Er ist einer dieser Spieler, die etwas haben, das man nicht trainieren oder lernen kann. Seit fünf Jahren spielt Thomas Müller Fußball auf Topniveau,... Instinktfußballer Thomas Müller: Drei Tore des „Raumdeuters“ ebnen den Weg zum perfekten Auftakt

DFB, Deutschland, NationalteamEr ist einer dieser Spieler, die etwas haben, das man nicht trainieren oder lernen kann. Seit fünf Jahren spielt Thomas Müller Fußball auf Topniveau, wurde bereits 2010 WM-Torschützenkönig, gewann mit den Bayern alles, was es zu gewinnen gibt – und auch die Weltmeisterschaft 2014 scheint guter Boden für den selbsternannten „Raumdeuter“ zu sein.

Der 24-jährige Weilheimer ist kein Spieler, der zaubert. Einfach und effektiv ist das Spiel des 50-fachen Nationalspielers. In Schönheit zu sterben ist Müllers Sache nicht. Schon seine Saison 2013/14 bei den Bayern war einmal mehr äußerst erfolgreich: Müller erzielte 13 Tore in der deutschen Bundesliga, acht im DFB-Pokal und fünf in der Champions League, steuerte zudem in seinen 51 Pflichtspieleinsätzen 15 Assists bei. Müller kam dabei auf verschiedensten Positionen zum Einsatz: Linksaußen, Rechtsaußen, offensives Mittelfeld – und auch als Mittelstürmer.

Die nächste Handlung des Verteidigers vorausahnen

So auch gestern. Im 4-3-3 Deutschland mimte Müller eine „falsche Neun“ und nutzte eine seiner größten Stärken: Müller denkt offensiv ballorientiert und gegnerorientiert zur gleichen Zeit. Dies war speziell vor seinem zweiten Treffer zum 3:0 augenscheinlich, als er den Klärungsversuch seines Gegenspielers Bruno Alves vorausschauend blockte, anstatt mit voller Kraft in den Ball bzw. auf einen Abschluss zu gehen. Diese instinktive Zweikampfführung eröffnete dem Deutschen erst die Chance, die zum 3:0 führte. Andere Spieler hätten einen aktiveren Zweikampf mit dem portugiesischen Abwehrspieler gesucht, hätten damit mehr Kraft aufgewendet und der Output wäre zufälliger gewesen. Müller plante den Zweikampf sicher nicht voraus, wusste aber instinktiv, dass er bessere Chancen auf eine Tormöglichkeit haben würde, wenn er das Defensivverhalten seines Gegenspielers richtig antizipiert, anstatt einen direkten Torabschluss zu suchen.

Low oder high – wenig medium

Thomas Müllers Heatmap beim 4:0 Deutschlands gegen Portugal

Thomas Müllers Heatmap beim 4:0 Deutschlands gegen Portugal

Müller legte gestern bis zu seiner Auswechslung in der 84.Minute 10,6 Kilometer zurück, wobei er ganze 3,4 Kilometer auf hohem Tempo ging und 5,4 Kilometer auf geringem Belastungslevel zurücklegte. Dass „dazwischen“ nur knapp 1,8 Kilometer lagen, sagt auch einiges über den Spielstil des deutschen 13ers aus. Müllers Spiel ist sehr zielgerichtet, halbe Sachen sind selten. Die Heatmap seiner gestrigen Partie zeigt an, dass er seine Kilometer in einem relativ kleinen Radius abspulte und seine Energie somit gut bündelte. Andere Spieler, wie etwa Götze, Khedira oder Kroos beackerten breitere Räume, arbeiteten stark zu, sodass Müller sich auf seine Stärken in kurzen, schnellen Aktionen auf der Zentralachse konzentrieren konnte.

Perfekte Leistungsdaten

Müller brachte es auf 43 Ballkontakte und spielte 34 Pässe. Mit 71% Passgenauigkeit hat er die geringste Quote aller deutschen Spieler, dennoch ist dieser Wert für einen Angreifer ein guter. Gleichzeitig spielte Müller als einziger Deutscher zwei Schlüsselpässe – Özil, Kroos, Götze und Co. brachten es jeweils nur auf einen. Von seinen drei Luftzweikämpfen entschied Müller jeden einzelnen für sich. Von vier Torschüssen landeten drei im Netz. Die Statistiken des äußerst speziellen Thomas Müller sind nahezu perfekt.

Die Chance Geschichte zu schreiben

Müller ist ein Zirkuspferd. Je größer die Bühne, desto höher springt er. Bei der letzten WM war der Bayern-Spieler noch die große Überraschung, heuer ist Müller längst kein Geheimtipp mehr. Schon in der ersten Partie gegen den wohl stärksten Gruppengegner Portugal überzeugte er mit drei Treffern und übernahm somit früh die Führung in der Torschützenliste. Wenn Müller auf diesem Level weiterspielt, hat er die Chance als erster Fußballer überhaupt zweimal WM-Torschützenkönig zu werden. Und auch wenn sein Spiel nicht elegant wirkt oder vor Spektakel strotzt, wäre der Eigenbauspieler des FC Bayern, der selbsternannte Raumdeuter, dann ein ganz Großer der Fußballgeschichte.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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