„Rapids Nachwuchshoffnung – Stern am österreichischen Fußballhimmel.“ So lautet die Beschreibung der Homepage des 24-jährigen Lukas Königshofer. Ein vielversprechender Jungspund war der Tormann einst... Hau den Lukas! – Was wird aus Tormann Königshofer?

Lukas Königshofer (SK Rapid Wien)„Rapids Nachwuchshoffnung – Stern am österreichischen Fußballhimmel.“ So lautet die Beschreibung der Homepage des 24-jährigen Lukas Königshofer. Ein vielversprechender Jungspund war der Tormann einst wirklich, die meiste Zeit seiner Karriere war dies sogar sein „Hauptberuf“. Denn immer wieder erlebte der Keeper Zeiten, in denen er auf später vertröstet wurde. Kein Drama, schließlich ist Königshofer noch ein junger Goalie. Ärgerlich für ihn ist nur, dass er in seiner Laufbahn schon verhältnismäßig viele Rückschläge erleiden musste.

In der Warteschleife …

Höhen und Tiefen gibt es in jedem Leben und in jeder Karriere. Diese Erfahrung machte schon Königshofers Vater Roland. Als junger Radsportler durchquerte er dieselben hauptberuflich bei seiner Teilnahme an Rundfahrten, seine Berufung fand der Niederösterreicher später aber in sogenannten „Steher-Rennen“. Mehrere internationale Titel, u.a. drei Weltmeistertitel, errang er indem er im Schatten eines Motorrades auf einer Bahn seine Runden zog. Auf flachen Strecken ohne Senkungen. Geduld und Ausdauer sind die Eigenschaften, die man für diese Disziplin braucht. Jahre später benötigt auch Rolands Filius diese Charakterzüge, doch im Unterschied zum Herrn Papa gleitet Königshofer nicht auf ebener Fläche dahin. Auf- und abwärts geht es für den Tormann.

Die erste Talstation in Königshofers Karriere war holländisch. Ein Dreikäsehoch namens Frenkie Schinkels legte Königshofer in Kärnten Steine in den Weg. 2005 unterschrieb Königshofer bei Austria Klagenfurt, gespielt hat er für die Kampfmannschaft kein einziges Mal. In einem Interview bezeichnete der Schlussmann Schinkels später als „Spaßmacher“.  Der Rotterdamer nahm während des gesamten Engagements keine Notiz vom aufstrebenden Nachwuchskeeper, Königshofer spielte bei der zweiten Mannschaft.

Die Wartezeit auf einen Profieinsatz dauerte für „Luki“ in Kärnten vier Jahre, doch wie auch die geografische Beschaffenheit der Niederlande war diese Karrieresenkung vergleichsweise flach. Schließlich war es für einen unter-zwanzigjährigen Torhüter noch keine Katastrophe in der Kampfmannschaft nicht zum Zuge zu kommen. Der ungeduldige Königshofer wollte jedoch vorankommen und beschloss etwas zu unternehmen.

Auch England ist nicht gerade für seine Berge bekannt. Ende April 2009 absolvierte Lukas Königshofer ein Probetraining bei den Blackburn Rovers, zu einem Engagement kam es jedoch nicht. Ob sich dies für ihn wie eine Niederlage anfühlte, mag dahingestellt sein. Aber was erwartete sich der Rotschopf? Schließlich hatte er keine Spiele für die erste Mannschaft seines Vereines bestritten, war blutjung und unerfahren. Mit einer Erfahrung mehr auf dem Buckel, unterschrieb der Rapid-Fan im Sommer 2009 einen Vertrag bei den Grün-Weißen. Der Vertrag in Kärnten war ausgelaufen und Königshofer brauchte eine neue Herausforderung. Für drei Jahre verpflichteten die Wiener den Torhüter und dieser erlebte seine nächste Talstation.

Einen Moment, bitte! – Geduldsspiele in Wien 14 und dann ein Wahnsinns-Debüt

Dieses Mal musste er einige Zeit in der Hütteldorfer Schlucht ausharren. Aber immerhin hatte der Tormann bei einem österreichischen Topklub unterschrieben.  Sein Arbeitsplatz befand sich jedoch weiterhin zwischen den Pfosten des Amateurtores. Dort spielte er wechselhaft, phasenweise aber auch bärenstark, insgesamt dreißig Spiele bestritt Königshofer und bewahrte die Jung-Rapidler in der Saison 2010 vor dem Abstieg aus der Regionalliga Ost. Im Dezember 2010 wurde er aber gestoppt, ein Kreuzbandriss ließ ihn vier Monate pausieren. Damals gab er sich positiv: „Ich habe es nie so schlimm gesehen, weil ich gleich nach der Operation mein Ziel vor Augen hatte und fast täglich Fortschritte bemerkt habe“, sagte der Ehrgeizling.

Davor hatte ihm der damalige Rapid-Trainer Peter Pacult einen Einsatz bei den Profis ermöglicht, im Cup gegen Hartberg durfte er 90 Minuten ran. Ansonsten blieb Königshofer Stammgast auf der Bank Aber auch dieses Tal durchschritt er. „Einfach war es nicht“, erzählt der Schlussmann später. Seine Wechselabsichten bezeichnet er als „sehr konkret“, beispielsweise fragten die Rieder an, ob eine Leihe möglich sei. Rapid Wien wollte den Nachwuchstorhüter aber als Nummer drei behalten, ein Dämpfer für ihn. Ebenso wie das spätere Engagement des Slowaken Jan Novota als neuen Konkurrenten.

Am 26. November 2011 war aber das Basislager der Königshofer’schen Bergwanderung endlich erreicht: Raimund Hedl, Ex-Keeper-Kollege und jetzt „Lukis“ Trainer, teilte dem Wiener am Matchtag mit, dass er heute endlich für die Profis auflaufen dürfe. Artig bedankte sich Königshofer auch für das geschenkte Vertrauen und rettete beim Spiel gegen den SV Mattersburg mit einigen Glanzparaden den 2:1-Sieg der Wiener. Bereits in der sechsten Spielminute konnte er eine „Hundertprozentige“ gegen die Stange lenken und auch die letzte Möglichkeit der Burgenländer machte er zunichte. Seine Fingerspitzen erreichten gerade noch Bürgers Freistoß. Ein tadelloser Einstand!

Nach diesem Spiel hatten wohl auch die Rapid-Fans Lust auf mehr. In zwanzig Spielen durfte Königshofer in der Saison 2011/2012 am Platz stehen. Physiognomisch verfügt der Rotschopf schließlich über beste Voraussetzungen. Papa Rolands Wadl‘n sind damit nicht gemeint, sondern eher das Ballgefühl von Mutter Monika. Diese war einst erfolgreiche Handballerin (Auf welcher Position darf der/die geschätzte Leser/in gerne erraten!) und gab Lukas, ihm zufolge, die richtige Statur mit: 1,93 Meter und 91 Kilogramm betragen Königshofers Maße. Genau richtig, wenn man im modernen Fußball zwischen den Pfosten stehen will.

Vor dem Derby im Februar 2012 verlängerte der damals 22-jährige seinen Vertrag beim Rekordmeister. Wahrscheinlich war er damals voller Hoffnung, dass er sich endgültig als „1er“ etablieren würde oder dachte Königshofer schon, dass er bereits der Stammgoalie der Wiener war? Das Frühjahr lief jedenfalls gut. Der damalige Rapid-Trainer Schöttel meinte sogar, Königshofer hatte sich durch seine Leistungen bereits einen Bonus erspielt. Diesen sollte er später auch nötig haben.

Es begann mit einem Pfiff …

Rapid beendete die Saison auf Platz 2 und startete in die UEFA Europa League-Qualifikation. Im Auswärtsspiel gegen Novi Sad am 3. August 2012 passierte Königshofer erstmals ein unglücklicher Fauxpas: Einen Pfiff des Schiedsrichters deutete er als sanktioniertes Abseits und legte sich den Ball zum Freistoß auf. Novi-Sad-Spieler Bojovic überriss die Situation und schoss unbedrängt zum zwischenzeitlichen 2:0 ein. „Königshofer darf den Ball nicht so liegen lassen.“, meinte Trainer Schöttel nach dem Spiel, der Unglücksrabe bedankte sich via Facebook für die vielen Aufmunterungsversuche. Ein kleiner Schönheitsfehler in Lukas‘ Geschichte bei den Grün-Weißen. Weder technischer Fehler noch Blackout, sondern eher etwas fürs Kuriositätenvideo nach der Saison. Rapid konnte im Rückspiel den Aufstieg fixieren und so blieb „Lukis“ Lachnummer ohne Folgen. Mit Konsequenzen sollte es aber weitergehen.

Flankenpflücken

Helge Payer war über Jahre Rapids Stammtormann. Ein toller Keeper auf der Linie und auch bei 1-zu-1-Situationen machte ihm niemand so leicht etwas vor. Nicht so rosig, sah es aber bei hohen Bällen aus. Didi Kühbauer sprach einst aus, was fast die ganze Fußballwelt wusste: „Wenn wir gegen Rapid gespielt haben, war immer klar – eine Flanke nach der anderen Richtung Payer.“ Luftduelle stellten den Welser immer wieder vor große Probleme.

Wie bei einer übertragbaren Krankheit, verschlechterte sich plötzlich auch Königshofer bei hohen Bällen. Der selbstbewusste junge Mann wirkte von heute auf morgen besonders bei Kopfballsituationen unsicher. Auch generell hatte man den Eindruck „Luki“ zaudere immer häufiger. Formschwankung oder Krise? Die Rapid-Fans sind leicht verärgert, doch damals waren die meisten noch von der Hoffnung getragen, dass Königshofer nach ein paar gefangenen Bällen, sich auch wieder selbst fangen würde.

Hatte ihm sein Fehler gegen Novi Sad doch mehr zugesetzt als alle dachten? In der Folge patzte der Wiener im Bundesligaspiel gegen den WAC und später auch in der Europa League. Bei einer Flanke von Liendl verstieß Königshofer gegen die Nummer 1-Regel bei hohen Bällen im Strafraum: „Wenn der Goalie rauskommt, muss er ihn haben.“ Shit happens.

Pleiten, Pech und Pannen

Richtig amateurhaft verhielt sich Königshofer aber bei der Heimniederlage im Geisterspiel gegen Rosenborg. Diesen Zwischenfall konnte man nicht mehr schönreden. Es war kein Fettnäpfchen mehr, sondern ein ausgewachsener Schmalztopf, in den der Wiener im September 2012 trat. Zweimal kam er bei einem gegnerischen Vorstoß hinaus und luchste im Nachfassen dem Stürmer schließlich den Ball ab. Doch anstatt sofort ins Tor zurückzulaufen, blieb Königshofer im linken Teil des Strafraums stehen und beobachtet wie Rapid-Verteidiger Katzer einem seiner Kollegen die Kugel zuschob. Es kam, was kommen musste: Ein Rosenborg-Spieler fing den Ball ab und lupfte ihn ins Tor. Keine schwere Aufgabe, schließlich stand Königshofer immer noch weit von der Linie entfernt. Er hatte seinen „Ausflug“ genutzt, um sich beim Schiedsrichter über das harte Einsteigen des gegnerischen Stürmers zu beschweren. Spätestens hier waren auch Königshofer-Sympathisanten pikiert, dieses Verhalten sieht man sonst nicht einmal in der Schülerliga. Auch beim zweiten Tor in diesem Spiel machte Königshofer keine gute Figur. Eine Flanke vor sein Tor, war für ihn wieder einmal ein hoher Ball zu viel. Nach 90 Minuten waren Rapids Aufstiegschancen merklich gedämpft und auch Königshofers Stammplatz gefährdet.

Die Nummer 31 hatte innerhalb kürzester Zeit merklich abgebaut. Ein Einbruch seiner Leistungen war abzusehen, schließlich stand er erst seit kurzer Zeit im Vereinstor. Warum Königshofer aber so grobe Aussetzer passierten, blieb für alle Beteiligten ein Rätsel.

Das Maß ist voll

Es gibt nichts Schlimmeres für einen Wiener Fußballfan als ein Derby zu verlieren. Königshofer, der sich selbst als Rapid-Fan bezeichnet, musste diese Erfahrung in Personalunion machen. Als Spieler und Anhänger erlebte er im Februar 2013 ein Duell gegen die Austria, wo er abermals unsicher wirkte.

Zunächst patzte aber der violette Heinz Lindner. Fast das ganze Hanappi-Stadion und „Luki“ waren erfreut, als sich der Austria-Tormann bei einem harmlosen Kopfball ungeschickt verhielt und somit die 1:0 – Führung der Grün-Weißen mitverschuldete. Beim Ausgleich durch Hosiner war Königshofer dann unschuldig, später jedoch ließ er einen weiteren Kopfball des Eisenstädters relativ ungehindert passieren. Die Niederlage war perfekt. „Königshofer war noch schlechter als Lindner.“, gab „Intimfeind“ Frenkie Schinkels in einer kostenlosen U-Bahn-Zeitung zum Besten.

Kurze Zeit später reisten die Hütteldorfer nach Wals-Siezenheim. 3:3 ging das Spiel aus und man konnte eigentlich zufrieden sein – einen Punkt aus Salzburg mitzunehmen ist nicht schlecht. Schlecht war aber wiederum Königshofers Verhalten beim dritten Gegentreffer. Es scheint, als hätte er sich Kollege Lindners Derby-Steirertor zum Vorbild genommen, denn bei einer – wie kann es anders sein – Flanke konnte er den Ball nicht fangen und ermöglichte so eine Vorlage, die Martin Hinteregger nur mehr ins leere Tor schieben musste.

Jetzt war eindeutig der Punkt erreicht, an dem die Mehrzahl der Rapidler sauer war. Stein des Anstoßes war Königshofers ungeschickter Luftzweikampf mit Franz Schiemer. „Knie rauf und in den Mann springen“ gehört zum ABC des Flankenpflückens. Lukas dazu selbst: „Es ist nicht so leicht, wie es aussieht.“ Vollkommen richtig, aber ein Profi muss das beherrschen. Ein Profi darf in einem Spitzenspiel diesen Fehler nicht machen.

Funkstille: Ist das Kapitel Rapid zu Ende?

Die Gerüchteküche in Fankreisen brodelte. Aus allen Löchern kamen jetzt die Besserwisser gekrochen: Die Einen, wollten gehört haben, die Nummer 31 sei sowieso kein Trainingsweltmeister, die Anderen erzählten, er habe auch bei den Amateuren keine herausragenden Partien gespielt und sei nur zwecks Luftveränderung zu den Profis hinaufgezogen worden. Auch Königshofers Coach Raimund Hedl stand in der Kritik. Wie kann eine ewige Nr. 2 ein Talent zum „1er“ ausbilden? So hinterfragt sich Jose Mourinho sicher auch…

In Königshofers Leben kehrte wieder etwas Helligkeit ein. Dieser Lichtblick war zugleich auch der erste seines Sohnes: Anfang März kam Fabio Königshofer zur Welt und ersparte seinem Erzeuger die blamable Auswärtsfahrt nach Wolfsberg. Dort ging Rapid nämlich wieder einmal als Verlierer vom Platz. Der frischgebackene Vater antwortete auf die Frage nach einer Tormannkrise in Österreich: „Wir (Anm.: Lindner und er selbst) hatten natürlich schon bessere Phasen, aber Krise finde ich übertrieben.

Da war er aber fast der Einzige, der das so sah. Jan Novota löste ihn schließlich ab, der angesprochene Heinz Lindner konnte sich wieder fangen und die Austria wurde Meister.

Königshofers Facebook-Seite hat ihren letzten Eintrag vom 25. März 2013, damals weilte der Torhüter mit dem A-Team in Dublin. Für das Nationalteam hat er aber selbst in seiner guten Zeit bislang kein Spiel gemacht.  Selbstverständlich gilt dies nur für die Kampfmannschaft, für das U21-Team durfte Königshofer in der EM-Qualifikation 2011 auflaufen.

Im April wurde Peter Schöttel nach Rapids langer Durststrecke von Zoran Barisic abgelöst. Barisic ist nun Coach der Grün-Weißen, ein Trainer, der offensichtlich nicht auf Lukas Königshofer setzen will. Im Sommer veranlasste er nämlich, dass Samuel Radlinger von Hannover ausgeliehen wurde. Der 19-jährige bildet nun gemeinsam mit dem Slowaken Novota das Keepergespann der Hütteldorfer. In dieser Hierarchie wäre sogar ein Platz für Königshofer. Tormannlegende Herbert „Funki“ Feurer erklärt warum: „Es braucht eine eindeutige und gestärkte Nummer 1, einen verlässlichen und sehr guten Ersatzmann, und dann noch einen Jungen, der als neuer Einser aufgebaut wird.

Sich mit Novota um den „1er“ zu matchen, kommt für Königshofer offensichtlich nicht in Frage. Lukas erklärte im Sommer, dass er wechseln wolle.

Wiedermal war er in einem Tal angekommen. So lange er auf den Aufstieg warten musste, so schnell war er wieder unten. „Es gibt schon länger den Wunsch, dass ich Rapid bei einem guten Angebot verlassen will. Das war so abgesprochen. Insofern ist es klar, dass Rapid jemand Neuen holen muss. Das wusste ich schon länger, für mich war das nichts Neues„, nahm er zur Causa Radlinger Stellung.

Klingt komisch. Wer sollte Königshofer nach seiner Best-of-Serie im Patzen denn noch ein „gutes Angebot“ machen? Sicher, er ist noch jung und unerfahren. Aber seine Schwächeperiode war hartnäckig und seine Fehler teilweise schrecklich. Sicherheit und Ruhe hat er kaum noch ausgestrahlt, ein deftiger Durchhänger trübte sein sensationelles Profidebüt bei Rapid. Den FC Liverpool mit seinem ehemaligen Torhüter Pepe Reina umschwärmt der Wiener, diesem muss er sich jetzt wieder annähern. Nicht nur geographisch.

Anfang August war der 24-jährige zu einem Probetraining bei Sheffield Wednesday eingeladen. Gehört hat man anschließend nichts mehr und auch das Transferfenster ist nun zu. Aber vielleicht war Lukas ja auch nur wegen der schönen Landschaft auf der Insel: Ebenen wohin das Auge reicht, wenig Täler.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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