An diesem Wochenende starten die Bundesliga und die Serie A als letzte der fünf großen europäischen Ligen in die neue Saison. Viele Leute denken,... Spielplananalyse der Top-5-Ligen 2020/21

An diesem Wochenende starten die Bundesliga und die Serie A als letzte der fünf großen europäischen Ligen in die neue Saison. Viele Leute denken, dass die Spielpläne heutzutage zufällig durch einen Computer bestimmt werden. Dies ist auch zum Teil zutreffend, aber nicht völlig. Um einen Einblick auf die Einflussfaktoren Vermarktung und Fernsehsender zu gewinnen, anhand der die Spielpläne erstellt werden, wird mit diesem Artikel analysiert, wann es warum zu den Topspielen in den jeweiligen Ligen kommt und wer wann in der Saison starke Gegner hat. Abschließend folgt ein Blick auf die Daten der Pokalfinals und ein Exkurs nach Portugal.

Die Ligue 1 veröffentlichte ihren Spielplan bereits am 9. Juli, was dadurch möglich war, dass die letzte Spielzeit abgebrochen wurde, nicht noch Spiele stattfanden wie in England, Spanien und Italien sowie der Tatsache, dass der erste Spieltag bereits am Finalwochenende der CL und EL ausgetragen wurde. Danach folgte die Bundesliga (7. August), die bekanntlich auch die Liga von den verbliebenen vier war, die die vorherige Saison am frühesten (Ende Juni) beendete. Die Premier League (20. August), La Liga (31. August) und Serie A (2. September) schlossen sich daran an. Das späte Datum von La Liga und Serie A erklärt sich u.a. dadurch, dass noch bis zum 20. August (Italien) und 23. August (Spanien) die Aufstiegsplayoffs stattfanden.

Doch welche Faktoren spielen überhaupt eine Rolle bei der Spielplanerstellung?

Einflussfaktoren

Fernsehsender haben Einfluss, aber auch die Ligen selbst wollen natürlich die Topspiele möglichst verteilt über die Saison haben, damit die Aufmerksamkeit während möglichst jedes Wochenendes ziemlich hoch ist. Dazu kommen Feiertage, Wünsche der Klubs sowie der Polizei und die Berücksichtigung von Anreisewegen verfeindeter Fangruppierungen. Auch unterklassige Ligen müssen beachtet werden, gibt es doch Klubs mit großen Fananhang, die in der Nähe eines Erstligisten beheimatet sind. Dazu sollte es möglichst vermieden werden, Topspiele in englischen Wochen anzusetzen, da dort die internationale Beachtung geringer ist, denn erstens ist die Anstoßzeit mit Blick auf den asiatischen Kontinent bescheiden und zweitens gibt es in englischen Wochen in allen Ligen eine Anstoßzeit zwischen 18:30 und 22 Uhr, sodass es hier zu Überschneidungen kommt und sich die Ligen/Pokalwettbewerbe die Zuschauer gegenseitig wegnehmen. An Wochenenden gibt es dagegen verschiedene Ansetzungsmöglichkeiten. Durch den engen internationalen Terminkalender der FIFA bzw. UEFA und diverser nationaler Pokalwettbewerbe lassen sich die bei den Ligen unbeliebten englischen Wochen jedoch nicht immer vermeiden. Aufgrund des durch die Pandemie verursachten kürzeren Zeitfensters bis zur EURO im nächsten Jahr sind diese sogar noch häufiger als üblich vorhanden. So kommt es in Deutschland zu 3 (+2 im Vergleich zur letzten Saison), in Italien und Frankreich zu 5 (jeweils +2), in England zu 6 (+4) sowie in Spanien sogar zu 7 (+3) englischen Wochen in der kommenden Saison (rote Markierungen in den Abbildungen).

Spielplangestaltung

Wie bereits angesprochen konnte die Ligue 1 als erste Liga starten (21. August). Drei Wochen später folgten Premier League und La Liga (jeweils am 12. September), noch eine Woche später die Bundesliga (18. September) und die Serie A (19. September).

Die Premier League und die Ligue 1 sind die Vorreiter bezüglich asymmetrischer Spielpläne, d.h. die Spieltage finden in der Rückrunde in einer anderen Reihenfolge statt als in der Hinrunde. Die Premier League praktiziert das Verfahren schon länger, die Ligue 1 demgegenüber machte das erstmals 2014/15. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es, bevor es zu einem „Rückspiel“ kommt, mindestens sechs Wochen zwischen dem Spieltag in der Hin- und Rückrunde liegen müssen. Durch dieses Verfahren war es der Ligue 1 übrigens möglich, 80 Prozent der Klubwünsche bezüglich der Ansetzungen zu erfüllen, was ein Vielfaches im Vergleich zu vorher darstellt. Bei dieser Ansetzungstechnik kommt es nun zu vier Serien mit entweder zwei aufeinanderfolgenden Heim- oder Auswärtsspielen für jeden Klub. Mit dem alten Verfahren waren es nur zwei. Zunächst gab es deswegen Kritik, möchte doch niemand viele Auswärtsspiele am Stück haben. Eine Untersuchung von der Saison 2008/09 bis 2014/15 erbrachte aber das Ergebnis, dass diese Kritik unberechtigt war. Im Durchschnitt holten Klubs in zwei aufeinanderfolgenden Heimspielen 3,34 Punkte im Vergleich zu 3,26 Punkten bei allen restlichen Heimspielen. Bei Auswärtsspielen waren es 2,07 Punkte bei aufeinanderfolgenden Auswärtsspielen im Vergleich zu 2,17 bei nichtaufeinanderfolgenden Auswärtsspielen. Somit gab es zwar leichte Unterschiede, jedoch kann man nicht von einem signifikanten Effekt sprechen.

Zudem ist zum dritten Mal der Spielplan von La Liga in der neuen Saison asymmetrisch, sodass nur noch die Serie A und die Bundesliga auf einen „klassischen“ symmetrischen Spielplan setzen. Einen Unterschied gibt es jedoch in Bezug auf La Liga und Ligue 1 auf der einen und der Premier League auf der anderen Seite: Während die Premier League die Spieltage komplett spiegelt, werden in La Liga und der Ligue 1 die Spieltage in der Rückrunde teilweise neu zusammengesetzt. So finden Real Madrid – Sevilla und Barcelona – Atlético Madrid in der Rückrunde am selben Spieltag statt, in der Hinrunde dagegen nicht. Gleiches gilt für PSG – Lyon und Marseille – Monaco.

Die Enddaten der Saison sind ebenfalls im Vergleich zu den letzten Jahren das erste Mal einheitlich. Alle Ligen schließen ihre Tore am Wochenende des 22./23.5.2021. Eine Woche später findet das CL-Finale statt und anschließend beginnt am 31.5. die FIFA und UEFA-Abstellungsperiode.


Hinweis zu den Diagrammen: Wenn man mit der Maus auf die Punkte geht, kann man den kompletten Spieltag sehen. Auf mobilen Geräten wird die vertikale Sicht empfohlen.


Premier League

Für die Analyse wird die mittlerweile etablierte Top 6 herangezogen, sodass insgesamt 30 Duelle untereinander anstehen. Es gibt keinen einzigen Spieltag, an dem es mehr als ein direktes Aufeinandertreffen der Top 6 gibt, was demnach sehr gut gelöst ist. Am ersten und letzten Spieltag wird ein Topspiel vermieden, da die Aufmerksamkeit sowieso hoch ist.

Ein Negativpunkt ist die Ansetzung von vier Topspielen in den insgesamt sechs englischen Wochen, obwohl es noch zwei (14. & 33. Spieltag) freie Wochenendspieltage gegeben hätte (erster & letzter Spieltag sowie FA-Cup-Halbfinalwochenende & Finalwochenende am 17.4. bzw. 15.5. nicht miteinbezogen, da entweder die Aufmerksamkeit sowieso hoch ist oder im Fall des FA Cups die Aufmerksamkeit nicht auf der Liga liegen soll). Außerdem hat man ein Topspiel (Arsenal – Chelsea) auf den Boxing Day gelegt, was sonst nicht vorkommt, da hier wie zu Saisonbeginn und -Ende die Aufmerksamkeit sowieso groß ist und es keines Topspiels Bedarf. Zusammengefasst ist das aber schon Kritik auf hohem Niveau und angesichts der Umstände immer noch ein nahezu perfekter Spielplan. Infolgedessen wird das Fernsehen bestens bedient, was angesichts der bekanntlich höchsten TV-Gelder sowohl aus dem In- als auch Ausland nicht erstaunlich ist.

Allerdings muss weiterhin einschränkend angeführt werden, dass mit BT Sport und Amazon in den englischen Wochen ein anderer Anbieter als zu einem Großteil der Spiele am Wochenende (Sky) die ausschließlichen Übertragungsrechte besitzt und dementsprechend auch Topduelle in den Spielen unter der Woche zeigen möchte. Auch so ist die Premier League schon nahe an der Perfektion, denn in der Rückrunde wird nur der 33. als einziger regulärer Spieltag ohne Topspiel ausgestattet, da der 32. am FA-Cup-Halbfinalwochenende sowie der 37. am FA-Cup-Finalwochenende stattfindet und der 38. Spieltag der letzte ist.

Chelsea muss einmal nach einem Topspiel bereits das nächste bestreiten, bei Man United und Man City kommt dies zweimal vor, bei Tottenham und Liverpool dreimal. Manchester City und Tottenham erwischt es dabei noch härter, haben beide dabei doch jeweils eine Serie mit drei aufeinanderfolgenden Topspielen.

Es ist nicht gänzlich dafür gesorgt, dass eine gleichmäßige Verteilung für die Heim– und Auswärtsspiele im Rahmen der Topspiele vorherrscht. Arsenal hat in der Hinrunde vier Auswärtsspiele und ein Heimspiel, bei Man United ist es genau umgekehrt, was sich dann in der Rückrunde für letztgenannten Klub als Nachteil erweisen könnte. Bei den restlichen vier Klubs gibt es drei Heim- und zwei Auswärtsspiele in der Hinrunde (bzw. umgekehrt) und den umgekehrten Fall in der Rückrunde.


La Liga

Die ausgewählten fünf Klubs ergeben eine zu betrachtende Spielanzahl von 20. Dazu wurde noch die die wichtigen Derbys Sevilla – Real Betis und Athletic Bilbao – Real Sociedad miteinbezogen.

Negativ hervorzuheben ist, dass man am 29. und insbesondere am 34. Spieltag zwei Topspiele hat. Außerdem sind drei der sieben englischen Wochen mit Topspielen/Derbys belegt. Atlético – Sevilla am ersten Spieltag ist nicht als negativ anzusehen, da das Spiel wegen des CL- und EL-Finalturniers auf Januar verschoben werden musste. Immerhin vier der sieben englischen Wochen sind frei von Topspielen/Derbys, wobei die drei belegten ohne Beteiligung von Real Madrid, Barcelona und Atlético auskommen. Jeder der Fünf (Real Madrid, Barcelona, Atlético, Sevilla, Valencia) muss einmal zwei aufeinanderfolgende Topspiele austragen.

Das Verhältnis zwischen Heim- und Auswärtsspiele in Hin- bzw. Rückrunde ist nur bei Atlético mit 2:2 ausgeglichen. Barcelona und Valencia haben jeweils drei Heimspiele und ein Auswärtsspiel in der Hinrunde sowie das umgekehrte Verhältnis in der Rückrunde, was ein Nachteil sein könnte. Real Madrid und Sevilla tragen dagegen in der Rückrunde drei Spitzenspiele zuhause aus und nur eins auswärts, was sich in der Rückrunde dann im Meisterschaftskampf als Vorteil erweisen könnte.


Serie A

Für die Analyse des Spielplans in der Serie A wurden die klassischen sechs großen Klubs ausgewählt, was zu 30 Spielen führt. Überdies dürfen das Derby della Mole zwischen Juventus und Torino und das Derby della Lanterna zwischen Genoa und Sampdoria natürlich nicht fehlen.

Es gibt zwei bzw. vier Spieltage (mit Rückspielen) mit zwei Topduellen, was als negativ angesehen werden kann. Zusätzlich ist einer davon der vorletzte Spieltag mit Juventus – Inter und Roma – Lazio, sodass die Gefahr besteht, dass es schon um nichts mehr hier geht. Weiterhin sind alle fünf englischen Wochen mit Topspielen belegt, jedoch ist immerhin im Vergleich zum Vorjahr der letzte Spieltag topspielfrei.

Die Verteilung Heim- vs. Auswärtsspiele je Halbserie ist bei jedem der sechs bei 3:2 bzw. 2:3. Inter und Napoli bekommen es mit einem Topgegner direkt nach einem anderen je Halbserie zweimal zu tun. Bei den restlichen vier ist es je Halbserie nur einmal.

Weil das Eröffnungsspiel der EURO 2020 am 11. Juni 2021 im Olimpico ausgetragen wird, müssen die Roma und Lazio am letzten Spieltag (22. Mai 2021) auswärts antreten. Lazio hat deshalb das letzte Heimspiel bereits am drittletzten Spieltag, die Roma am vorletzten. Dafür kommt es folgerichtig zur ungewöhnlichen Situation, dass beide Klubs aus Rom am 19. Spieltag ein Heimspiel haben und das gegen Sassuolo (Lazio) und Spezia (Roma). Es bleibt aber abzuwarten, ob ein Spiel verlegt wird, denn ein Spiel am Samstag und eins am Sonntag wären schwer vorstellbar, selbst Freitag und Montag.
Nachdem 2017 und 2018 zwischen Weihnachten und Neujahr noch gespielt wurde, fanden letztes Jahr zu dieser Zeit schon keine Spiele mehr statt und jetzt ist es genauso. Vielleicht reifte die Erkenntnis, dass man der Premier League hier keine Konkurrenz machen kann.


Bundesliga

Die Bundesliga hat mit Bayern, Dortmund und Schalke drei Großklubs mit internationaler Strahlkraft, sodass sechs direkte Duell stattfinden.
Die drei englischen Wochen sowie der erste und letzte Spieltag wurden vermieden. Vielleicht kann sich Bayern darüber freuen, dass Dortmund bereits zwei Spieltage nach dem Spiel gegen Schalke gegen sie antreten muss. Dies ist gleichzeitig der kürzeste Zeitraum zwischen zwei Topspielen. Dortmund hat in der Hinrunde zwei Heimspiele, Schalke dagegen in der Rückrunde. Bei Bayern ist es ausgeglichen.


Ligue 1

Hier sehen viele vier Klubs im internationalen Fokus, sodass zwölf direkte Duelle anstehen. Dazu ist das Derby du Rhône zwischen Olympique Lyon und AS Saint-Étienne mitaufgeführt.

Englische Wochen mit Topspielen wurden ebenso vermieden wie der letzte Spieltag vor der Winterpause, an dem alle Spiele gleichzeitig stattfinden (23.12.). Des Weiteren bedachte man den ersten & letzten Spieltag nicht mit Topspielen, allerdings gibt es zwei Spieltage (14 & 21) mit zwei Topspielen.
Ferner ist die Verteilung über die gesamte Saison fast ausgeglichen, sind doch nur zwei aufeinanderfolgenden Spieltage mit Topspielen geplant und niemand ist mit zwei aufeinanderfolgenden Topspielen versehen worden. Das Verhältnis von Heim- zu Auswärtsspielen (oder umgekehrt) gegen ein anderes Topteam liegt in einer Halbserie bei maximal 2:1, was sehr gerecht ist.


Pokalfinals

Während in den letzten Jahren zumindest noch in Deutschland und England die Liga vor dem Pokalfinale beendet wurde, ist dies in diesem Jahr nicht so, sodass in allen fünf Ländern der Pokalsieger vor dem Meister feststehen wird. In England und Frankreich werden am Pokalfinalwochenende sogar Ligaspiele stattfinden und die Ligaspiele der beteiligten Klubs entsprechend verlegt. In Deutschland wird das DFB-Pokalfinale nicht wie sonst an einem Samstag, sondern an einem Donnerstag (Christi Himmelfahrt) ausgetragen. Hintergrund ist eine Terminkollision mit dem Eurovision Song Contest, welcher am 22. Mai 2021 stattfindet und den die ARD ebenfalls im Hauptabendprogramm übertragen möchte. In Spanien wird das Wochenende mit dem Pokalfinale (17.4.2021) nach derzeitigem Stand komplett freigemacht, dafür allerdings darauffolgend eine englische Woche eingeschoben, sodass die Spiele dann stattfinden können.


Exkurs: Portugal
Da sich das internationale Interesse an der portugiesischen Liga sehr auf die sechs direkten Duelle zwischen Benfica, Porto und Sporting konzentriert, werden sie im Folgenden dargestellt:

18.10. Sporting – Porto (4. Spieltag)
17.01. Porto – Benfica (14. Spieltag)
31.01. Sporting – Benfica (16. Spieltag)
28.02. Porto – Sporting (21. Spieltag)
09.05. Benfica – Porto (31. Spieltag)
16.05. Benfica – Sporting (33. Spieltag)

Wie ersichtlich ist, gibt es in Portugal einen symmetrischen Kalender. Auffällig sind die sehr spät in den Halbserien stattfindenden Topspiele, besonders das Derby in Lissabon am vorletzten Spieltag. So bekommt man im Kalenderjahr 2020 nur noch ein Spitzenspiel zu sehen, den Rest Anfang des Jahres 2021 und zum Saisonende im Mai 2021. Das Pokalfinale findet am Sonntag, 23. Mai 2021, statt.

Christoph Trompeter