In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder  taktischer Feinheiten genau untersucht... Toranalyse zur 16. Runde der tipp3-Bundesliga | Schicker, Alan

AlanIn dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder  taktischer Feinheiten genau untersucht und analysiert werden. In der Toranalyse zur 16. Runde nimmt abseits.at die Treffer von Rene Schicker (Admira Wacker) und Alan (Red Bull Salzburg) unter die Lupe.

SV Josko Ried – Admira Wacker Mödling 0:1, Rene Schicker (7. Minute)

Den schlechten Saisonstart, der im Punkteabzug wegen Lizenzverfehlungen gipfelte, scheint Admira Wacker überwunden zu haben. Zwar sind die Niederösterreicher noch immer Tabellenletzter, allerdings ist die Tendenz steigend. Nachdem man in der letzten Runde die Rekordserie von Red Bull Salzburg brach, holte man bei der SV Ried ein 2:2-Unentschieden. Symbolfigur für den Aufschwung ist Rene Schicker, der in den letzten vier Spielen sieben Scorerpunkte erzielte. Mit seinem sechsten Saisontreffer wollen wir diese Toranalyse eröffnen.

Das Markenzeichen der Rieder ist ihr starkes Pressing. Dass dieses jedoch noch nicht in Perfektion funktioniert, sah man bei diesem Tor. Zwar gelingt es, der Admira zunächst einen Pass nach hinten aufzuzwingen, allerdings schlägt der anschließende Versuch, den Ball zu erobern, fehl. Die Rieder legen ihr Pressing äußerst aggressiv an, wodurch individuelle Fehler beim Gegner wahrscheinlicher werden als bei einer abwartenden Herangehensweise. Andererseits erfordert es eine große gruppentaktische Reife. Offene Räume, die durch das Attackieren einzelner Spieler auftreten, müssen schneller nachbesetzt werden.

Besonders an die zentralen Spieler vor der Abwehr sind daher die taktischen Anforderungen sehr groß. Sie sind für die Absicherung der ersten Pressinglinie verantwortlich, müssen gegebenenfalls nach vorne rücken um den Druck hoch zu halten. Ein gutes Zusammenspiel der beiden Sechser und des Zehners im 4-2-3-1 ist unumgänglich. In dieser Situation ist dieses mangelhaft. Oliver Kragl (weiß), der linke Sechser geht hier dem Rückpass nach, allerdings fehlt zum einen das Nachrücken von Robert Zulj (schwarz) auf den Admira-Sechser im Zentrum und andererseits das Aufrücken des zweiten Sechsers. Aufgrund dessen kann sich die Admira relativ einfach vom Druck lösen.

Hier sieht man, dass Gernot Trauner (rot) erst spät reagiert und es zu einem alles-oder-nichts-Zweikampf kommt. Gewinnt der Rieder, kann sein Team mit bis zu fünf Spielern gefährlich werden, während bei Admira nur vier Spieler hinter dem Ball stehen würden. Verliert Trauner den Zweikampf hingegen, wäre mit einem Schlag die halbe Mannschaft aus dem Spiel genommen und die Admira hätte viel Platz  im Zentrum, müsste nur mehr die Viererkette überwinden. Genau dieser Fall tritt schließlich ein.

Die Auswirkungen des fehlgeschlagenen Pressings sieht man im obigen Bild. Die Admira kommt ohne Gegenwehr vor die Viererkette, die ihre Grundordnung auflösen muss. Thomas Reifeltshammer (grün) rückt auf den Ballführenden heraus, was eine Dreierkette gegen drei Gästespieler hinterlässt. Der linke Außenverteidiger und Bernhard Janeczek (blau) müssen einerseits etwas zusammenrücken um das Loch hinter dem herausgerückten Innenverteidiger zu schließen. Allerdings dürfen sie dies nicht zu weit tun, da ihre Gegenspieler sonst frei werden.

Hinzu kommt, dass Janeczek auch den Blick nach vorne nicht verlieren darf, da er für die Rückendeckung Reifeltshammers zuständig ist und daher mit dem Rücken zum Tor steht. Schicker (gelb) kann währenddessen immer in Richtung Tor schauen, hat dadurch einen erheblich Sprintvorteil. Der Admira-Stürmer positioniert sich zudem intelligent zwischen Innen- und Außenverteidiger, der ihn nicht direkt übernehmen kann, da der linke Flügelspieler der Admira das Spiel breit macht. Einziger Schönheitsfehler: der Stürmer stand beim Abspiel im Abseits.

SK Rapid Wien – Red Bull Salzburg 0:1, Alan (18. Minute)

Nachdem der Erfolgslauf von Red Bull Salzburg in der letzten Runde gestoppt wurde, traf der Tabellenführer im Spitzenspiel am vergangenen Wochenende auswärts auf den SK Rapid Wien. Zwar ging man in der 18. Minute durch Alan in Führung, verlor jedoch letztendlich mit 1:2. Der Führungstreffer ist dennoch eine genaue Betrachtung wert, da er die Stärken des Salzburger Umschaltspiels gut dokumentiert.

Ausgangspunkt ist das oben zu sehende Pressing auf einen zweiten Ball. Die Salzburger stehen in einem gut gestaffelten 4-1-3-1-1 da, wobei besonders die engen Positionierung von Valon Berisha, dem hängenden Stürmer, am Dreiermittelfeld und der weit eingerückte rechte Flügelspieler Dusan Svento (schwarz) ins Auge stechen. Hinter den drei Mittelfeldspielern ist zwar ein Wiener scheinbar völlig frei, allerdings ist er aufgrund dessen, dass er im Deckungsschatten von Christoph Leitgeb (weiß) steht nicht anspielbar.

Dadurch kann sich der Sechser tiefer positionieren und hätte mehr Handlungsspielraum falls sich der umstellte Rapidler befreien könnte. Er könnte mit Svento erneut großen Druck auf den Ballführenden ausüben oder einfach seinen Gegenspieler zustellen. Dazu kommt es aber ohnehin nicht, da Rapid aufgrund des guten Pressings den Ball an die Salzburger verliert. Besonders herauszustreichen ist dabei Leitgeb. Er gewinnt den Zweikampf und behauptet den Ball anschließend gegen das sofortige Gegenpressing. Rapid nimmt dabei ähnliches Risiko wie Ried beim obigen Tor zuvor.

Aufgrund dessen, dass der herausrückende Sechser den Ball nicht gewinnt, ergibt sich die obige drei-gegen-drei-Kontersituation, die für die verteidigende Mannschaften im Allgemeinen sehr schwer zu lösen sind. Der Gegner kommt in hohem Tempo daher, was eine gute Abstimmung der verbliebenen Dreierkette erfordert. Insbesondere Christopher Dibon (rot) muss in dieser Aktion innerhalb kurzer eine heikle Entscheidung treffen. Weicht er zurück oder attackiert er den ballführenden Gegenspieler? Das Problem dabei ist, dass sich bis auf ihn alle im Sprint agieren können, während er selbst mit dem Rücken zu Tor steht.

Würde sich Dibon fallen lassen, müsste er sich entweder erst umdrehen und beschleunigen oder gar rückwärtslaufen. In beiden Fällen wäre er von Leitgeb, der bereits im vollen Tempo ist, wohl einfach überlaufen worden. Unter diesen Umständen ist das Herausrücken Dibons also nicht als Fehler zu bewerten, zumal er das Spiel dadurch verzögert und Leitgeb zu einem unpräzisen Pass auf Svento drängt. Rapid hat dadurch die Möglichkeit sich neu zu ordnen, allerdings gelingt ihnen das nicht perfekt, da ihnen die Salzburger erneut wenig Zeit lassen.

Entscheidend dafür ist der lange Lauf von Rechtsverteidiger Christian Schwegler (blau), der den Ballführenden hinterläuft und anschließend auf Alan (gelb) querlegt. Dass der Brasilianer schlussendlich fast unbedrängt einschieben kann, liegt an der mangelhaften Zuordnung der Rapid-Innenverteidigung. Dibon orientiert sich wie zuvor nach vorne, allerdings wäre es in dieser Situation besser gewesen, nach hinten zu gehen. Mario Sonnleitner (grün) steht im Abwehrzentrum nämlich gegen zwei Gegenspieler alleine. Der Linksverteidiger muss daher enger bleiben und kann erst spät auf Schwegler gehen.

Zwar könnte man auch in dieser Situation damit argumentieren, dass aufgrund von Dibons Herausrücken das Spiel verzögert wird, jedoch ist Sventos Position für einen Torschuss ungünstig und zudem drängen bereits zwei Rapid-Spieler von der Seite auf den Slowaken. Übrigens ging auch der Siegtreffer von Marcel Sabitzer auf ein gutes Gegenpressing zurück, was ein weiteres Beispiel dafür ist, dass in gruppentaktischer Hinsicht in Österreich in letzter Zeit einiges vorangeht.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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