Leitner? Moritz? Wenn man auf Österreichs Straßen fragt, wer sich hinter diesem Namen denn verbergen könnte, erntet man zumeist Gegenfragen. Man habe den Namen... Moritz Leitner – der Spion, der mich liebte

Leitner? Moritz? Wenn man auf Österreichs Straßen fragt, wer sich hinter diesem Namen denn verbergen könnte, erntet man zumeist Gegenfragen. Man habe den Namen noch nie gehört, wer denn das sei und überhaupt. Anderen Orts ist der junge Moritz Leitner derzeit in aller Munde.

Der Mann mit dem goldenen Fuß

Leitner ist fussballaffinen Zeitgenossen schon seit langer Zeit ein Begriff. Leitner, der am 8. Dezember seinen 19. Geburtstag feiert, begann im Münchner Vorort Unterföhring Fußball zu spielen. Als der kleine Moritz mit fünf Jahren bereits 9-Jährige austanzte, als wären sie Hydranten, wurden die Münchner Löwen auf den Knirps aufmerksam. 1860 München bildete den Sprössling die gesamte Jugendzeit über aus und begann im Jahr 2010 davon zu profitieren. Reiner Maurer ließ Leitner die gesamte Vorbereitung mit der Kampfmannschaft mitmachen und verhalf ihm zu seinem Pflichtspieldebüt für die 60er, als er Leitner im DFB-Pokalspiel gegen den SC Verl einwechselte. Insgesamt lief Leitner 16 Mal für 1860 München auf, während seiner Leihe zum FC Augsburg 2011 brachte er es auf neun Einsätze. Als der große BVB anklopfte, konnten weder Leitner selbst, noch 1860 München ablehnen. Leitner hatte bei Jürgen Klopp Begehrlichkeiten geweckt. Klopp, der bereits in Mainz bewiesen hatte, dass er mit jungen Spielern hervorragend zusammenarbeiten kann, sah in Leitner die perfekte Investition in die Zukunft. Offiziell gehörte Leitner bereits seit 1. Jänner 2010 den Dortmundern, aufgrund der erfolgreichen Mannschaft wollte man Leitner aber in Augsburg Spielpraxis sammeln lassen, bevor er zum Meister zurückkehrte. Mittlerweile spielte der noch 18-Jährige sogar schon in der Champions League von Anfang an. Im Spiel gegen Olympiakos Piräus stand er in der Dortmunder Startelf.

Der Spion, der mich liebte

Nachdem Leitner, der Sohn einer Steirerin und eines Deutschen, in der U-17 für Österreich gespielt hatte, war in den darauf folgenden Jahren kein Lebenszeichen vom ÖFB zu vernehmen. Man verlor Leitner aus den Augen, während sich der Rohdiamant weiter entwickelte und in München bei 1860 zum Hoffnungsträger geschliffen wurde. In Deutschland blieben die guten Leistungen des Doppelstaatsbürgers nicht unbemerkt. Ralf Minge nominierte Leitner nur einen Tag nach der Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft für die U-19-Nationalmannschaft Deutschlands. Seither bestritt Leitner acht U-19-Spiele (sieben Tore) und spielte drei Mal in der U-21 des Vize-Europameisters (ein Tor). Durch seine guten Leistungen in den Nachwuchsnationalteams und bei Borussia Dortmund erwachte der ÖFB plötzlich wieder aus dem Tiefschlaf und buhlte um die Gunst des zentralen Mittelfeldspielers. Der will sich aber vorwiegend auf seinen Verein konzentrieren und ließ mehrere Male durchblicken, dass er lieber für Schwarz-Rot-Gold als für Rot-Weiß-Rot auflaufen möchte. Der neue Teamchef Marcel Koller ließ bereits anklingen, trotzdem weiterhin um Leitner zu kämpfen und schickte Liebesgrüße aus Wien nach Dortmund. Dort zeigte sich Leitner zwar geschmeichelt darüber, dass sich ein neuer Teamchef noch vor seinem ersten Länderspiel Gedanken über einen 18-Jährigen, der noch kein Profi-Tor erzielte, macht, einen Meinungsumschwung hätte aber auch diese Geste nicht bewirkt. Koller, der Leitner bereits mehrere Male beobachtete, ist der erste Spion des ÖFB seit Jahren, der wegen ihm spionierte.

Hoffnung, stirb an einem anderen Tag

Die Hoffnung darauf, dass Moritz Leitner irgendwann doch für Österreich spielen könnte, wird aber in jedem Fall noch lange bestehen. Endgültig entschieden ist das Rennen um das Juwel erst, wenn Leitner ein Pflichtspiel für eine der beiden Nationen bestritten hat. Das bedeutet, er muss entweder in einer Qualifikation für ein Turnier oder während einer Endrunde zum Einsatz kommen. Der früheste Zeitpunkt für eine endgültige Entscheidung wäre also Sommer 2012, wenn Deutschland zur EM nach Polen und die Ukraine reist. Theoretisch könnte Leitner sogar Freundschaftsspiele für Österreich bestreiten und im EM-Kader von Jogi Löw stehen – wird er bei der Europameisterschaft nicht eingesetzt, wäre er danach theoretisch immer noch für Österreich spielberechtigt. Die Wahrscheinlichkeit auf eine EM-Nominierung Leitners ist aber so oder so äußerst gering. Die Konkurrenz in der deutschen Zentrale ist schier übermächtig: Schweinsteiger, Rolfes, Sven und Lars Bender, Özil, Götze, Khedira und Holtby kämpfen um drei Plätze in der Startelf. Also hat Marcel Koller wohl noch knapp ein Jahr Zeit, Leitner mit guten Argumenten doch noch von einem „Ja zu A“ zu überzeugen. Am besten geht das wohl mit attraktivem Fußball und guten Ergebnissen in den Länderspielen.

Man lebt nur zwei Mal

Sollte sich Leitner doch noch für eine Karriere im österreichischen Team entscheiden, würde er sich in die Liste der Spieler eintragen, welche für zwei Verbände gespielt haben. Ganz so unwahrscheinlich ist es nicht, dass Deutschland Leitner ziehen lässt. Jermaine Jones spielte in Deutschlands U-21, im „Team 2006“ sowie drei Mal für die deutsche Nationalmannschaft. Bei diesen drei Einsätzen handelte es sich allerdings um Freundschafts- und keine Bewerbsspiele, sodass Jones, der auch über die US-amerikanische Staatsbürgerschaft verfügt, im Sommer 2009 den Verband wechseln durfte. Wegen einer Verletzung debütierte der defensive Mittelfeldspieler aber erst im Oktober 2010 gegen Polen. Mittlerweile hat Jones zwölf Länderspiele (ein Tor) für die USA vorzuweisen. Leitner könnte also, ähnlich wie Jones, versuchen, in Deutschland Fuß zu fassen und danach entscheiden, für welches Land er die Fäden im Mittelfeld ziehen möchte. Ob ein Nationenwechsel der Marke Jones bei den Fans der beiden Länder gut ankommt, ist derweil ungewiss. Sportlich wäre Leitner für Österreich aber zweifellos eine Überlegung wert.

Archimedes, abseits.at

Archimedes

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