In der türkischen Liga werden Geisterspiele in Zukunft der Vergangenheit angehören, denn der Fußballverband präsentierte diesen Sommer eine neue Bestimmung, die nicht nur im... Eintritt nur für Frauen und Kinder – Diskriminierung oder geniale Lösung?

In der türkischen Liga werden Geisterspiele in Zukunft der Vergangenheit angehören, denn der Fußballverband präsentierte diesen Sommer eine neue Bestimmung, die nicht nur im eigenen Land für zahlreiche Diskussionen sorgte. Anstatt alle Fans auszuschließen, bestraft der Verband nur eine Randgruppe: Männer.

Vor etwa zwei Monaten kam es im Rahmen eines Freundschaftsspiels zwischen Fenerbahçe und Shakhtar Donetsk zu wütenden Fan-Protesten, die in einem Platzsturm ihr unrühmliches Ende fanden. Die türkischen Fans protestierten gegen die Festnahme ihres Präsidenten Aziz Yildirim und gegen die Vorverurteilungen durch die Medien. Die meisten Fenerbahçe-Fans waren zu diesem Zeitpunkt überzeugt, dass Aziz Yildirim nicht hinter dem Manipulationsskandal steckte, sondern nur der gefundene Sündenbock für die Medien und die Polizei war. Zunächst liefen die Fans nur vereinzelt aufs Spielfeld, den Ordnern gelang es jedoch nicht die Anhänger unter Kontrolle zu halten. Als der Schiedsrichter beschloss die Partie zu unterbrechen, brachen schließlich alle Dämme und der Platzsturm konnte nicht mehr aufgehalten werden.

KEIN EINTRITT FÜR MÄNNER

Der türkische Fußballverband verhängte über Fenerbahçe zwei Geisterspiele, änderte kurze Zeit darauf jedoch seine Bestimmungen. Zukünftig sollen bei Geisterspielen lediglich Männern ausgesperrt werden – Frauen und Kinder unter zwölf Jahren dürfen hingegen gratis hinein. Beim gestrigen Meisterschaftsspiel nahmen mehr als 41.000 Frauen und Kinder dieses Angebot an und unterstützten ihre Mannschaft beim 1:1-Unentschieden gegen Manisaspor. Die Atmosphäre im Stadion wurde als ausgezeichnet beschrieben und der Lärmpegel im Şükrü-Saracoğlu-Stadion war konstant hoch, wie man im Video (unten) gut hören kann. Während die Aktion bei den weiblichen Fans und den Kindern sehr gut ankam, fühlten sich die meisten männlichen Fans von der türkischen Liga diskriminiert, da der überwiegende Teil der Anhänger sich nichts zu Schulden kommen ließ.

GLEICHBEHANDLUNGSRICHTLINIE DER EU

Während sich der türkische Verband nicht viele Gedanken um EU-Richtlinien machen muss, wäre ein solches Vorgehen in Österreich unter dem Diskriminierungsgesichtspunkt nicht durchführbar. Von einer öffentlichen Veranstaltung kann man entweder alle, oder niemanden ausschließen – nach dem Rasterprinzip eine Personengruppe auszusperren widerspricht jedoch eindeutig der Gleichbehandlungsrichtlinie der EU, die Österreich im Jahr 2008 mit dreieinhalb Jahren Verspätung als letztes EU-Mitglied umsetzte. Beim ÖFB scherte man sich zunächst wenig um diese Regelung, denn weibliche Fußballfans erhielten bis zum Länderspiel gegen Kamerun am 12. August 2009 ermäßigte Länderspielkarten und zahlten den gleichen Preis, wie Pensionisten, Jugendliche, Behinderte und Präsenzdiener.

Auch wenn man die Idee des türkischen Verbandes grundsätzlich nachvollziehen kann, bleiben die Bestimmungen doch diskriminierend. Warum dürfen 80-jährige Senioren nicht ins Stadion, obwohl sie ebenfalls kein Risiko darstellen? Die Bestimmungen des Verbandes wurden von den türkischen Medien, Vereinen und Spielern zwar begeistert aufgenommen, werden jedoch in der österreichischen Liga alleine aufgrund der gesetzlichen Situation keine Nachahmung finden….und das ist auch gut so.

Stefan Karger, www.abseits.at

Stefan Karger

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