Am Sonntag gab die Wiener Austria ihren dritten Neuzugang für die kommende Saison bekannt. Nach den Rückkehrern Robert Almer und Ismael Tajouri verstärkten sich... Antrittsschnell, dribbelstark und mit guter Technik: Das ist Austrias neuer Stürmer Olarenwaju Kayode

FK Austria Wien - Wappen mit FarbenAm Sonntag gab die Wiener Austria ihren dritten Neuzugang für die kommende Saison bekannt. Nach den Rückkehrern Robert Almer und Ismael Tajouri verstärkten sich die Veilchen mit Olarenwaju „Lary“ Kayode, der einen Vierjahresvertrag bekam. abseits.at stellt den nigerianischen Stürmer vor und nimmt seine Spielweise unter die Lupe.

Quantitativ gab es bei der Austria eigentlich wenig Handlungsbedarf im Angriff, stehen aktuell doch vier Stürmer im Profikader. Jedoch war man nicht in der Lage, das Loch, das der Abgang von Omer Damari hinterließ, auch nur ansatzweise zu stopfen. Dementsprechend überrascht es nicht, dass man auf dem Transfermarkt aktiv wurde und einen talentierten Offensivspieler an den Verteilerkreis holte.

Weit gereist trotz jungen Alters

Obwohl Kayode erst 22 Jahre alt ist, ist er in der Fußballwelt schon viel herumgekommen. Österreich ist bereits das sechste Land, in dem er einen Vertrag unterschrieb. Seine vorherigen Stationen waren Vereine in Israel, der Elfenbeinküste, der Schweiz, Ghana und selbstverständlich in seinem Heimatland Nigeria. Dass er nun bei der Austria gelandet ist, ist durchaus als Glücksfall für die Wiener zu werten, denn der ehemalige Nachwuchsteamspieler wurde Gerüchten zufolge im Winter unter anderem von Klubs von der Insel und aus Belgien gejagt. Sein Noch-Verein, Maccabi Netanya, wäre aufgrund schwerer Finanzprobleme einem Transfer auch nicht abgeneigt gewesen.

„Antrittsschnell, dribbelstark und mit guter Technik“

Auf internationaler Ebene konnte Kayode bei der U20-Weltmeisterschaft 2013 in der Türkei aufzeigen, wo er in vier Spielen zwei Tore erzielte und zu zwei weiteren die Vorlage lieferte. Im technischen Bericht der FIFA wurde er als Schlüsselspieler bei den Flying Eagles ausgemacht. Kayode, so im offiziellen Dokument ausgeführt, sei ein „antrittsschneller und dribbelstarker linker offensiver Mittelfeldspieler mit guter Technik“. Allgemein verkörperte er den Spielstil der Nigerianer sehr gut. Er ist zwar nur 1,74m groß, aber trotzdem sehr athletisch.

Kayode verfügt über eine enorme Explosivität und ist, insbesondere wenn er mal Tempo aufgenommen hat, nur äußerst schwer zu bremsen. Sowohl auf den ersten Metern als auch in der Endgeschwindigkeit dürfte es in der österreichischen Liga nur wenige Spieler geben, die ihm das Wasser reichen können. Schwierigkeiten mit der Ballkontrolle und der Koordination bekommt er auch im hohen Tempo nicht. Dadurch kann er ohne weiteres im Konter auch mehrere Gegenspieler ausspielen. Vielmehr hat er dann Probleme, das Spiel selbst wieder zu beschleunigen, wenn er gestellt wird.

Kayodes Rolle in der Offensive bei Netanya

Während Kayode bei der U20-WM am Flügel agierte, spielte er bei Netanya als Stürmer in einer 4-4-1-1-Grundordnung vor Eran Levy, dem Kapitän des Teams. Der 29-Jährige ist im Gegensatz zum explosiven Nigerianer ein äußerst statischer Spieler, der noch dazu etwas unsportlich wirkt, aber sich taktisch gut zu bewegen weiß und gute Pässe spielen kann. Wie viele Aufsteiger wählte Netanya eine abwartende Spielweise, bei der der passstarke Levy und der antrittsschnelle Kayode wichtige Akteure im Umschaltspiel waren.

Die Abläufe dabei waren jedoch keineswegs zu hundert Prozent sauber. Dass sie dennoch oft zum Erfolg führten, ist zu einem guten Teil auf die Qualität der israelischen Liga zurückzuführen. Die Läufe von Kayode im Umschaltspiel sind extrem stark Richtung Tor gerichtet, sodass er zuweilen das Spiel in die Tiefe behindert, wenn er nicht in Ballbesitz ist. Das ist bei Balleroberungen in der eigenen Hälfte weniger ein Problem, als in der gegnerischen Hälfte, wo die Räume naturgemäß kleiner sind. Taucht er jedoch vor dem Tor auf, ist er eiskalt.

Das aktuell größte Manko hat das Neo-Veilchen im Kombinationsspiel. Zwar ist ihm nicht abzusprechen, dass er sich in dieses einbinden will, seine Bewegungen sind aber nur selten effizient. Er lässt sich zwar ab und zu nach hinten fallen oder weicht auf die Seiten aus, lässt dort den Ball aber meist nur wirkungslos prallen, sodass kaum Dynamik entsteht. In dieser Hinsicht hat das gesamte Team Aufholbedarf, weil das Kombinationsspiel allgemein wenig dynamisch ist – obwohl die teils großen Abstände bei den Gegnern großes Potenzial dafür bieten würden.

So entstanden die Tore, die Kayode in Israel erzielte, nicht aus längeren Kombinationen, sondern waren meist entweder das Resultat aus Umschaltmomenten oder individuellen Fehlern des Gegners im Spielaufbau, wo Kayode seine Antrittsstärke ausspielen konnte. Weitere Chancen erarbeitete er sich im wahrsten Sinne des Wortes: er setzte auch in aussichtslosen Situationen nach, was zwar weniger für seine taktisch-strategischen Fähigkeiten spricht, dafür umso mehr für seinen Einsatzwillen und seine Leidenschaft. In einer Liga wie der israelischen durchaus kein Punkt, der sich negativ auswirkte.

Kayodes Rolle in der Defensive bei Netanya

Im Spiel gegen den Ball ist Kayode im Allgemeinen unauffällig. Netanya setzte meist auf ein 4-4-2-Mittelfeldpressing, bei dem die Stürmer sehr passiv agierten. Sie positionierten sich eng aneinander, bewegten sich kaum aus dem Zentrum heraus. So konnte man ein direktes Vordringen durch die Mitte verhindern, jedoch wurde über die Außen bzw. Halbräume die erste Pressinglinie schnell und einfach überspielt. In den daraus resultierenden Situationen zog sich meist nur Levy zurück, während Kayode hoch blieb. Dadurch musste man hinten Abstriche in puncto Zugriff machen, hatte aber enormes Potenzial bei Kontern, weil Kayode viel Platz bekam.

In den kurzen Phasen des Angriffspressings zeichnete sich Kayode durch impulsartiges Anlaufen aus. Das heißt er bewegte sich auch dort meist wenig in Richtung Ball, sondern belauerte bestenfalls Passwege. Dann nutzte er seine extreme Dynamik allerdings dahingehend, dass er den Druck auf den Ballführenden sprungartig steigerte, indem er ihn frontal anlief. Da manche Verteidiger eine niedrige individuelle Qualität hatten, kamen sie mit diesen Stressaktionen nicht zurecht und es gab auf diese Weise direkte Balleroberungen. Dieser Mechanismus war in der Vergangenheit übrigens auch in der österreichischen Liga ab und an erfolgreich.

Fazit: Kayode ≠ Damari ≠ Hosiner

Die Erwartungen an Kayode sind sehr groß – durchaus zurecht. Vor allem mit seiner Athletik und seinen technischen Fähigkeiten im hohem Tempo dürfte er in der Bundesliga von Beginn an für Gefahr sorgen. Andererseits ist es äußerst fraglich, ob er hierzulande ebenso regelmäßig derartige Freiräume bekommt wie in Israel, da die Austria im Allgemeinen selbst das Spiel machen wird und die Gegner im Allgemeinen kompakter stehen werden. Dementsprechend wird es im sportlichen Bereich vor allem darauf ankommen, dass er sein Verhalten im Kombinationsspiel verbessert bzw. seine Bewegungen passend eingebunden werden.

Philipp Hosiner hatte in dieser Hinsicht beispielsweise ein ähnliches Bewegungsprofil. Andererseits passte der Torschützenkönig der Saison 2012/2013 seine Bewegungen im Laufe der Zeit situativ an, ging nicht mehr ständig in die Tiefe, sondern öffnete Räume für seine Mitspieler. Auch Omer Damari war grundsätzlich ein anderer Spielertyp als Kayode. Der 26-Jährige hatte zwar wenig Ballkontakte, bewegte sich aber im Angriffsdrittel bzw. in der Gefahrenzone ungemein stark. Beide Spieler kamen auf ihre Art und Weise schließlich auf eine sehr gute Torquote. Die Fußstapfen für Kayode sind also groß – sein Potenzial jedoch auch.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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