Paul Scharner erregte einst Aufmerksamkeit, als er in seiner Biografie das Ritual des „Pasterns“ auch Fußballunkundigen näherbrachte: Der damalige Jungprofi der Wiener Austria wurde... Anekdote zum Sonntag (87) –  Angeschwärzt

Paul Scharner erregte einst Aufmerksamkeit, als er in seiner Biografie das Ritual des „Pasterns“ auch Fußballunkundigen näherbrachte: Der damalige Jungprofi der Wiener Austria wurde im Hotelbett anlässlich eines Trainingslagers von Mitspielern überfallen und mit einem schuhcreme-schwarzen Hintern beglückt. Paul fand‘s nicht lustig – weniger, weil er dank intensiver Schrubbaktionen einige Tage lang mit einem Pavian-Popo herumlaufen musste, sondern weil diese Tradition für ihn vielmehr mit Willensbrechen und dem Hierarchiegedanken innerhalb einer Mannschaft zu tun hat.

Aufgrund seines Rufes als Querkopf-Querulant verhallte seine sachliche Kritik jedoch großteils wieder. „Pauli poltert wieder“, dachte sich so mancher. Rapids Torwartlegende Herbert „Funki“ Feurer hat sich dem Thema schon im ersten Teil der „Rapid-Wuchteln“, die 2000 erschienen, angenommen. Tatsächlich sind diese Schmieraktion seit langer Zeit Brauch im österreichischen Fußball. Auch der kräftige Flügelstürmer und spätere Superbowl-Sieger Toni Fritsch musste die „Pasterung“ über sich ergehen lassen. Damals als Fritsch bei Rapid spielte, war es aber ein anderer, der eine besonders ausgedehnte Behandlung erleben musste: Franz Hasil feierte als Achtzehnjähriger im Oktober 1962 sein Europacupdebüt für die Grün-Weißen. Die Hütteldorfer schieden nach einem 1:1 und 1:0 gegen Roter Stern Belgrad aus und es herrschte Grabesstille in den Kabinen. „Has“, das unbedarfte Talent, hatte zuvor noch lautstark phantasiert, wie er mit seiner eleganten Ballführung und seinen gefürchteten Weitschüssen das Spiel persönlich drehen und zum Helden mutieren würde. Jetzt war er kleinlaut. Er, der erst am Anfang seiner Karriere stand, hatte den Mund zu voll genommen: Die Jugoslawen hatten den Jungspund eiskalt abmontiert und die Blamage für Rapid war perfekt.

Einige ältere Spieler wollten Hasil nun in die Schranken weisen. Masseur Ullrich wurde in den Plan eingeweiht und rief den Schwechater zur Behandlung ins Massagekammerl: „Hast gut gespielt heute, komm her, ich massier‘ dich.“, deutet er dem müden Niederösterreicher. Hasil ließ sich das nicht zweimal sagen, rasch plumpste er müde mit dem Gesicht nach unten auf die Liege. Mit geschlossenen Augen erwartete er Ullrichs kräftige Hände auf seinen nackten Muskeln zu spüren, doch nichts passierte. Ullrich gab das vereinbarte Zeichen: Er hustete dreimal. Daraufhin stürmten die Kollegen den Raum. Sie schnappten sich Hasils Arme und Beine und drückten den Kicker nieder. Der Offensivspieler gab bald auf sich zu wehren und wartete nur mehr ab. Einer versohlte seinen nackten Allerwertesten mit dem Badeschlapfen, ein anderer bestrich diesen anschließend mit Schuhcreme. Da diese Aktion für Hasil eine Lehre sein sollten, beschränkten sich die Rapidler nicht nur auf seinen Gluteus Maximus sondern strichen auch Rücken, Arme und Beine dick ein. Als die Prozedur zu Ende war, sank der „Has“ sogleich in die nächste, freie Badewanne. Er schrubbte und schrubbte, doch die fettige Creme löste sich nur teilweise.

Franz Hasil kehrte als halber Rauchfangkehrer in sein Elternhaus zurück. Mutter Hermine schlug die Hände über dem Kopf zusammen: „Meine Güte! Wie schaust du denn aus?“ Franz war zu müde um zu erklären was passiert war, er zuckte nur mit den Schultern und ging ins Bett. Am nächsten Tag versuchte er mit Kernseife und Bürste weiter seine Haut von der Paste zu befreien. Die Mutter kümmerte sich um die eingesaute Bettwäsche, seine Kleidung und den Pyjama. Letztendlich nahm es Hasil sportlich. Und bei der nächsten „Pasterung“ war der „Has“, derjenige, der besonders sadistisch mit dem Schlapfen zu Werke ging.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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