Es scheint eine gar nicht ganz so abwegige Kombination zu sein: Viele Profifußballer, die man regelmäßig auf den großen Plätzen der internationalen Ligen kicken... Fußballer und Poker – was steckt dahinter?

Es scheint eine gar nicht ganz so abwegige Kombination zu sein: Viele Profifußballer, die man regelmäßig auf den großen Plätzen der internationalen Ligen kicken sieht, hat in ihrer Freizeit das Pokerfieber gepackt.

Da stellt sich logischerweise die Frage, was es damit auf sich hat. Warum gerade das Strategiespiel mit den Karten und dem taktischen Lesen der Mimik und Gestik anderer Mitspieler bei gleichzeitigem Verstecken aller eigenen Regungen? Warum sind es gerade viele Fußballspieler, die sich den Nervenkitzel genau hier suchen? In diesem Artikel wollen wir diesem Phänomen etwas auf den Grund gehen.

Ich und die anderen

Der erste große Unterschied zwischen Poker und Fußball, der einem direkt einfällt, ist, dass Fußball ein klarer Teamsport ist, während beim Poker jeder auf sich allein gestellt ist und nur sich selbst zuspielt. Doppelpass alleine; dass dies nicht geht, wusste schon Lukas Podolski nachdrücklich zu betonen. Im Poker hingegen sind alle anderen per se die Gegner und Teamfähigkeit ist kein Prädikat, welches von vornherein ausgeprägt sein muss. Auch das Stereotyp, dass man zum Fußballspielen nicht die hellste Lampe im Stadion sein muss, passt nicht damit zusammen, dass beim erfolgreichen Pokerspielen durchaus psychologische, mathematische und logische Fähigkeiten notwendig sind.

Berühmte Multitalente

Nichtsdestotrotz hört man immer wieder verschiedene große Namen aus der Fußballwelt, die mit dem Trendsport Poker in Verbindung gebracht werden. Einige von ihnen haben erst nach ihrer Fußballkarriere angefangen, im Poker aktiv zu werden, andere bringen beides erfolgreich unter einen Hut und finden so möglicherweise eine für sie optimale Trainingsabwechslung.

Tatsächlich gehört zu diesen Profis auch Ronaldo, also der Richtige aus Brasilien. Nach seiner Fußball-Legendenkarriere hat er sich dem in Brasilien sehr beliebten Poker gewidmet und ist darin so gut geworden, dass er regelmäßig bei renommierten Turnieren mitspielt. Anders als im Fußball, so sagt er, spielt er hier aber weniger spontan, sondern denkt viel mehr nach. Entspannter ist es für ihn allemal, geht ihm dort schließlich keiner bezüglich seines Gewichts auf die Nerven.

Auch Welt- und Europameister Gerard Piqué, der erst dieses Jahr aus der Spanischen Nationalmannschaft zurückgetreten ist, spielt liebend gerne Poker. Sein Vertrag in Barcelona läuft allerdings noch bis 2022, das heißt, „Piquenbauer“ wird auch noch in Zukunft beide Leidenschaften unter einen Hut bekommen. Im August 2017 schaffte er seinen bisher größten Pokererfolg und strich stolze 130 000€ ein. Besonders menschlich: Egal ob vor dem nächsten Fußball-Match oder einer Poker-Partie um hohe Summen – Piqué hat immer ein nervöses Kribbeln im Bauch. Lampenfieber lässt sich eben nie ganz besiegen und trifft auch die ganz Großen.

Der berühmteste Deutsche Fußballer mit Pokerleidenschaft ist ohne Frage Max Kruse. Der Bremer Stürmer mit Trikotnummer 10 sorgte schon für ordentlich Furore, als er vor laufenden Kameras im TV die bekannte Stefan Raab TvTotal PokerStars.de Nacht für sich entschied und zu allem Überfluss auch noch den Finaltisch bei einem Event der WSOP, den inoffiziellen Poker Weltmeisterschaften, erreichte. Diese finden jedes Jahr in Las Vegas statt und auch dieses Jahr nahm Kruse Teil, diesmal allerdings mit weniger Erfolg. Nichtsdestotrotz kann er nicht nur im klassischen Texas Hold’Em überzeugen, sondern auch in der Pokervariante Omaha. Gerade diese Vielseitigkeit bringt ihm in der Pokerszene viel Anerkennung ein und es ist davon auszugehen, dass er seiner Leidenschaft auch nach der aktiven Fußballerkarriere noch weiter nachgehen wird.

Als besonders erfolgreich hat sich Ex-Fußballer Roberto Romanello herausgestellt. Nach einer längeren Fußballverletzung war es mit seiner Kick-Karriere leider vorbei, trotzdem hatte er seine Zeit gut genutzt und sich stattdessen im Poker weitergebildet. Mittlerweile ist der Waliser ein waschechter Poker-Profi, der unter den ganz Großen mitspielt. Auf dem Weg hat er schon mehrere Millionen US-Dollar Preisgeld einspielen konnte. In seiner Heimat ist er damit einsamer Spitzenreiter und sein größter Einzelgewinn liegt bei unglaublichen 846 180 US-Dollar. Gar nicht mal so schlecht im Vergleich zu professionellen Fußballern.

Auch Megastar Neymar Jr. hat einen Hang zum Online-Poker. Der Brasilianer würde damit auch gar nicht aus der Norm fallen, ist doch wie oben bereits erwähnt das Pokern in Brasilien besonders beliebt und wird passioniert und beinahe fanatisch gespielt. Neymar Jr. soll sogar schon einmal einen Royal Flush in der Hand gehabt haben, das höchste Blatt beim Poker und quasi Garantie auf einen Sieg in der aktuellen Runde. Seine Fans können seine Leidenschaft über die sozialen Netzwerke mitverfolgen. Dort postet er ab und an Fotos von seinen Erfolgen mit den Karten. Auch abgesehen vom Poker ist es natürlich nie leise rund um den Megastar.

Was aber ist es wirklich, was die genannten Fußballer und darüber hinaus noch viele andere so am Poker fasziniert? Eines, das sicherlich dazu beiträgt, dass gerade Poker die Nummer 1 der Freizeitaktivitäten für viele Fußballer darstellt, ist, dass auch im Profifußball nicht immer Match oder Training stattfindet und so auch viele Freiräume entstehen, die gerade im Trainingslager oder auf den Mannschaftsfahrten gerne einmal langweilig werden. Da ist es kein Wunder, dass man sich eine Beschäftigung sucht und besonders Poker scheint hier ein häufig gewähltes Mittel zu sein.

Es heißt sogar, dass bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika Nationaltrainer Jogi Löw selbst einen Pokertisch mit ins WM-Quartier genommen haben soll, damit seine Spieler sich ihre überschüssige Zeit mit Pokerspielen vertreiben können. Bezüglich Teambuilding vielleicht etwas unorthodox, aber möglicherweise haben sie auch ihre ganz eigene Team-Poker Variante erfunden. Wer also viel und oft pokert, hat logischerweise auch viel Praxis und ist geübt mit den Karten. Kein Wunder also, dass so viele Spieler auch nach ihrem Karriereende dem Poker weiterhin treu bleiben.

Strategie und Ehrgeiz

Darüber hinaus sind auch gerade die beiden Aspekte Strategie und Ehrgeiz beim Fußball wie beim Poker von großer Relevanz. Fußballer sind es gewohnt sich 90 Minuten, 105 Minuten, 120 Minuten durch ein Spiel durchzubeißen und können nicht darauf hoffen, ausgewechselt zu werden, wenn sie müde sind. Sie sind generell zäh und bleiben am Ball. Dies ist beim Poker ein großes Plus. Zudem können sie sich psychologisch ganz auf ihre Gegner einlassen, wie sie es auch schon vom Fußball kennen und sehen dadurch vielleicht schneller alle kleinen Tricks und Kniffe, die der Gegner versucht, gegen sie einzusetzen.

Insgesamt wird deutlich, dass Fußball und Poker überhaupt nicht so verschieden sind und es gar nicht so verwunderlich erscheint, dass viele große Namen aus beiden Szenen die gleichen sind. Sportler sind eben auch in ihrer Freizeit Athleten.

Erwin Novotny

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