Am vierten Spieltag der UEFA Champions League traf der österreichische Meister Red Bull Salzburg im Rückspiel dieser Begegnung auf den deutschen Vertreter VfL Wolfsburg.... Analyse: Salzburg vergibt in Wolfsburg den ersten „Matchball“

Am vierten Spieltag der UEFA Champions League traf der österreichische Meister Red Bull Salzburg im Rückspiel dieser Begegnung auf den deutschen Vertreter VfL Wolfsburg. Im Hinspiel konnten die Bullen dabei einen überzeugenden 3:1-Sieg feiern, womit man nun im Rückspiel die große Chance hatte, als erste österreichische Mannschaft ins Achtelfinale der Königsklasse einzuziehen. Doch beim VfL Wolfsburg sitzt nicht mehr der gleiche Übungsleiter auf der Bank und nun schwingt Florian Kohfeldt das Zepter, der sich prompt mit einem Überraschungssieg in Leverkusen vorstellig machte. Keine leichte Aufgabe also für die Salzburger, was sich auch im Spiel offenbaren sollte.

Wolfsburg richtet Matchplan auf Salzburg aus

Dabei mussten sich die Bullen neu auf den Gegner einstellen und die Erkenntnisse aus dem Hinspiel zählten nur noch bedingt etwas. Wolfsburgs Neo-Trainer Kohfeldt krempelte bei seinem neuen Team einiges um und so wurde bereits am Wochenende, im ersten Spiel gegen Leverkusen, eine neue Fünferkette installiert und vom bisherigen 4-3-3 Abstand genommen. Das sollte sich gegen die Salzburger nicht ändern und abgesehen von wenigen personellen Veränderungen, vertraute Kohfeldt auch gegen Salzburg auf die gleiche Herangehensweise. Dabei stellten sich die Niedersachsen natürlich gezielt auf die Stärken der Bullen ein und versuchten, das intensive und temporeiche Spiel der Gäste einzudämmen.

In erster Linie setzten die Wolfsburger dabei auf ein klassisches Mittelfeldpressing und man ließ die Aufbaulinie der Salzburger anfänglich in Ruhe. Man stellte sich in einem 5-3-2 auf, in dem die beiden Spitzen den Sechserraum zustellen sollten, während dahinter die Kollegen im kompakten Block lauerten. Sobald die Bullen die Außenverteidiger anspielten, rückte der Flügelverteidiger aus seiner Position heraus und stellte diesen, während der rechte Halbverteidiger nachschob und dessen Position besetzte. Dieser Mechanismus ist als „pendelnde Viererkette“ bekannt und wird mittlerweile von vielen Teams, die auf eine Fünferkette setzen, praktiziert. Dadurch entstand bei den „Wölfen“ situativ ein 4-4-2 und es entstand eine recht flexible Systematik.

Wichtig war dabei vor allem die Höhe der Abwehrlinie der Niedersachsen, denn man versuchte, den beiden schnellen Spitzen Adeyemi und Okafor so wenig Rückraum wie möglich anzubieten, gleichzeitig aber auch eng an ihnen dran zu bleiben. Generell versuchte man, aggressiv beim Herausrücken zu agieren und den ballführenden Salzburger – speziell wenn die Gäste versuchten nach vorne zu spielen – unter Druck zu setzen und ihm keine Zeit für die Entscheidungsfindung zu geben. Wolfsburg stellte sich also, wie man bereits erahnen konnte, gezielt auf die Bullen ein und versuchte nicht überraschend, die Stärken des Gegners einzudämmen und nicht zur Entfaltung kommen zu lassen.

Salzburg mit Problemen im Übergangsspiel

Wie reagierten die Bullen auf diesen Ansatz? Die hatten zunächst andere Pläne. Bereits nach wenigen Augenblicken, konnten die Salzburger nach einem Ballgewinn blitzschnell umschalten und Adeyemi freispielen, der jedoch alleine vor dem Tor am Gehäuse vorbeischoss. Das wäre natürlich ein Auftakt nach Maß gewesen und hätte die Aufgabe für den österreichischen Meister wesentlich erleichtert. Doch statt mit 1:0 in Führung zu gehen, kam es wenige Momente später für die Gäste knüppeldick: Die Wolfsburger setzten sich auf der starken linken Seite durch und spielten Gerhardt frei, der mit einem Pass in den Rückraum den aufgerückten Baku fand, der zum frühen 1:0 für die Hausherren traf.

Das war natürlich Wasser auf die Mühlen für den Matchplan der Wolfsburger und gab nochmal einen zusätzlichen Schub an Selbstvertrauen. Das merkte man speziell in den Zweikämpfen, in denen man sehr bissig und griffig agierte und den Gegner immer wieder in Duelle verwickelte. Dadurch tat sich Salzburg schwer, sich speziell in der gegnerischen Hälfte festzusetzen und den Ball zirkulieren zu lassen. Man hatte zwar mehr Ballbesitz als Wolfsburg, doch diesen die meiste Zeit in der eigenen Hälfte und damit in einer ungefährlichen Zone. Man versuchte mittels verschiedenster Aufbauformationen, Lösungen gegen den kompakten Block der Wolfsburger zu finden und diesen passend zu bespielen. Mal versuchte man den Spielaufbau über tiefe Außenverteidiger, mal kippte einer der Achter hinter den Außenverteidiger, während dieser nach vorne schob, oder Sechser Camara kippte zwischen die Innenverteidiger, um Überzahl gegen die beiden Stürmer zu kreieren.

Was man auch versuchte, einen richtig passenden Ansatz beim Übergang in die gegnerische Hälfte, fanden die Salzburger aber nicht. Versuchte man es flach ins Mittelfeld, hatte die Anspielstation meist sofort einen Wolfsburger im Rücken und konnte die Aktion nicht nach vorne fortsetzen, sondern musste diese abbrechen und nach hinten abdrehen. Spielte man lange Bälle in die Spitze, waren die beiden kleinen Stürmer der Bullen gegen die Wolfsburger Riesen in der Innenverteidigung auf verlorenem Posten und konnten diese Bälle nicht sichern. Daher war es besonders eklatant, wenn die Salzburger versuchten, die beiden Spitzen anzuspielen, denn meist konnten diese den Ball nicht sichern und die Verteidiger rückten energisch aus der Abwehrkette hinaus, um sie in direkte Duelle zu verwickeln und die Vorteile in der Physis auszuspielen.

Dadurch entwickelte sich ein Spiel, in dem Salzburg versuchte, den tiefen Block der Wolfsburger auszuspielen, aber immer wieder in Zweikämpfe verwickelt wurde und kaum ein Durchkommen fand. Auf der anderen Seite versuchten die Niedersachsen nach den Ballgewinnen schnell nach vorne zu kommen und speziell über die starke linke Seite vorzudringen, wo das Duo Otavio und Gerhardt sich einige Male freispielen konnte und gefährliche Hereingaben in den Strafraum brachte (wie eben vor dem 1:0).

Salzburg versuchte in dem Zuge mehr Ressourcen ins Spiel über die Flügel zu stecken, weshalb die Achter und die beiden Stürmer noch mehr auswichen. So fand man zumindest gelegentlich einen Weg nach vorne, auch wenn das Herausspielen der Aktionen mühselig war und viel Geduld bedurfte. Zu vielen Chancen kamen die Bullen dabei nicht, aber wie in den Spielen zuvor war es letztlich eine Standardsituation, die den Gästen einen Treffer bescherte. Innenverteidiger Wöber schlenzte einen Freistoß in den Kasten und sorgte damit für den umjubelten 1:1-Ausgleich.

Das Spiel blieb aber auch danach von intensiven Zweikämpfen und von vielen kleineren Anpassungen geprägt. So reagierte Wolfsburg auch auf den zunehmenden Flügelfokus der Salzburger und der nominelle Achter Gerhardt schob öfters auf die Seite heraus und stand auf der Höhe der beiden Stürmer, wodurch phasenweise ein 3-4-3/5-2-3 entstand. Die Gäste reagierten auch darauf und Ulmer blieb gegen Ende der Halbzeit öfters tief und bildete eine Dreierkette, während man die Seite überlagerte. Salzburg konnte speziell in Situationen überzeugen, in denen man schnell und schnörkellos nach vorne kam und das eigene Tempo ausspielen konnte. Wolfsburg nahm allerdings natürlich Rücksicht darauf und in der Absicherung verblieben meist genügend Leute. Bitter für die Bullen war jedoch auch, dass Shootingstar Adeyemi nicht seinen besten Tag erwischte und einige aussichtsreiche Situationen verschleppte oder ganz vergab. So blieb es beim 1:1 zur Halbzeit.

Salzburger Drangphase endet in Schockmoment

Nach dem Wiederanpfiff ging das „Anpassungsfest“ munter weiter und Salzburg reagierte auf die Probleme im eigenen Spiel. Trainer Jaissle ließ die beiden „Achter“ Seiwald und Sucic die Seiten wechseln und orderte darüber hinaus eine noch aggressivere Vorgehensweise auf dem Feld. Die Bullen pressten nun den Gegner noch höher an und man rückte im Gegenpressing geschlossener auf, wodurch das eigene Spiel zusätzlich an Intensität gewann und man die Initiative übernahm. Durch diese Maßnahme, konnte man das Spiel zu Beginn konstanter in die gegnerische Hälfte verlagern, da durch das intensivere Pressing mehr Ballgewinne erzwungen wurden. Wolfsburg bekam in dieser Phase noch mehr Probleme und konnte sich kaum aus dieser Umklammerung befreien, weshalb die eigenen Umschaltmomente seltener wurden.

Salzburg konnte dadurch speziell im Angriff noch gefährlicher werden, da man nach den Ballgewinnen schnell und direkt nach vorne spielte und diesen kurzen Moment der Unordnung beim Gegner auszunutzen versuchte. Dadurch kamen die Gäste auch durch Adeyemi und Okafor zu zwei sehr guten Einschussmöglichkeiten. Es schien in der Phase ganz klar in Richtung der Salzburger zu kippen, da die Gäste den Rhythmus diktierten und ein Treffer in der Luft lag. Dieser sollte dann auch fallen, allerdings auf der anderen Seite, da Wolfsburg aus dem Nichts in Führung ging: Nach einem langen Ball und einer starken Einzelaktion von Nmecha, gingen die Wölfe plötzlich wieder in Führung und erlangen die Oberhand.

Danach mussten die Salzburger gegen einen tiefstehenden Gegner anrennen und diesen bespielen, während dieser wenige Räume anbot und auch keinerlei Risiko mehr im Ballbesitz einging. Dadurch wurde die ganze Angelegenheit für die Gäste von Minute zu Minute mühsamer und man kam nur noch spärlich zu gefährlichen Aktionen. Die richtig große Ausgleichschance fand man auch nicht mehr vor, weshalb es letztlich beim 2:1 Sieg für den VfL Wolfsburg blieb.

Fazit

Salzburg verpasste die (erste) Chance, einen großen Sprung in Richtung Achtelfinale zu machen. Dabei war die Niederlage auch unnötig, fand man nach anfänglichen Schwierigkeiten doch besser ins Spiel und konnte speziell nach der Halbzeitpause das Heft in die eigene Hand nehmen, um so den Rhythmus der Partie zu bestimmen. Der Knackpunkt im Spiel waren die zwei vergebenen Möglichkeiten von Okafor und speziell Adeyemi, denn mit einer eigenen Führung, hätte man vermehrt auf das brandgefährliche eigene Umschaltspiel setzen und so den Wolfsburgern, wie bereits im Hinspiel, endgültig den Zahn ziehen können. Doch nach wie vor hat man alles in der eigenen Hand und mit einem Sieg aus den verbleibenden beiden Spielen, sollte das Überwintern in der Königsklasse fixiert werden können.

Dalibor Babic, abseits.at

Dalibor Babic