Folge 4: England – Italien 1934 oder der „Battle of Highbury“. Ein Bericht über ein Duell, das wohl eines der brutalsten Fußballspiele aller Zeiten... Football at its best – die bemerkenswertesten, kuriosesten, legendärsten Fußballspiele aller Zeiten (Teil 4)

Folge 4: England – Italien 1934 oder der „Battle of Highbury“. Ein Bericht über ein Duell, das wohl eines der brutalsten Fußballspiele aller Zeiten war und das als heimliches WM-Finale in die Geschichte einging.

14. November 1934: In London trafen die Nationalmannschaften von England und Italien zu einem Freundschaftsspiel aufeinander. Doch diese Bezeichnung wurde diesem Spiel nicht gerecht. Denn diese Begegnung würde in der Nachbetrachtung als „mehr Schlacht als Fußballspiel“ bezeichnet werden. Aber alles der Reihe nach.

Mutterland gegen Weltmeister

Fünf Monate zuvor krönte sich Italien im eigenen Land zum Weltmeister. England, das Mutterland des Fußballs, war 1928 aus der FIFA ausgetreten und nahm daher nicht an der WM in Italien teil. Dennoch galt die englische Mannschaft als stärkstes Nationalteam zu dieser Zeit. Aus Sicht der Briten war eine Weltmeisterschaft sowieso nur eine Kräftemessen von schwächeren Mannschaften und hatte somit auf der Insel nur einen geringen Stellenwert. Denn die Meinung in England war, dass man selbst den bei weitem besten und erfolgreichsten Fußball spielt.

Da nun der amtierende Weltmeister in England zu Gast war, wurde dieses Spiel zu einem heimlichen WM-Finale. Mit einem Sieg wollte sich England zum inoffiziellen Weltmeister küren.

Sieben Spieler von Arsenal und ein Alfa Romeo als Prämie

Das Spiel fand im Highbury Stadium in London vor 56.000 Zuschauern statt. Also in der Heimstätte des FC Arsenal, welcher zu dieser Zeit auch das beste Team Englands war. Gleich sieben Akteure des Serienmeisters spielten in der englischen Mannschaft.

Auch in Italien war das Interesse an diesem Spiel sehr groß. Italiens Diktator Benito Mussolini versprach den Spielern im Falle eines Sieges einen Alfa Romeo als Prämie. Mussolini wollte einen Sieg für seine Propaganda nutzen, so wie er es schon mit dem WM-Titel Monate zuvor gemacht hatte.

Frühe Tore und ein drohendes Debakel

England startete fulminant. Zwar vergab man in den ersten Minuten noch einen Elfmeter, doch nach zwölf Minuten stand es bereits 3:0. Italien drohte in ein Debakel zu schlittern. Noch dazu brach sich Luis Monti nach nur zehn Minuten das Bein. Da damals noch keine Auswechslungen erlaubt waren, musste der Weltmeister ab nun in Unterzahl agieren. Dadurch aufgestachelt folge nun eine brutale Härteschlacht.

Verletzungen en masse

Italiens Spieler wollten mit einer härteren Gangart dem Spiel eine Wende geben. Die Folge waren nun jede Menge Verletzungen auf Seiten der englischen Spieler. Dem englischen Kapitän Eddie Hapgood wurde die Nase gebrochen. Ray Bowden wurde der Knöchel übelst zertreten und Ted Drake wurde von einem Italiener so brutal niedergestreckt, dass der Mannschaftsarzt nach dem Spiel berichtete, Drakes Bein hinge „quasi in Fetzen“. Und Stürmer Eric Brooke brach sich den linken Arm.

Fußball gespielt wurde auch noch…

Italien zeige auch sportlich noch etwas und kam kurz nach der Pause durch zwei Tore von Giuseppe Meazza noch auf 2:3 heran. Doch über weite Strecken glich das Spiel mehr einer Schlägerei, denn einem Fußballspiel. Italien hatte noch gute Chancen auf den Ausgleich, doch der Spielstand änderte sich nicht mehr und England ging als Sieger vom Platz. Aber die englische Mannschaft glich nach dem Spiel eher einem Lazarett.

Nachbetrachtung in England…

Die englische Presse war erbost über die harte Gangart der Italiener. Einer der englischen Spieler wurde mit „It was not a game of football, it was a battle“ zitiert. Der Titel „Battle of Highbury“ war somit geboren. Durch den Sieg bezeichneten sich die Engländer nun als inoffizieller Weltmeister.

Auf der Insel entbrannte weiters eine heftige Diskussion, ob die Three Lions überhaupt noch gegen ein Team vom europäischen Festland antreten solle. Die Engländer verstanden sich als Hüter des Fair-Play und zeigten sich über die Spielweise der Italiener schockiert. Sie hatten Angst, dass ihr schöner Sport von Brutalitäten zerstört würde. Doch die Stimmen, die verlangten die Mannschaft nur mehr auf den britischen Inseln spielen zu lassen, setzten sich nicht durch und in den Folgejahren gab es weitere Duelle mit Mannschaften aus Kontinentaleuropa. An einer Weltmeisterschaft nahm England erstmals im Jahr 1950 teil.

…und in Italien

In Italien war man auf die Leistung der Mannschaft durchaus stolz. Immerhin konnte man mit der starken englischen Mannschaft mithalten und lieferte eine tapfere wenn auch unbelohnte Aufholjagd. In Italien wurde die Mannschaft trotz der Niederlage als die „Löwen von London“ gefeiert. Ob die Spieler trotzdem einen Alfa Romeo bekamen gilt als ungeklärt.

fußboller, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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