Im Spiel der 28. Runde der österreichischen Bundesliga empfing die Wiener Austria nach der langen Länderspielpause die Gäste aus Altach, die aus dem entfernten... Analyse: Glückliche Austria bezwingt Altach

Im Spiel der 28. Runde der österreichischen Bundesliga empfing die Wiener Austria nach der langen Länderspielpause die Gäste aus Altach, die aus dem entfernten Vorarlberg in die Bundeshauptstadt reisten. Die Violetten wollten dabei den Start in das letzte Saisonviertel gleich positiv gestalten und mit einem Sieg den ersten Schritt in Richtung Qualifikation für den Europacup setzen. Jedoch präsentierte sich der Gegner gut eingestellt auf die Veilchen und stellte den Gastgeber vor Schwierigkeiten, welche die Wiener lange Zeit nicht lösen konnten.

Altacher überraschen mit Systemumstellung

„Neues Spiel, neues System“ lautet wohl die Devise von Austria-Trainer Letsch, der wie die Spiele zuvor die Grundordnung veränderte und mit einer 4-2-2-2/4-3-3 Mischformation seine Truppe aufs Feld schickte, die darüber hinaus einige Überraschungen beinhaltet. So musste Abwehrchef Madl krankheitsbedingt kurzfristig ersetzt werden und so rutschte Kadiri in die Mannschaft, aber auch der junge Vesel Demaku durfte sein Startelfdebüt in der Bundesliga feiern und nahm die Position im defensiven Mittelfeld ein. Dafür rutschte Kapitän Holzhauser nominell aus dem Zentrum und schien in der Grafik zur Aufstellung auf dem rechten Flügel auf, was sich im Spiel als kein Darstellungsfehler herausstellen sollte.

Der Trainer der Veilchen hatte mit Holzhauser etwas Spezielles vor. Der Kapitän der Veilchen sollte eine stark eingerückte Rolle als Flügelspieler ausfüllen, in der er im Ballbesitz immer wieder ins Zentrum rückte und sich da vor allem im rechten Halbraum positionieren sollte, aber dennoch auch gegen den Ball seine Aufgaben auf dem rechten Flügel ausfüllen sollte. Damit wollte man das Spiel über das Zentrum stärken und Holzhauser sollte mit seinem starken linken Fuß die Angreifer bedienen. Gleichzeitig wurde dessen Rolle von seinen Mitspielern so ausbalanciert, dass Rechtsverteidiger Klein eine sehr hohe Rolle einnahm und oft Breite gab, einer der beiden Stürmer Ausweichbewegungen auf den rechten Flügel zeigte und sich auch Sechser Serbest immer wieder sich über den rechten Halbraum nach vorne einschaltete und somit offensiver agierte als sonst, während er vom jungen Demaku dabei abgesichert wurde . Aber auch Flügelspieler Pires zeigte sich flexibel und rückte bei Einrücken von Holzhauser oft nach vorne – agierte da auf einer Höhe mit den beiden Stürmern oder aber rückte stark ins Zentrum ein, weshalb auch die Mischformation zwischen 4-2-2-2 und 4-3-3 zustande kam. Die Austria wollte damit wohl für eine massive Präsenz im Zentrum sorgen und die Lehren aus dem letzten Spiel der Altacher ziehen, wo man gegen Sturm Probleme im Zentrum hatte. Jedoch machte das Trainerteam der Veilchen die Rechnung ohne den Trainer der Gäste Klaus Schmidt.

Die Gäste aus dem Vorarlberg ihrerseits wollten die Wiener scheinbar überraschen und veränderten ihre Grundformation nämlich ebenfalls vom üblichen 4-2-3-1 hin zu einem 5-1-2-2/3-5-2 – richteten das System damit eingehender auf den Gegner aus, wovon man sich wie der Kontrahent Vorteile im Spiel erhoffte. Dabei wollte man scheinbar die letzte Abwehrlinie verstärken, um die Schnittstellen enger zu halten, gleichzeitig aber auch immer wieder aus der Abwehr herausstechen können, ohne dabei Löcher zu hinterlassen. Zusätzlich bot man drei zentrale Mittelfeldspieler auf, um auch da ausreichend Präsenz im Mittelfeld zu haben. So gab es aber auch immer wieder einen Mechanismus zu sehen, wenn sich ein Innenverteidiger aus der Kette bewegte um zu attackieren, rückte der Sechser Müller zurück, um die Position des Verteidigers einzunehmen und die Fünferkette beizubehalten. Der Plan der Altacher war also offensichtlich – das Zentrum komplett dicht zu machen. Dabei griff man auch zu vielen Mannorientierungen, um eine klare Zuordnung zu gewährleisten. Man wollte dabei aber nicht nur ausschließlich tief hinten stehen, sondern attackierte auch weiter vorne und versuchte den Spielaufbau der Austria zuzustellen. Dies kann man beim ersten Bild gut sehen:

Austria versucht das Spiel aufzubauen, Altach rückt jedoch mit sechs Spielern nach vorne und nimmt die Gegenspieler in Manndeckung um sie zuzustellen. Die Folge davon – ein langer Ball nach vorne.

Und eines kann man wohl gleich anmerken, der Matchplan von Altach-Trainer Schmidt war gut durchdacht und absolut richtig. Mit dem Zustellen des Spielaufbaus der Austria hatte man relativ mühelos selbigen unterbunden und den Gegner zu langen Bällen gezwungen. Die Veilchen machten nämlich gar keine Anstalten zu versuchen, das Spiel von hinten flach und sauber aufzubauen, sondern griffen oft ohne große Not zum langen Ball. Von den beiden Innenverteidigern gab es nämlich keine Absetzbewegungen zu sehen, um das Feld breit zu machen und die gegnerische Formation auseinanderzuziehen, aber auch die beiden Sechser zeigten keinerlei Freilaufbewegungen und orientierten sich frühzeitig nach vorne. Daraus kann man schließen, dass man gar nicht vor hatte einen sauberen Spielaufbau aufzuziehen, sondern direkt auf den Kampf um den zweiten Ball zu gehen. Aber dadurch, dass man den Gegner gar nicht anlockte und es bereits reichte, wenn die beiden Stürmer energischer anliefen, standen die Altacher auch bei einem hohen Ball relativ kompakt im Kampf um den zweiten Ball und hatte da einen guten Zugriff.

Doch nicht nur in dieser Zone konnten die Vorarlberger die Austria abwürgen, auch in der eigenen Hälfte hatte man durch das eigene Defensivkonzept einen guten Zugriff auf den Gegner. Die Veilchen versuchten, wie bereits erläutert, eine hohe Präsenz im Zentrum aufzubauen und diese Zone zu überladen, um da kombinativ tätig zu werden, aber gleichzeitig auch gute Strukturen bei Ballverlust zu haben, um sofort ins Gegenpressing zu gehen. Darauf hatten sich die Altacher allerdings ebenfalls gut eingestellt und die passende Antwort darauf gehabt. Dadurch, dass man mit jeweils drei Innenverteidigern und zentralen Mittelfeldspielern auflief, die sich meist mannorientiert verhielten, hatte man auch im Zentrum ausreichend Personal, um die erhöhte Präsenz der Austria einfach zu kontern und wieder zu egalisieren. Dadurch konnte man das Feld eng halten und ein Netz um den Gegner spannen, aus dem man sich nur schwerlich befreien konnte.

Dazu muss aber auch angemerkt werden, die Austria machte es den Altachern auch relativ einfach. Zunächst sei gesagt, dass die Wiener sichtlich überrascht wurden von der Grundformation des Gegners. Man veränderte daher auch nach wenigen Minuten das Anlaufverhalten im Pressing von einem 4-4-2 auf ein 4-3-3, um besseren Zugriff auf die aufbauende Dreierkette der Vorarlberger zu haben. Es gab aber auch einige hausgemachte Probleme, die man sich mit der strategischen Ausrichtung einhandelte. Der Plan der Veilchen passte erstens nicht wirklich zu den Spielerprofilen, die man in der Startformation aufbot. Keiner der Offensivspieler fühlte sich in dieser Enge wirklich wohl und vor allem die beiden Stürmer agierten da relativ fehlerhaft, wodurch sich die Violetten nur selten spielerisch aus diesen Situationen befreien konnte. Da machte sich vor allem das Fehlen von Dominik Prokop bemerkbar, der sich in diesen engen Situationen wohlfühlt und sie als „Nadelspieler“ auflösen könnte. Die beiden Sachverhalte kann man beim nächsten Bild gut nachvollziehen:

Die Austria versuchte wie so oft zu Überladen und eine Überzahl herzustellen, jedoch kontert Altach dieses Vorhaben und rückt einfach selber massiv nach und hat dadurch sogar selber Überzahl. Dadurch gibt es aus dieser Situation keinen Ausweg.

Die violetten Gastgeber reagierten aber auch im Spiel nicht gut auf diesen Umstand. Einerseits ist es gerade gegen einen Gegner, der verstärkt auf Mannorientierungen setzt wichtig, sich gut zu bewegen und Räume für die eigenen Mitspieler zu schaffen, wie z.B. in die Tiefe zu sprinten, während ein weiterer Spieler eine Gegenbewegung macht und den geöffneten Raum besetzt. Diese Mechanismen sah man bei der Austria kaum, sondern es spielte sich meist alles auf engstem Raum ab und es gab wenn dann nur kurzräumige Bewegungen und Positionswechsel, die nicht schwer zu verteidigen waren. Da die Violettem aber nur selten versuchten das Spiel neu aufzubauen und das Spiel auf die andere Seite zu verlagern, gab es viele lange Bälle und Lupfer die Seite entlang, die relativ durchschaubar und einfach zu verteidigen waren. Weiters wurde aber auch das Positionsspiel mit Fortdauer der Partie immer unsauberer und man hatte oft keinerlei Breite im Spiel und teilweise eigenartige Staffelungen, wodurch man die gegnerische Formation gar nicht auseinanderzog und es den Altachern leicht machte, einfach engmaschig zu stehen und die Räume zu schließen. Vereinfacht kann man sagen, mit der erzwungenen Enge der Austria, machte man es den Vorarlbergern leichter zu verteidigen und einfach ein massives Netz um den Gastgeber zu ziehen, welche die Austria selber nochmal zusätzlich verstärkte und so quasi ein „doppeltes Netz“ um sich hatte. Die angesprochenen Punkte kann man auch im nächsten Bild entsprechend sehen:

Austria im Angriff, de facto befinden sich vierzehn (!) Spieler der beiden Mannschaften auf engstem Raum, da die Austria eine unpassende Struktur hat und ganz schlecht gestaffelt ist – ergo man sich auf den Füßen steht. Wenn ein Spieler ins gelbe Kästchen gehen würde (und ein weiterer im linken Halbraum zwischen den beiden Kästchen), müsste die Abwehr der Altacher breiter stehen, was automatisch die Schnittstellen vergrößert und ein Durchspielen überhaupt erst ermöglichen würde.

Dass die Austria dennoch leichte Feldvorteile in der ersten Halbzeit hatte, lag einerseits am passablen Umschaltspiel nach vorne, aber vor allem am ordentlichen Spiel gegen den Ball, wo man einerseits im Angriffspressing einige gute Ballgewinne verbuchen konnte, aber auch in tieferen Zonen ein kompaktes 4-4-2 auf das Feld brachte, wo man vor allem das Zentrum verschloss und da die Räume eng hielt. Altach hatte zwar ein leichtes Ballbesitzplus, konnte aber selber nicht wirklich in der Offensive für Gefahr sorgen, da man meist nur in die Breite spielen konnte und meist nur das Spiel von links nach rechts verlagerte, ohne anschließende Durchbrüche zu kreieren. Dennoch kam man nach wenigen Minuten auf die erste große Möglichkeit in der Partie, als die junge Innenverteidigung der Austria unsortiert war und Nutz Gebauer auf die Reise schickte, der jedoch den Ball neben das Tor setzte. Etwas später ging dann die Austria in Führung, nachdem Netzer Stürmer Friesenbichler zu Fall brachte und Holzhauser den Elfmeter zur 1:0 Führung trocken verwandelte. Im Anschluss plätscherte die Partie etwas so vor sich hin und war relativ zerfahren. Die Altacher versuchten zumindest Fußball zu spielen und das Spiel von hinten zu gestalten, während die Austria viel auf das Umschaltspiel setzte und sehr direkt agierte, wodurch man den Ball nicht lange in den eigenen Reihen zirkulieren ließ. Beide Seiten hatten noch je eine gute Möglichkeit, die Austria durch Friesenbichler und Altach durch Schreiner, die jedoch jeweils am Tor vorbeischossen. Wenn man noch ein Symbolbild braucht, um das Spiel in der ersten Halbzeit und über weite Strecken der Partie zu beschreiben, dann wäre es wohl dieses:

Riesiges Spielfeld, aber beide Mannschaften stehen sich mit ihren 22 Spielern unmittelbar gegenüber.

Altacher werden besser und Austria baut immer mehr ab

Nach dem Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit dauerte es auch nicht mehr lange, bis die Vorarlberger ihre strukturelle Überlegenheit auch aufs Feld brachten und die Austria vor große Probleme stellten. Bereits nach wenigen Minuten fand Stürmer Honsak die große Chance vor zum Ausgleich, jedoch schoss er aus kürzester Distanz Torhüter Pentz an. Wenig später war es dann aber soweit. Im Anschluss eines Eckballs kombinierten sich die Altacher rundum den Strafraum, bis Spielmacher Nutz einen Geniestreich auspackte und per Hacke den startenden Honsak bediente, der alleine vor dem Tor diesmal die Nerven behielt und zum 1:1 Ausgleich treffen konnte. Die Partie kippte nun endgültig auf die Seite der Gäste und die Austria bekam gar keinen Zugriff mehr auf die Partie und den Gegner. Das wurde insofern zum Problem, da das eigene Ballbesitzspiel bereits in der ersten Halbzeit nicht wirklich gut war und nun auch das Spiel gegen den Ball immer unsauberer und löchriger wurde. Die Abstände zwischen den Spielern wurden immer größer, wodurch Altach die Austria besser bespielen konnte und leichter nach vorne kam. Diese Löcher und Abstimmungsprobleme kann man auch gut im nächsten Bild sehen:

Altach im Spielaufbau, die Austria versucht zu pressen, jedoch verschlafen die beiden Sechser der Veilchen die Situation (gelber Kreis) und rücken nicht nach, weshalb der Sechser der Altacher im Umkreis von einigen Metern (!) keinen Gegenspieler hat und das gesamte Pressing der Veilchen mit einem einfachen Querpass aufgelöst wird.

Zum Leidwesen der Altacher musste dann mit Stürmer Honsak wenig später einer der Aktivposten verletzungsbedingt vom Feld, was sich auch sofort auf das eigene Offensivspiel auswirkte. Die Austria hingegen fand auch weiterhin in der Offensive weitestgehend nicht statt und fand keinerlei Lösungen gegen die Altacher. Der Trainer der Veilchen versuchte es dann mit einem frischen Spieler und brachte Venuto für den jungen Demaku, dessen Position stattdessen nun Kapitän Holzhauser übernahm. Auswirkungen auf das Spiel hatte dies nicht wirklich, da man am System und der Spielanlage nicht wirklich etwas änderte. Erst eine Viertelstunde vor Schluss brachte man mit dem Debütanten Fitz einen offensiven Mittelfeldspieler für Stürmer Monschein in die Partie, wodurch das System zu einem 4-2-3-1 wurde. Das hatte dann auch sofort positive Auswirkungen auf das Spiel der Veilchen, da man nun in der Offensive eine bessere Staffelung hatte, aber auch der junge Fitz frischen Wind in das Spiel brachte und konnte sofort mit einigen guten Aktionen auf sich aufmerksam machte. Zwingende Chancen sprangen dabei jedoch keine heraus, im Gegenteil. Auf der Gegenseite verpasste der eingewechselte Aigner mit einem Kopfball nur knapp die Führung. Wenig später gelang der Austria dann doch noch der Lucky-Punch, und was für einer. Nach einem tollen Spielzug und einmal Berühren, kombinierte man sich bis in den Strafraum, wo Flügelspieler Pires alleine vor dem Tor die Nerven behielt und zum späten 2:1 traf, der auch letztlich den Endstand und den Sieg besiegelte.

Fazit

Die Austria feierte also letztlich doch noch einen knappen Heimerfolg über Altach und sicherte sich damit extrem wichtige drei Punkte im Kampf um eine mögliche Europacupteilnahme. Allerdings bleibt das auch einer der wenigen positiven Aspekte an diesem Abend, denn die Leistung war über weite Strecken mau und mehr als durchwachsen. Trotz einer zweiwöchigen Pause und Vorbereitungszeit konnte man eine positive Entwicklung im Spiel der Veilchen nicht wirklich vernehmen und stattdessen vermehrten sich eher die Probleme. Kein kontrollierter Spielaufbau, keine gute Ballzirkulation und auch noch ein schlechtes Positionsspiel – das waren die größten Problemfelder an diesem Abend. Man hatte das Gefühl, dass das „System Fink“ und dessen Philosophie immer mehr aus den Köpfen der Spieler verschwindet – was sich vor allem im schwachen Ballbesitz- und Positionsspiel manifestierte – und stattdessen das „Red-Bull Gen“ langsam eingeimpft wird, was man auch anhand des 4-2-2-2 Systems, welches Red Bull in der Vergangenheit (und aktuell in Leipzig) meist praktizierte, und dieser extremen Fokussierung auf das Zentrum sehen konnte.

Die Frage ist jedoch, ob dieser Spielstil mit den vorhandenen Spielerprofilen überhaupt kompatibel ist, denn der Kader ist zweifellos anders ausgerichtet worden und keiner der aufgestellten Offensivspieler fühlte sich in dieser „Enge“ richtig wohl. Natürlich kann das Match und die gewählte Spielanlage auch nur ein Ausreißer nach unten und ein Ausrutscher sein und in der jetzigen Phase zählen sowieso nur Siege, jedoch hinterlässt dieses Spiel und vor allem die Art und Weise dennoch einige Fragezeichen für die nächsten Wochen – aber auch was die Zukunft von Thomas Letsch betrifft. Die Aufgaben werden jedenfalls nicht leichter, denn in den nächsten Wochen muss die Austria gegen Sturm, Rapid und den LASK ran, die als Aufgabe nochmal ein anderes Kaliber darstellen. Es bleiben also noch acht Spiele, um sich von einer besseren Seite zu präsentieren und doch noch das Unmögliche möglich zu machen.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic

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