Im Zuge der WM-Qualifikation für die Endrunde 2014 in Brasilien erreichte das österreichische Nationalteam gegen Kasachstan nur ein torloses Unentschieden. Vor rund 10.000 Zuschauern... Ernüchterndes 0:0 in Kasachstan – ÖFB-Team ideenlos und hektisch im Spielaufbau

Im Zuge der WM-Qualifikation für die Endrunde 2014 in Brasilien erreichte das österreichische Nationalteam gegen Kasachstan nur ein torloses Unentschieden. Vor rund 10.000 Zuschauern in der Astana Arena  agierte die ÖFB-Elf über weite Strecken des Spiels extrem einfallslos und konnte keinen Druck auf den Gegner ausüben. Zudem nutzte man die wenigen Chancen – Harnik und Junuzovic hatten die größten – nicht.

Die Euphorie war nach der knappen 1:2-Niederlage gegen Deutschland groß, genauso groß ist nun die Ernüchterung – um nicht zu sagen die Enttäuschung. Nach einer flotten Anfangsphase zeigte sich, dass die österreichische Auswahl mit dem Ball am Fuß noch einen weiten Weg zu gehen hat, um ein ähnliches Niveau wie gegen ihn zu erreichen.

Koller verzichtet auf Umstellungen

Vor dem Spiel spekulierten viele Medien mit bis zu drei einschneidenden Veränderungen gegenüber dem Auftaktspiel, lagen damit aber falsch. Auf der rechten Abwehrseite behauptete György Garics gegenüber Florian Klein seinen Platz, auch Jakob Jantscher stand nicht in der Startelf. Marc Janko, im Vorfeld als logische Option für die Stürmerposition ausgemacht, musste ebenso zunächst auf der Bank platznehmen, was bedeutete, dass Martin Harnik wieder als Solospitze im 4-2-3-1 begann. Ansonsten fand man das gewohnte Personal vor. In der Innenverteidigung tat sich vor allem Sebastian Prödl mit einer sehr antizipativen Spielweise und hoher Stellung in der Balleroberung hervor. Auf der Doppelsechs teilten sich Julian Baumgartlinger und Veli Kavlak die Aufgaben gleichermaßen auf, während das Flügelspiel, Kasachstans Achillesferse, kaum ins Rollen kam.

Kasachstan ohne Schmidtgal, aber mit Mut

Kasachstans Teamchef Miroslav Beranek schickte sein Team in einem nominellen 4-4-2-System auf den Platz, musste aber auf seinen bekanntesten Spieler, Heinrich Schmidtgal von der SpVgg Greuther Fürth, verzichten. Der einzige Legionär im Kader des Gastgebers musste wegen einer Erkältung kurzfristig passen. Statt ihm beackerte Marat Khairullin die linke Außenbahn, auf der gegenüberliegenden Seite begann Kapitän Kairat Nurdauletov überraschend als Rechtsverteidiger – eine durchaus gut durchdachte Wahl von Beranek, wie sich herausstellte.

Die Spielausrichtung der Hausherren war recht einfach gestrickt. Nach vorne hin spielte man direkt, dabei war Sergei Ostapenko nicht so stark abgeschnitten wie man zunächst vermuten konnte. Als Wandspieler spielten ihm seine Mitspieler von außen den Ball meist in den Fuß, nachdem er ihn prallen ließen zogen Tanat Nusserbayev und der ballferne Flügelspieler zum Tor. Hinten zog man zwei möglichst enge Viererketten auf um die Mitte zuzumachen – nur in der Anfangsphase wich man davon ab und presste das österreichische Aufbauspiel schon früh an.

Österreich nützt offene Räume nur zu Beginn

Dabei zeigten die Kasachen eine, vor allem für ihre Maßstäbe hohe Flexibilität. Meist rückte Nusserbayev neben Ostapenko auf und man presste in der nominellen 4-4-2-Anordnung, manchmal rückten aber auch die beiden Flügelspieler ungewöhnlich hoch auf, was einem 4-2-4 gleichkam. In Extremphasen zogen sie sogar ein riskantes 4-1-3-2 auf, während man tiefer eine breite 4-1-4-1-Formation einnahm. Gerade letztere zwei Varianten öffnen, gerade auf dem taktisch niedrigen Niveau der Kasachen, Räume vor der Viererkette, da sich dort nur der Sechser befindet.

In den ersten rund 20 Minuten bauten die ÖFB-Kicker das Spiel in einer bisher nicht gesehener Anordnung auf, auch um diese offenen Halbräume zu nutzen. Die Außenverteidiger positionierten sich hoch, ein Sechser – meist Baumgartlinger – ließ sich vor die aufgefächerten Innenverteidiger fallen, während der andere in etwa auf einer Linie mit dem zurückfallenden Junuzovic stand. So kreierte man beispielsweise über den Werder-Legionär in der 17. Minute eine gute Torchance. Allerdings ließ man diese Methode zusehends schleifen und umschiffte das Zentrum, was zu einer langweiligen, wenig produktiven Phase führte.

Hektisches und ideenloses Aufbauspiel

Zum einen hatte das damit zu tun, dass sich Kasachstan weiter zurückzog, zum anderen stand Junuzovic höher, wodurch eine wichtige Anspielstation im Zentrum fehlte. Ein Ausweg hätte die zentrale Spielanlage von Andreas Ivanschitz sein sollen, der Burgenländer erwischte aber einen rabenschwarzen Tag und hatte mit seinem Gegenspieler arg zu kämpfen. Nurdauletov kam, aufgrund der Tatsache, dass er eigentlich ein zentraler Spieler ist, Ivanschitz‘ Spielstil entgegen. In der Mitte wirkte er nämlich sehr souverän. Abhilfe hätte eine höhere Stellung von Christian Fuchs gebracht, wodurch Nurdauletov auf der Seite gebunden gewesen wäre.

Diese Variante sah man aber nur in einer kurzen Phase nach dem Seitenwechsel. Ansonsten zeigte die österreichische Mannschaft ein sehr durchschaubares und hektisches Offensivspiel. Immer wieder suchte man überhastet den Pass in die Spitze, anstatt mit Spielverlagerungen rund 35 bis 40 Meter vor dem Tor den Gegner müde zu spielen und Lücken aufzureißen. Die Gründe: kaum Bewegung und fehlende Anspielstationen vor und zwischen den kasachischen Viererketten. Und das obwohl die Gastgeber auf überschaubaren taktischem Niveau agierte, wie sich nach etwa einer Stunde zeigte.

Janko macht Mitspieler besser

Zu diesem Zeitpunkt setzte Koller nämlich ein offensives Zeichen, brachte Janko für Baumgartlinger und stellte auf ein 4-4-2 um. Mit dem körperlich präsenten Janko an seiner Seite konnte Harnik befreiter vom Sturmzentrum auf die Seiten und nach hinten ausweichen, was dem VfB-Angreifer entgegenkam. Weitere Folgen waren, dass Junuzovic nun im Spielaufbau wieder eine tiefere Rolle einnehmen konnte und der „Wir wollen drei Punkte“-Tausch offenbar auch bei den bisher schwachen Arnautovic, Ivanschitz und Fuchs für einen Weckruf sorgte. Fuchs positionierte sich höher, wodurch oben erwähnter Effekt auf Nurdauletov griff, und Arnautovic zog wie sein Pendant auf der anderen Seite mehr ins Zentrum und zeigte mit Einzelaktionen auf.

Konnte Kasachstan mit seiner manndeckungsorientieren Spielweise gegen das statische ÖFB-Spiel in der ersten Halbzeit noch problemlos dagegenhalten, schien in dieser Phase das 0:1 nur eine Frage der Zeit zu sein. Auch im Ballbesitz war die Nummer 147 der Welt harmlos. Österreichs Defensive wirkte zwar nicht so strukturiert wie in den letzten Spielen, schaffte aber immerhin schnell lokale Überzahlen, wodurch die technisch limitierten Kasachen rasch den Ball verloren.

Kasachstan mit zweiter Luft, ÖFB-Team mit Brechstange

Die Zentralasiaten bekamen aber gegen Ende hin nochmal eine zweite Luft, wurden vom Publikum nach vorne gepeitscht und kreierten die eine oder andere Halbchance. Bei den ÖFB-Akteuren machte sich hingegen Nervosität breit, wodurch sie wieder in alte Muster zurückfielen. Immerhin nutzte man die körperlichen Vorteile im Sturmzentrum und versuchte es mit hohen Bällen auf Janko. In der Nachspielzeit fand Junuzovic nach einer Ablage des 29-Jährigen eine hochkarätige Möglichkeit vor und hätte eigentlich das Siegtor machen müssen. Aber hätte, hätte, Fahrradkette, unterm Strich steht nach zwei, zugegebener Weise nicht gerade einfachen Qualifikationsspielen erst ein Punkt zu Buche – etwas, von dem viele Österreicher nach den bisherigen Auftritten unter Koller nicht unbedingt ausgegangen sind.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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