Alfred Körner war eigentlich zu gut um unfair zu sein. Der heute 91-jährige ist der letzte lebende Spieler, der noch den alten Rapid-Geist kennengelernt... Anekdote zum Sonntag (85) –  Man probiert

_Alfred Körner RapidAlfred Körner war eigentlich zu gut um unfair zu sein. Der heute 91-jährige ist der letzte lebende Spieler, der noch den alten Rapid-Geist kennengelernt hat. 21 Jahre lang spielte „Fredi“ bei seinem Herzensverein, den Anfang markierte ein Sommernachmittag des Jahres 1938.

Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Robert und einem gewissen Ernst Happel spielte, der aus Rudolfsheim-Fünfhaus Stammende bei Rapid vor. Der damalige Jugendtrainer Leopold Nitsch wollte den jüngeren Körner sofort verpflichten, Bruder Robert wurde als zu schlaksig befunden. Fredi stellte sich bockig: „Wenn der Robert nicht bleibt, bleibe ich auch nicht.“ Die Rapid-Funktionäre ließen sich breitschlagen und sollten es nicht bereuen. Zwar blieb der ältere Körner immer schlank und bekam daraufhin den Spitznamen „G’selchter“ verpasst, seine fußballerische Leistungen beeinflusste dies jedoch nicht. In der Kampfmannschaft spielten die Beiden als brüderliche Flügelzange rechts- bzw. linksaußen. Robert – Körner I – war der bessere Techniker und betätigte sich meist als Assistgeber. Alfred war der Vollstrecker und für seinen scharfen Schuss bekannt. Neben ihrer Laufbahn bei den Hütteldorfern, spielten beide auch in der Nationalmannschaft.

Fredi ist heute – neben Theodor „Turl“ Wagner – der letzte ÖFB-Spieler, der bei der „Hitzeschlacht von Lausanne“ am Feld stand: Jenem legendären Match bei dem Österreich gegen die Schweiz bereits mit 3:0 hinten lag, ehe man eine sensationelle Aufholjagd startete. Körner II erinnert sich an ein familiäres Kuriosum: „In der Pause ist dann mein Vater in die Kabine gekommen und hat zu meinem Bruder gesagt: „Robert, wie kannst du einen Elfmeter verschießen?““ Irgendwie verschaffte sich Körner Senior Zutritt zur Kabine und machte seinem Ältesten Vorwürfe. Wie schon beim ersten Training in Hütteldorf, schritt Fredi zur Verteidigung des „G’selchten“ ein: „Papa, lass doch den Robert jetzt in Ruhe.“ Auf den Mund gefallen war Alfred Körner also nie.

1953 spielte Rapid gegen den Simmeringer SC. Körner II hatte in diesem Match mit Karl Karel einen Kettenhund, der ihm nicht von der Seite wich. Der 1933 geborene Wiener wollte seinem Konkurrenten imponieren und bot angestrengt seine ganzen Kräfte auf. Jede Flanke, jeden Pass auf den Rapidler fing er mit Fuß, Kopf, oder sonstigem Körper ab. Körner war genervt. Er überlegte fieberhaft, wie er sich gegen den Abwehrspieler zu Wehr setzen könnte und entsann eine List. Als Karel ein Dribbling mit Hand und Fuß an der Grenze der Fairness stoppte und sich Körner langsam aufrappelte, sprach er den Simmeringer an: „Was haust du so rein? Du bist doch einer der Unseren! Der Argauer hat dich schon an Rapid verkauft.“

Jener Pepi Argauer war zu diesem Zeitpunkt ein Halbgott im 11. Hieb. Sein Engagement bei Simmering begann kurioserweise auf der Straße: Ein Vorstandsmitglied sprach den Ex- Profi an, ob er nicht dem angeschlagenen Verein auf die Beine helfen konnte. Der spätere Erfinder des Stadthallenturniers stimmte zu: Solche Aufgaben reizten ihn besonders. Er verpflichtet mit Hans Hofstätter einen neuen Trainer und sondierte sämtliche Landesliga-Plätze nach jungen Talenten. Tatsächlich fruchteten die Bemühungen und Simmering konnte sich ab 1951 zwölf Jahre lang in der obersten Spielklasse behaupten. Der Tausendsassa Argauer, der auch als Journalist, Talentescout und Berater tätig war, entdeckte Spieler wie Tommy Parits oder seinen Namensvetter Hickersberger, außerdem förderte Gustl Starek, den er schon als Fünfzehnjährigen während eines erneuten Gastspiels beim SC in die Erste hochzog und fünf Jahre später an Rapid verkaufte.

Körners eindringliche Aussage überzeugte Karel und mit stolz geschwellter Brust ging er nach dem Pausenpfiff in die Kabine. Sogleich fragte er nach, ob sich Argauer tatsächlich mit dem Rekordmeister geeinigt hätte. Dieser winkte entschieden ab. Karel war enttäuscht und diese Enttäuschung schlug rasch in Wut um. In den folgenden 45 Minuten ließ er Körner seine harten Knochen spüren. Fredi blieb an diesem Nachmittag ohne Torerfolg. Man kann aber mit Fug und Recht behaupten, dass er alles probiert hat.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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