum 1-1 kaum in Erscheinung. Grund dafür war nicht nur das starke Flügelspiel der Gäste, das ihn hinten beschäftigte, sondern auch Abstimmungsprobleme mit seinem Vordermann Dempsey. Der Amerikaner tauschte ca. ab der 25. Minute mit Sigurdsson die Positionen, was für Vertonghen aber wenig Besserung brachte. Caulker wollte schließlich durch vereinzelte Vorstöße über halblinks das Offensivspiel über diese Seite beleben. Auch Defoe versuchte immer wieder, nach links auszuweichen, um seine Kollegen zu unterstützen und Freiräume in der Mitte zu schaffen. Auf der anderen Seite konnten Aaron Lennon und Kyle Walker mit ihren Angriffen für Unruhe sorgen, jedoch sollten Walker und William Gallas an allen Gegentreffern beteiligt sein. Wirklich gefährlich wurde Tottenham meistens über Standardsituationen. Eine davon führte zum 1-1.

…und in der Defensive

Gallas Klärungsversuche per Kopfball landeten zweimal zentral, sodass Cahill und Mata nur noch abziehen mussten. Walker verschuldete durch mangelnde Konzentration das 2-3 mit. Ein peinlicher Fehler vor dem 2-4, als er den Ball an der Outlinie verlor, aber durch einen „Fersler“ noch für den davoneilenden Juan Mata im Spiel hielt, war Sinnbild für die gesamte Mannschaftsleistung. Zu oft gab es Fehlpässe, Stoppfehler, individuelles Fehlverhalten, und Unaufmerksamkeiten. Bis auf die ersten 15 Minuten nach der Pause war Chelsea immer die bessere Mannschaft.

Chelsea

Wie gewohnt rückten im Spielaufbau die Außenverteidiger sehr hoch auf, während sich einer der beiden Sechser Mikel oder Ramires zwischen die Innenverteidiger fallen ließ und so eine Dreierkette bildete. Die Offensivspieler wechselten öfters Positionen. Gepresst wurde nur selten, zumeist beschränkte man sich darauf, Anspielstationen im Mittelfeld zuzustellen, in der eigenen Hälfte Ballverluste des Gegners herbeizuführen, und dann durch schnelles Umschaltspiel nach vorne zu kommen, wo Pässe in die Gassen zwischen den Verteidigern zu den einrückenden Flügelspielern gesucht wurden. Eine solche Situation führte zum 2-3. Ähnlich wie sein Konterpart Defoe versuchte Torres es öfters über außen oder wich bei Angriffsaktionen etwas auf die Flügel aus, um Gegenspieler mit sich zu ziehen und Räume zu öffnen.

Schlussphase

Nach dem 2-3 warf Villas-Boas statt Dempsey noch Emmanuel Adebayor in die Schlacht. Defoe kam nun eher aus der Tiefe und wartete auf Kopfball-Ableger seines großgewachsenen, neuen Sturmpartners, sodass sich ein 4-4-1-1 bzw. 4-4-2 formierte. Die Spurs versuchten es jetzt öfters auch mit Weitschüssen. Obwohl Adebayor vereinzelt an den Ball kam, Halbchancen kreierte, und tolle Sprints bis tief in die eigene Hälfte zeigte, sprang nichts Zählbares mehr heraus. Im Gegenteil, am Ende hieß es sogar noch 2-4.

Gleich drei Spieler gefangen im Dreieck: Mata gibt den Ball zu Mikel und läuft in den freien Raum, Livermore gibt das Signal an die Abwehr, ihn zu decken, Sandro und Lennon stehen auf engstem Raum neben ihm, Walker (nicht im Bild) trabt noch vom Flügel Richtung Zentrale und rückt nicht ein, Gallas orientiert sich für eine Sekunde Richtung Mata und öffnet die Gasse, Torres lässt den Ball passieren, weil er abseits steht, Mata hat freie Bahn

 

Oscar, Hazard, Mata: Chelseas Triumvirat

Das Zusammenspiel der drei technisch starken Chelsea-Akteure wird immer besser. Während Mata und Hazard hauptsächlich über die Flügel für Gefahr sorgen, organisiert Oscar das Spiel in der Zentrale. Dass Letzterer auch defensive Aufgaben übernehmen kann, hat er schon im Auswärtsspiel gegen Arsenals heimlichen Spielmacher Arteta bewiesen. Von Hazard kam heute der geniale Pass zum 2-3 auf Mata. Die beiden Neuverpflichtungen Hazard und Oscar ergänzen sich immer stärker mit Mata, der schon unter Villas-Boas geholt wurde. Zusammen mit Ramires und Mikel bilden sie neben Manchester City das wohl stärkste Mittelfeld der Premier League.

Fazit

Die Spurs gingen geschwächt in die Partie und fanden nur zu Beginn der zweiten Halbzeit einen guten Spielrhythmus. Sie machten es sich selber schwer und damit dem starken Gegner zu einfach. Tottenhams Kader hat (noch) nicht die Breite, Ausfälle wie die von Bale und Dembélé aufzufangen. Es scheint, als habe Roberto di Matteo nach teils mühsamen Siegen über schwächere Gegner seine Kritiker Lügen gestraft und die Zauberformel gefunden. Nach Auswärtssiegen über Arsenal und Tottenham führt seine Mannschaft weiter ungeschlagen und mit vier Punkten Vorsprung die Tabelle an.

Florian Eliadakis, abseits.at

Florian Eliadakis

Keine Kommentare bisher.

Sei der/die Erste mit einem Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert