Uruguay setzte sich gestern Abend gegen Italien mit 1:0 durch und steht somit im Achtelfinale der Weltmeisterschaft 2014. Die Italiener wiederum müssen überraschend als... Oops! … He Did It Again | Warum Luis Suarez immer wieder zubeißt?

Luis Suarez (FC Liverpool)Uruguay setzte sich gestern Abend gegen Italien mit 1:0 durch und steht somit im Achtelfinale der Weltmeisterschaft 2014. Die Italiener wiederum müssen überraschend als Gruppendritter die Heimreise antreten – Coach Cesare Prandelli und Verbandspräsident Giancarlo Abete zogen die Konsequenzen und gaben ihren Rücktritt bekannt. Dieses Spiel brachte den Urus weltweit jedoch nur wenige Sympathiepunkte ein, da Stürmerstar Luis Suarez zum dritten Mal in seiner Karriere einen Gegenspieler biss. Warum lässt sich der Angreifer zu solchen wahnsinnigen Aktionen hinreißen? Wir begeben uns auf Antwortsuche und sehen uns zunächst einmal seine bisherigen Bissattacken an.

Aller “guten“ Dinge sind drei

Luis Suarez wechselte im August 2007 für die stolze Ablösesumme von 7,5 Millionen Euro vom FC Groningen zu Ajax Amsterdam, wo er in 110 Meisterschaftsspielen starke 81 Tore erzielte. In seinem letzten Spiel für den niederländischen Rekordmeister, am 20. November 2010, zeigte er erstmals seine Zähne, als er PSV-Spieler Otman Bakkal in die Schulter biss. Die beiden gerieten in eine hitzige Diskussion, nachdem Ajax-Spieler Rasmus Lindgren in der Nachspielzeit beim Stand von 0:0 nach einem harten Tackling gegen Ibrahim Afellay die rote Karte sah. Der niederländische Verband sperrte den Stürmer für sieben Spiele, was ihm aber relativ egal sein konnte, da er kurze Zeit später zum FC Liverpool wechselte. Suarez lud immerhin ein Video auf seinen Facebook-Account hoch, in dem er sich bei Bakkal für seinen Biss entschuldigte.

Vor fast genau 14 Monaten, am 21. April 2013, zeigte er sich erneut von seiner schlechtesten Seite, als er beim 2:2-Unentschieden gegen den FC Chelsea Abwehrspieler Branislav Ivanović biss. Ein unabhängiges Komitee sperrte ihn daraufhin für zehn Spiele. Das Komitee gab an, dass Suarez bei der Anhörung den Ernst der Lage nicht erkannte und den Vorfall herunterspielte. Die Sperre fiel auch deshalb so hoch aus, da der englische Verband ein Statement abgeben wollte, dass solche Aktionen am Platz nicht toleriert werden.

Gestern Abend folgte dann seine bis dato letzte Bissattacke. Diesmal spürte Verteidiger Giorgio Chiellini die Zähne des Uruguayers, der sich beim Stand von 0:0 in den italienischen Abwehrspieler verbiss. Chiellini zeigte die Zahnabdrücke auf seiner Schulter dem Referee, der jedoch nicht handelte und das Spiel weiterlaufen ließ. Was dann geschah ist bekannt – die in Unterzahl agierenden Italiener fingen sich einen Treffer ein und schieden aus dem Turnier aus. So richtig über den Biss freuen durfte sich nur ein norwegischer Wetter, der umgerechnet 3,85€ darauf setzte, dass Suarez während der Weltmeisterschaft einen Gegenspieler beißen wird. Thomas Syversenwar bekam dafür das 175-fache seines Einsatzes ausbezahlt.

Wir haben seine drei Bissattacken auf Video:

Psychologe sagte den nächsten Biss voraus

Der Psychologe Dr. Fawcett sagte nur einen Tag nach seiner zweiten Bissattacke auf bbc.com voraus, dass Suarez innerhalb der nächsten fünf Jahre wieder zubeißen würde. Er prophezeite, dass Suarez wieder in eine Situation kommen wird, in der er seine Nerven verliert und in sein altes Verhaltensmuster zurückfällt. Strafen wirken in diesem Moment nicht abschreckend, da bei ihm anscheinend der Verstand ausschaltet und sein Instinkt einsetzt. Fawcett beschreibt es kurz und prägnant: „It´s in the man“. Weiters erklärt er, dass seine Bisse nicht geplant sind, sondern dass er in diesem Moment einem spontanen Impuls folgt, der wohl aus seiner Frustration entspringt.

Oliver Kahn, der im Jahr 1999 selbst zubiss schätzte die Situation als ZDF-Experte treffend ein: „Für mich ist das eine falsche Kanalisation innerer Anspannung. Man hat schon im letzten Spiel gesehen, dass er fast geweint hat. Vielleicht ist so ein Verhalten für ihn die letzte Chance, diesen gewaltigen Druck abzubauen und sich aus seiner Anspannung zu befreien. Anders kann ich mir das nicht erklären.“

Bisse in anderen Sportarten

Es kommt selten vor, dass Profisportler ihrer Frustration auf diese Art und Weise Ausdruck verleihen. Das mit Abstand berühmteste Beispiel lieferte Mike Tyson, als er seinem Kontrahenten Evander Holyfield bei einem Boxkampf in Las Vegas einen Teil seines rechten Ohrs abbiss:

Auch beim Rugby gab es einige unschöne Zwischenfälle. Der Engländer Dylan Hertley wurde für acht Wochen suspendiert, nachdem er den Iren Stephen Ferris im Rahmen des Six Nations Cups biss. Der Südafrikaner Johan La Roux wurde 1994 gesperrt, nachdem er dem neuseeländischen Kapitän Sean Fitzpatrick ins Ohr biss. Beim Rugby und beim Boxen geraten die Kontrahenten sehr nah aneinander und es kommt zu tumultartigen „Gerangel-Szenen“, weshalb es in diesen Kontaktsportarten mehr Vorfälle dieser Art gibt, als in den meisten anderen Disziplinen.

Wie wird die FIFA reagieren

Der Weltfußballverband hat versprochen, dass der Vorfall genau untersucht wird. Artikel 77a des Disziplinarkodexes besagt, dass eine Szene nachträglich beurteilt werden kann, wenn sie der Schiedsrichter übersehen hat. Falls der mexikanische Referee Marco Rodriguez also aussagt, dass er die Situation nicht sah und dementsprechend nicht bewerten konnte, darf die FIFA eine nachträgliche Sperre aussprechen. FIFA-Funktionäre kündigten bereits an, dass sie diesen Vorfall sehr ernst nehmen würden, wohl auch weil der mediale Druck hoch ist. Chiellini befürchtete dennoch, dass die FIFA untätig bleiben wird, da sie die Stars der Weltmeisterschaft aus Eigeninteresse nicht aus dem Turnier nehmen möchte. Bis Mittwochabend muss der uruguayische Verband eine Stellungnahme abgeben und alle relevanten Beweisdokumente abliefern. Wenn es mit rechten Dingen zugeht, dann müsste die Partie gegen Italien das letzte Spiel von Suarez bei dieser Weltmeisterschaft gewesen sein – wir werden sehen ob das die FIFA auch so sieht.

Bedauerlich ist jedenfalls, dass sich einer der besten Stürmer der Welt seiner großen Vorbildrolle nicht bewusst ist. Eine harte Strafe allein wird auch nicht viel bewirken, denn ohne eine intensive psychologische Behandlung wird es wieder zu einer Szene kommen, in der der Uruguayer aus Frustration seinen Impulsen folgen wird.

Stefan Karger, www.abseits.at

Stefan Karger

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