Die 24. Runde der sky Go Erste Liga steht an und der SC Wiener Neustadt befindet sich mitten im Aufstiegskampf. 13 Spieltage vor Schluss... Sargon Duran – Der Taktikfuchs zu Gast bei den Falken

Die 24. Runde der sky Go Erste Liga steht an und der SC Wiener Neustadt befindet sich mitten im Aufstiegskampf. 13 Spieltage vor Schluss steht die Mannschaft von Trainer Roman Mählich mit nur drei Punkten Rückstand auf Leader Wacker Innsbruck auf dem 2. Tabellenrang, der zum fixen Aufstieg in die ab kommender Saison mit zwölf Teams ausgetragene Bundesliga berechtigt.

Der Gegner an diesem Freitagabend heißt Kapfenberg. Die Steirer sind in der laufenden Spielzeit noch nicht so richtig in Fahrt gekommen und liegen mit 20 Punkten weniger als die Niederösterreicher nur auf Rang 7 der Tabelle. Ein Pflichtsieg für die Blau-Weißen, möchte man also meinen. Vor rund 400 Zusehern tun sich die Neustädter aber das ganze Spiel über schwer gegen aufopfernd kämpfende Falken. Auf beiden Seiten geht in der Offensive wenig bis gar nichts, das liegt einerseits am Unvermögen der Angreifer, andererseits an den Abwehrleistungen der beiden Teams.

Dirigent in der Verteidigung des Tabellenzweiten ist Sargon Duran. Der 31-Jährige hat eine eher unorthodoxe Karriere bis hin zum Profisportler absolviert, durchlief die Jugendabteilungen der Wiener Traditionsklubs 1. Simmeringer SC und First Vienna FC bis er zu Rapid Wien wechselte, wo er allerdings nur in der Regionalliga zum Einsatz kam. Über den SV Horn kam er schließlich zu seiner bislang einzigen Auslandsstation bei Tennis Borussia Berlin, sein Profidebüt gab er 2010 als Rückkehrer für die Vienna gegen den SV Grödig. Es folgten Engagements beim 1. SC Sollenau und dem Floridsdorfer AC, mit dem der Wiener seinen bislang einzigen Titel in der Regionalliga Ost erringen konnte. Seitdem ist Duran nur mehr im Profibereich tätig, 2015 erfolgte schließlich sein Wechsel zum SC Wiener Neustadt, wo er sich mittlerweile als Kapitän und verlässliche Stütze in der Abwehr etablieren konnte.

© David Marousek

Auch in diesem Spiel gibt Duran seinen Abwehrkollegen Anweisungen und führt seine Mannschaftskameraden durch die erste Halbzeit. Sargon Duran sieht das Spiel mit anderen Augen, gilt auch bei Neustadt als Taktikexperte. Nebenher betreibt Duran, der beim 6:3-Spektakel gegen BW Linz im Dezember seinen bislang einzigen Saisontreffer erzielen konnte, das Portal taktikanalyse.com, auf welchem er seinen Followern eine Weiterentwicklung im Spielverständnis und Fachwissen ermöglichen will. „Zahlen gewinnen im Fußball an Bedeutung und können vor allem dem Trainerteam eine Unterstützung bieten. Natürlich muss man Big Data richtig interpretieren können, aber wenn man das macht, hilft das enorm“, sagt der Defensivspieler.

„Big Data“ ist ein weitreichender Begriff, je nach Anwendungsbereich kann man Daten verschieden nutzen. Einen Physiotherapeuten interessieren die biometrischen Daten der einzelnen Spieler, ein Trainer will wissen, wie sich seine Spieler bewegen, in der Geschäftsstelle hingegen sammelt und sortiert man die Daten der Vereinsmitglieder, um so effektiver arbeiten zu können. In seinen Videos auf taktikanalyse.com geht Sargon Duran weniger auf „Big Data“ ein, hält sie eher allgemein. Aber „Big Data“ ist eben vielseitig einsetzbar: „Ich schaue bei meinen Followern, wann sie online sind, wann ich einen Beitrag posten kann, damit er möglichst viel Reichweite erzielt“, erklärt der Wiener. „Da sieht man dann natürlich auch, in welche Richtung man gehen soll, welche Videos interessant sind für die Leute.“

© David Marousek

Beim SC Wiener Neustadt wird mit Firstbeat gearbeitet. Direkt nach dem Aufstehen wird per Brustgurt der Ruhepuls gemessen, anhand der daraus gemessenen Daten kann erkannt werden, wie müde ein Spieler ist oder ob gerade ein Virus im Entstehen ist. „Da wird dann auch einmal ein Spieler zur Seite genommen und ihm gesagt: ‚Heute trainierst du weniger.‘ Also wenn man diese Daten richtig lesen und steuern kann, kann das sehr nützlich sein“, meint Duran, der mit einem weiten Einwurf auf Mario Stefel die erste wirklich gefährliche Aktion des Spiels einleitet, der Schuss des Angreifers geht jedoch leicht abgefälscht am Kasten vorbei. Bis auf einen wuchtigen Freistoß auf Seiten der Steirer von Daniel Geissler kurz vor dem Pausenpfiff, den Domenik Schierl jedoch parieren kann, war das auch die einzig nennenswerte Aktion einer mehr als ausbaufähigen ersten Halbzeit.

Ausbaufähig ist auch die Nutzung von „Big Data“ in Österreich. „Außer Firstbeat nutzen wir hier bei Neustadt nur generelle Statistiken, aber wir in Österreich hinken generell etwas hinterher – außer RB Salzburg, die gehen da voran.“ Was es braucht, dass der datengetriebene Fußball auch hierzulande ankommt? „Vielleicht muss man erst die Früchte sehen, bevor man es versteht. Vielleicht wollen manche Klubs nicht die Ersten sein und vorangehen“, glaubt Duran. Die Bullen aus der Mozartstadt haben sich diesen Schritt getraut und dürfen nun im Viertelfinale der Europa League die Ernte einfahren. „Bei Salzburg sieht man ganz klar, dass sie eine Vision haben und vorangehen. Deshalb funktioniert das auch.“

© David Marousek

Aber nicht nur, was die Nutzung von Daten betrifft, auch spielerisch laufen die Niederösterreicher den Salzburgern klar hinterher. Die zweite Halbzeit sollte nicht viel besser werden als die erste. Fünf Minuten vor Spielende bekommt Sargon Duran den Ball im gegnerischen Strafraum auf den Kopf serviert, kann die Kugel aber nicht kontrollieren. Dies war noch eine der gefährlicheren Aktionen im zweiten Spielabschnitt, es bleibt beim torlosen Remis. Ob es taktische Konflikte zwischen ihm und Trainer Roman Mählich gebe, haben wir ihn nach der Partie gefragt. „Nein, Konflikte überhaupt nicht. Natürlich hat jeder seine Sichtweise, was Taktik angeht, aber wir haben überraschenderweise sehr oft den gleichen Nenner. Wir sehen Fußball schon sehr ähnlich. Aber es ist schon so, dass wir sehr viel reden und überlegen, wie wir es gegen den nächsten Gegner am besten anlegen könnten. Es wird kommuniziert, aber es gibt keine Streitereien.“

An der taktischen Ausrichtung hat es laut Duran, der mit 82,9 % die zweitbeste Passquote aller Feldspieler hatte, gegen Kapfenberg nicht gelegen. „Wir haben uns heute vorne zu wenig durchgesetzt, vielleicht hatte das auch etwas mit der Müdigkeit zu tun, weil wir jetzt doch schon das dritte Spiel in einer Woche hatten. Als Offensivkraft muss man natürlich frisch sein und ich denke, da haben wir uns im 1-gegen-1 vorne nicht so durchsetzen können, wie in den letzten Spielen.“ Was bleibt, ist ein Punkt und nach wie vor Platz 2 in der Tabelle, da Innsbruck das Spitzenspiel gegen die SV Ried für sich entscheiden konnte. Die Tiroler sind nun aber bereits auf fünf Punkte davongezogen, bevor es für Sargon Duran jedoch gegen das zweite Tiroler Team aus Wattens geht, ist der Defensivspieler in der Länderspielpause am 23. März am Flughafen Graz bei der Konferenz „Big Data im Fußball“ zu Gast. Gemeinsam mit den beiden Spielanalysten Markus Brunnschneider und Karsten Görsdorf ist er Teil der Podiumsdiskussion zum Thema „Datenbasierte Spielanalyse“. Und vielleicht kann Duran ja sein Team gegen die WSG Wattens bereits mit daraus gewonnenen Erkenntnissen zum Erfolg führen.

Sargon Duran im Wordrap

Christian Albrecht

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