Nach dem Amine Harit vom FC Schalke 04 in der letzten Saison mit Verletzungen und – vor allem – privaten Problemen zu kämpfen hatte,... Amine Harit: Endlich angekommen!?

Nach dem Amine Harit vom FC Schalke 04 in der letzten Saison mit Verletzungen und – vor allem – privaten Problemen zu kämpfen hatte, legte er in den ersten fünf Spielen der neuen Spielzeit einen vielversprechenden Start hin.

Es war sein großer Moment: Amine Harit schnappt sich in der 89. Minute des Bundesligaspiels zwischen seinem FC Schalke 04 und dem FSV Mainz 05 beim Stand von 1:1 den Ball. Er lässt Gegenspieler Karim Onisiwo kurz vor dem Strafraum stehen, dribbelt noch ein paar Meter und vollendet dann per Außenrist. Ein wunderschönes Tor; gleichzeitig der 2:1-Siegtreffer für die Königsblauen.

„Ich habe gesehen, dass die lange Ecke offen war, aber konnte nicht mit links schießen, da ich zu wenig Platz hatte“, sagte der 22-Jährige nach dem Spiel. „Es war das schönste und wichtigste Tor meiner Karriere“, fügte er hinzu.

Keine Frage: Der marokkanische Nationalspieler war für seinen Verein der Mann des Spiels, beim mittlerweile dritten Sieg in Folge; schon den Führungstreffer von Suat Serdar hatte Harit wunderbar vorbereitet.

Beim 5:1-Erfolg der Schalker vor einer Woche beim SC Paderborn 07, hatte Harit bereits zweimal getroffen. In ein ansonsten eher dröges Offensivspiel bringt er den Schuss Kreativität, die Unberechenbarkeit mit rein. Eben weil Harit sich auch einmal das Eins-gegen-Eins zutraut. Damit könnte er in dieser Saison zu Schalkes wichtigstem Spieler im Angriff werden.

Eine Möglichkeit, die vor einem halben Jahr noch fernab der Realität lag. Da wollte der damalige Sportdirektor Christian Heidel – der ihn im Sommer 2017 für acht Millionen Euro vom französischen Erstligisten FC Nantes holte – Harit loswerden. Am besten so schnell wie möglich. Er galt als einer der sportlichen Sündenböcke bei einem Verein, der nach einem zweiten Platz in der Vorsaison plötzlich in Abstiegsnöte geriet.

Dabei war immer wieder von einem unprofessionellem Lebenswandel Harits die Rede. Er galt als einer der typischen jungen Spieler, die zwar mit viel Talent gesegnet sind – aber zu viele Flausen im Kopf haben, um dieses auf den Platz zu bringen.

Was man bei der Diskussion um den offensive Mittelfeldspieler jedoch schnell vergaß: kurz vor dem Start der Vorbereitung auf die Saison 2018/19, wurde das Leben des jungen Mannes gewaltig auf den Kopf gestellt.

Ende Juni 2018 war Harit in seinem Heimatland Marokko in einen Autounfall mit Todesfolge verwickelt. Laut des Polizeiberichts hatte der damals 21-Jährige in Marrakesch einen 18-Jährigen überfahren. Harit, der laut eigenen Aussagen keine Chance gehabt hätte den Unfall zu verhindern, wurde zu vier Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt.

Ende Juni sprach der gebürtige Franzose in einem Interview mit der L`equipe erstmals über den Vorfall. Die Zeit danach sei für ihn „sehr kompliziert“ gewesen. Immer wieder musste er an das Opfer denken. Harit habe versucht, nach dem Unfall sportlich wieder „der Gleiche wie in der letzten Saison“ zu sein.

Ein Vorhaben, an dem er letztlich scheiterte, ja scheitern musste: „Aber auf dem Platz habe ich gemerkt, dass ich das nicht schaffe. Ich habe mich selbst belogen“, so Harit. Zudem hatte er auch körperlich immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Sportlich wollte es daher einfach nicht laufen: Trainer Domenico Tedesco strich in zeitweise aus dem Kader.

Unter dem neuen Trainer David Wagner hat er jedoch wieder Vertrauen zu sich und seinen Fähigkeiten gefasst: „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis und reden viel miteinander“, sagte Harit über Wagner. Sein Trainer würde ihm dabei „viel Selbstvertrauen“ geben.

An seinem Defensivverhalten muss Harit aber noch arbeiten, das weiß er und das weiß Wagner erst recht, der das Abwehrverhalten seines Schützlings als „große Baustelle“ bezeichnete. Auch in der Offensive gibt es noch einiges zu verbessern; so geht Harit zwar im Schnitt gleich 3,2 Mal ins Dribbling, verliert den Ball aber auch recht häufig durch unsaubere Aktionen.

Im Abschluss muss er sich zudem mehr zutrauen: 1,6 Schüsse pro Spiel sind noch recht wenig für einen Spieler, der das Zeug hat, eine Offensive maßgeblich zu bestimmen. Das muss bei Harits Fähigkeiten das Ziel von ihm und Wagner sein. Die Tendenz stimmt mit drei Toren und einer Vorlage nach fünf Spielen aber. Harit scheint in der Bundesliga somit endlich angekommen zu sein.

Ral, abseits.at