Die Leistungen der Wiener Austria sind weiterhin wechselhaft, man hat sich zwar in der prinzipiellen Flexibilität im Aufbau beim Übergang vom ersten ins zweite... Zwei Welten: Die aktuellen Probleme der Wiener Austria

Thorsten Fink - FK Austria Wien 2_abseits.atDie Leistungen der Wiener Austria sind weiterhin wechselhaft, man hat sich zwar in der prinzipiellen Flexibilität im Aufbau beim Übergang vom ersten ins zweite Spielfelddrittel gebessert, jedoch bestehen weiterhin offensichtliche Probleme im Spiel der Violetten. Diese analysieren wir nun genauer.

Ausrechenbar in der ersten Aufbaulinie

In der heurigen Saison hat Fink drei grundlegende Änderungen getätigt, die sich auf das Aufbauspiel der Wiener Austria auswirken.

Zum ersten ist dies das vermehrte Abkippen Holzhausers nach links, als nur in die Mitte. Dies ist so wie 2015/16, jedoch findet man ihn auch immer wieder auf rechts oder ab und an eben zwischen den Innenverteidigern wieder.

Zum zweiten ist dies die Rolle der Außenverteidiger, die sich situativ auch in den Halbräumen anbieten, wodurch dann ausschließlich die Flügelstürmer Breite geben. Dies soll die dribbelstarken Venuto und Pires besser in Szene setzen.

Zum dritten ist dies die Hereinnahme von Tarkan Serbest, der nun erste Wahl neben Holzhauser auf der Sechs ist und meist die Spitze der Aufbauraute der Austria gibt.

All diese Änderungen haben das Spiel der Austria durchaus verbessert, jedoch nur in Nuancen. Zudem gibt es gewisse Grundvoraussetzungen die fehlen, weshalb diese Änderungen nicht die erwünschte Auswirkung haben können.

Denn zwar kippt Holzhauser nun flexibler ab, jedoch ist weiterhin er es, der den Großteil des Aufbaus tätigt und im Vergleich zu den Innenverteidigern deutlich mehr Vertikalpässe schlägt. Dies macht die Austria ausrechenbarer, die auffächernden Innenverteidiger müssen von den Gegnern selten attackiert werden, da man von ihnen offensiv nur wenig Einflussreiches erwarten kann. Windbichler, Rotpuller und Filipovic machen im Aufbau weder Meter mit dem Ball, noch schlagen sie effiziente Vertikalpässe in den Zwischenlinienraum.

Das Einrücken der Außenverteidiger im Ballbesitz und das Besetzen der Halbräume ist etwas, das Guardiolas Bayern (und nun auch Manchester City) machen, um das Zentrum bei Ballbesitz zu überladen und mehr Anspielstationen für die Aufbauspieler in der ersten Linie zu haben.

Wie bereits erwähnt ist es ein Nachteil, wenn fast ausschließlich ein Spieler verantwortlich für den Spielaufbau ist. Noch dazu gibt es kaum Positionswechsel in der Mittelfeldraute, die sich oft mit der Hinzugabe eines Zehners (Grünwald/ Kehat) ergibt. Der FC Sevilla unter Sampaoli hat zum Beispiel bereits in nur wenigen Wochen der Vorbereitung Rotationsmechanismen erarbeitet, die dabei helfen sich von Mannorientierungen zu lösen. Diese sind ja vor allem in der österreichischen Liga üblich, weshalb viel Bewegung und Positionswechsel im Mittelfeld  verpflichtend für sauberes Kurzpassspiel sind. Auch gegen raumorientiert verteidigende Mannschaften hätte die Austria durch ihr vorhersehbares Aufbauspiel noch größere Schwierigkeiten Lücken zu finden.

Der Kader

Die Qualität des Kaders ist sicher die dritthöchste der Liga, die erste Elf kann in manchen Punkten auch über der Qualität Rapids angesehen werden. Jedoch fehlen dem Kader Breite und Kohärenz.

Denn aus der ersten Elf der Austria können bis auf Kehat (Grünwald) und Kayode (der Friesenbichler in mehreren Aspekten unterlegen ist!) keine Spieler des FAK adäquat von der Bank ersetzt werden. Abgesehen von der abfallenden Qualität bieten die Ersatzspieler der Austria nur wenig taktische Flexibilität, sodass man selten Einwechslungen mit Impact und Anpassungen tätigen kann.

Die Spieler der Austria und die taktischen Mittel, um die eigene Strategie auszuführen, passen nicht zueinander. Dies trifft vor allem auf die Innenverteidiger, sowie Kayode und Pires zu. Rotpuller und Filipovic könnten jedoch auch unter schwacher Einbindung im Spielaufbau leiden. Pires und Kayode bieten für die auf Kurzpassspiel ausgelegte Strategie die falschen Dienste an. Zu oft starten sie in die Tiefe, dies noch dazu oft mit falschem Timing. Mit dem Ball am Fuß sucht man meist simple Dribblings, deren Anschlussaktionen selten erfolgsstabil sind und selten über Doppelpassversuche hinausgehen.

Darunter leidet das ganze Spiel der Austria, da man im Angriff eigentlich meist mit Konterspielern auftritt, jedoch den Ball kontinuierlich mit flachen Pässen durchs Zentrum zirkulieren lassen will. Es treffen zwei Welten aufeinander.

Unter den zwei Sprintraketen leidet vor allem Roi Kehat, dessen Stärke in der Ballbehauptung in Engen und in kleinräumigen Kombinationen liegt. Kommt der Israeli an den Ball, kann er einem leidtun, denn seine Mitspieler starten meist in die Tiefe, laufen also von ihm weg. Einem kleinräumig agierenden Spieler die kurzen Anspielstationen zu nehmen, lässt ihn unorientiert und undynamisch wirken, wofür Kehat oft kritisiert wird. Durch seine grundlegende Athletik und nachrückende Spielweise ist deswegen Grünwald meist der bessere Zehner für diese Art von Mitspieler, wie sie Kayode und Pires sind.

Fazit

Die Austria hat zwei große Baustellen, die bearbeitet werden müssen. Dies geht vor allem über das Training. Das Trainerteam muss her die richtigen Hebel in Bewegung setzen und die Zahnräder passender aneinanderreihen, um sie sauberer ineinandergreifen zu lassen.

Thorsten Fink und sein Team scheinen grundsätzlich interessante Ideen zu haben, an der Umsetzung mangelte es jedoch schon beim HSV oft, wo der ehemalige FC Bayern Spieler Strategie und Formationen oft wechselte, jedoch nie DIE Identität fand.

Auch bei der Austria scheint man sich zwischen Streben nach Barcelona-haftem „juego de posición“ und dem Nutzen der schnellen Flügeldribbler mit blitzschnellem Umschalten hin- und hergerissen zu fühlen. Zwar ist der Kader eben eine dieser Baustellen, wird jedoch nicht nur mit Transfers, sondern vor allem auch mit der richtigen Einbindung zu verbessern sein.

David Goigitzer, abseits.at

David Goigitzer

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