Nachdem der FK Austria Wien sein erstes Champions-League-Spiel der Vereinsgeschichte mit 0:1 gegen den FC Porto verlor, müssen die Veilchen am zweiten Spieltag nach... Ein Millionenschweres Duo und gealterte Europacuphelden – das ist der Kader von Zenit St. Petersburg

Zenit St.Petersburg - RusslandNachdem der FK Austria Wien sein erstes Champions-League-Spiel der Vereinsgeschichte mit 0:1 gegen den FC Porto verlor, müssen die Veilchen am zweiten Spieltag nach Russland zu Zenit Sankt-Petersburg. Aus diesem Anlass nimmt abseits.at den Kader des russischen Vizemeisters genauer unter Lupe und zeigt, was den FAK im Petrowski Stadion erwartet.

Während man in der russischen Premier League zu den dominierenden Mannschaften zählt – man holte zwei der letzten drei Meisterschaften – ist Zenit auf europäischer Bühne erst einmal groß in Erscheinung getreten. In der Saison 2007/2008 holten die Russen den UEFA-Cup, schalteten auf ihrem Weg dorthin unter anderem den FC Bayern München aus. In seinen Grundzügen ist der damalige Kader bis heute erhalten geblieben und wurde mit etlichen Gazprom-Millionen zusätzlich verfeinert.

Der Torhüter

So gehört unter anderem auch der Stammkeeper des UEFA-Cup-Siegerteams, Vyacheslav Malafeev, noch immer dem Kader an. Bereits mit neun Jahren trat der mittlerweile 34-Jährige dem Verein bei und sollte ihn bis heute nicht verlassen. 1999 feierte er sein Debüt in der Kampfmannschaft, zwei Jahre später stieg er zum Stammtorhüter auf und sollte dies mit Ausnahme einer kurzen Phase infolge einer Verletzung bis zur abgelaufenen Saison bleiben. Die Stärken von Malafeev liegen auf der Linie, sein ausbaufähiges Passspiel sorgte jedoch dafür, dass er in der russischen Nationalmannschaft meist nur zweite Wahl war. Aber auch bei Zenit musste er den Platz zwischen den Pfosten räumen.

Die neue Nummer eins ist der 23-Jährige Yuri Lodygin, der gleich einen sehr guten Einstand feierte. Von den Fans wurde er nämlich zum Spieler des Monats August gewählt. Als Sohn eines Russen und einer Griechin geboren wuchs der 1,86m-große Schlussmann bei Skoda Xanthi auf und stieg dort 2009 zum Profi auf. Allerdings absolvierte er in Griechenland nur 25 Dritt- und 23 Erstligaspiele. Lodygin tritt nach außen hin sehr selbstbewusst auf, zeigt jedoch regelmäßig Unsicherheiten. So bekam er in der aktuellen Saison schon das eine oder andere haltbare Tor oder machte bei so mancher Flanke eine unglückliche Figur. Er lässt den Ball ab und zu unkontrolliert abklatschen, ist aber extrem stark im Eins-gegen-Eins.

Als Alternative steht Coach Luciano Spalletti mit dem 20-jährigen Egor Baburin und dem 18-jährigen Aleksandr Vasyutin ein talentiertes Nachwuchsduo zur Verfügung. Beide gehörten schon Kadern russischer Nachwuchsnationalteams an, sind dort allerdings in aller Regel nicht erste Wahl.

Die Innenverteidigung

Im Kader von Zenit stehen nur drei nominelle Innenverteidiger. Am längsten beim Verein ist dabei Nicolas Lombaerts. Der 28-jährige Belgier kam 2007 um kolportierte vier Millionen Euro vom KAA Gent und war in der UEFA-Cup-Erfolgssaison zunächst Stammspieler. Allerdings wurde er 2008 zunächst von einem Beinbruch und dann von einem Kreuzbandriss zurückgeworfen. Seinen Stammplatz eroberte er danach aber wieder zurück und kommt mittlerweile auf 129 Spiele in der Premier Liga. Lombaerts überzeugt vor allem mit seinem Stellungs- und Passspiel. Kaum ein Spieler fängt ligaweit mehr Pässe pro Spiel ab – und das obwohl es kaum ein Team gibt, das mehr Ballbesitz als Zenit hat – und nur zwei haben eine höhere Passerfolgsquote.

Als Ergänzung zum geschmeidigen Lombaerts läuft neben ihm der schlaksige Neto auf. Dieser wechselte Anfang dieses Jahres nach Nordwestrussland. Davor spielte er eine halbe Saison lang in der Serie A für Siena. Der 25-jährige Portugiese geht gerne in die Zweikämpfe, was aufgrund seiner Figur nicht immer ästhetisch aussieht, aber umso wirksamer ist. Im Luftkampf ist er zuverlässig, sein Passspiel ist solide. Zwar verteilt sich das Aufbauspiel – gemessen an gespielten Pässen – in etwa gleich auf ihn und Lombaerts, jedoch ist es in aller Regel Neto, der mit dem Ball am Fuß nach vorne geht und dadurch versucht, ein Übergewicht im Mittelfeld herzustellen.

Der dritte Innenverteidiger kommt aus der Slowakei und heißt Tomas Hubocan. Dass der 28-Jährige allerdings mehr als ein herkömmlicher Backup ist, zeigt die Einsatzstatistik. Acht der bisherigen zehn Ligaspiele bestritt er über die volle Distanz, hinzu kommt ein 90-Minuten-Einsatz im ersten Gruppenspiel der Champions League. Das liegt in erster Linie an seiner Flexibilität, denn Hubocan kann nämlich in der Viererkette nicht nur innen, sondern auch außen spielen. Er ist ein grundsolider Verteidiger, geht kaum Risiken ein, hat allerdings Schwächen im Stellungs- und Passspiel.

Die Außenverteidigung

Auf den defensiven Außenbahnen gibt es jeweils defensive und offensive Optionen. Links ist das zum einen der oben erwähnte Hubocan, zum anderen der 27-jährige Cristian Ansaldi, der zu Saisonbeginn für die Ablösesumme von acht Millionen Euro von Rubin Kazan kam. Der Argentinier ist defensiv ein robuster und schwer überwindbarer Spieler und sorgt im Spiel nach vorne immer wieder für zusätzliche Breite indem er seinen Vordermann hinterläuft. So kommt er nach nur fünf Spielen bereits auf ein Tor und eine Vorlage. Auch das Dribbling scheut er nicht, was ihn zu einem kompletten Außenverteidiger macht und ihm zu immerhin drei Einsätzen in der Albiceleste verhalf.

Rechts hat Zenit mit Aleksandr Anyukov einen sehr ähnlichen Spielertypen. Auch der 30-jährige Russe ist defensiv wie offensiv höchst zuverlässig und unter Umständen taktisch sogar etwas disziplinierter und reifer, was sich an der höheren Interception-Rate zeigt. Zudem foult der Uefa-Cup-Sieger seine Gegenspieler seltener. Jedoch ist sein Passspiel nicht so sicher und es scheint, der 77-fache russische Teamspieler hat seine besten Leistungen schon hinter sich, weshalb er sich vor allem in der aktuellen Saison regelmäßig auf der Bank wiederfindet.

Neben Hubocan kämpft er in erster Linie mit einem weiteren Neuzugang um Einsatzminuten: Igor Smolnikov. Der 25-Jährige bestritt die ersten Saisonspiele noch für den FK Krasnodar, ehe er um sechs Millionen Euro zu Zenit wechselte. Während er bei Krasdonar in der Defensive gebunden war und diese Aufgaben durchaus gut bewältigte, hat er bei Zenit mehr Freiheiten nach vorne und lebt diese auch aus. Vor allem aber überzeugt Smolnikov mit seiner Konstanz.

Der wohl bekannteste Außenverteidiger im Kader ist der 26-jährige Italiener Domenico Criscito, der im Vorfeld der EM-Endrunde 2012 für Schlagzeilen sorgte – jedoch negativer Natur. Gegen den Linksverteidiger wurde Ende Mai 2012 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Spielmanipulationen eingeleitet und er wurde aus dem Aufgebot der Squadra Azzurra gestrichen. Dabei galt er damals als bester Spieler auf seiner Position. Criscito, der im Sommer 2011 aus Genoa kam, agiert ebenfalls balanciert und kann aufgrund seiner Größe theoretisch auch als Innenverteidiger spielen. Ein Thema für die erste Elf dürfte der ehemalige Juve-Kicker allerdings noch nicht sein, denn er absolvierte vor Kurzem erst die ersten Einsatzminuten nach seinem Kreuzbandriss.

Weitere Optionen auf den Außenverteidigerpositionen sind Dzhamaldin Khodzhaniyazov, der trotz seiner 17 Jahre schon erste Profieinsätze verzeichnete, sowie der 30-jährige Serbe Aleksandar Lukovic, die auch als Notnagel in der Innenverteidigung herhalten könnten.

Das defensive Mittelfeld

Der tiefste Spieler in Zenits Mittelfeld ist im Normalfall mit Konstantin Zyryanov der älteste Spieler des Kaders. Der 35-Jährige, der 2007 von Torpedo Moskau kam, ist aufgrund seines Alters zwar nicht mehr der Schnellste, allerdings wegen seines präzisen Passspiels im ballbesitzorientierten Spiel von Zenit ein wichtiger Akteur. Seine Übersicht und seine Vertikalläufe prägten sowohl die Partien seines Klubs als auch jene des russischen Nationalteams. Allerdings merkt man im Spiel ohne Ball – insbesondere im Defensiv- und defensiven Umschaltspiel -, dass am ehemaligen russischen Fußballer des Jahres der Zahn der Zeit nagt. Er besetzt falsche Räume und stellt seine eigenen Spieler in den Deckungsschatten.

Deshalb verschob sich der Schwerpunkt im Spiel von Zenit immer stärker zu Zyryanvos Nebenmann Axel Witsel. Der Belgier ist einer von zwei Spielern, dessen Transfer im letzten Jahr weltweit für Aufsehen sorgte. Nach einer Saison bei Benfica wechselte der langjährige Spieler von Standard Lüttich für rund 40 Millionen Euro nach St. Petersburg und vereint fast alle Eigenschaften, die ein Fußballer mitbringen muss. Er ist aggressiv im Zweikampf, verfügt über eine sehr gute Technik, spielt gute Pässe und ist für den einen oder anderen gefährlichen Torschuss gut. Selbstverständlich bewegt sich Witsel auch taktisch außerordentlich gut. Der 24-Jährige ist damit ähnlich wichtig für sein Team wie sein Landsmann Steven Defour bei Gruppengegner Porto.

Hinter dem Duo wartet mit Anatoliy Tymoshchuk ein weiterer namhafter Akteur und UEFA-Cup-Sieger von 2008. Am Weg zum Titel war der Ukrainer ein wichtiger Baustein. Sprach man damals von „kompletten Mittelfeldspielern“ war sein Name einer der ersten, der einem in den Sinn kam – zweikampfstark, aber trotzdem mit spielordnenden Fähigkeiten und einem satten Schuss. Im Sommer 2009 holte ihn der FC Bayern München. Zwar lag dort sein Leistungsniveau unter jenem seiner ersten Zenit-Ära, allerdings hatte er auch mit der Konkurrenz und Trainern zu kämpfen. So war er im Schatten von Bastian Schweinsteiger, Luiz Gustavo und Javi Martinez stets Ergänzungsspieler und wurde zwischen defensivem Mittelfeld und Innenverteidigung hin und hergeschoben. Seine beste Zeit hat der 34-Jährige wohl schon hinter sich, ist aufgrund seiner taktischen Flexibilität aber dennoch wichtig für Zenit.

Ebenfalls variabel einsetzbar im zentralen Mittelfeld ist Viktor Faizulin. Auch der 27-Jährige war Teil des erfolgreichen 2008er-Teams, zu dem er im Jänner desselben Jahres für zwei Millionen Euro von Spartak Nalchik stieß. Vom Spielstil her ist er mit Witsel zu vergleichen, wobei Faizulin auch im offensiven Mittelfeld zum Einsatz kommt und dementsprechend torgefährlicher ist. Als richtiger Stammspieler durfte sich der Russe jedoch nur in der letzten Saison fühlen, als er in 24 Spielen sechs Tore erzielte und fünf weitere auflegte. Allerdings kam er damals größtenteils am Flügel oder als Zehner zum Zug.

Das offensive Mittelfeld

Die Zehnerposition in Spallettis 4-2-3-1-Grundordung nimmt üblicherweise ein Spieler ein, der nicht dem gewohnten Profil eines Zehners entspricht. Erste Wahl ist Roman Shirokov, der aktuell jedoch wegen einer Leistenverletzung ausfällt. Der 32-Jährige war 2008 noch Innenverteidiger und prägt einen ähnlichen Spielstil wie Zyryanov, neben dem er auch im russischen Nationalteam gesetzt ist. Er beherrscht das Box-to-Box-Spiel, was das 4-2-3-1 situativ in ein 4-3-3 übergehen lässt. Der Schwerpunkt von Shirokov liegt aber trotzdem merkbar höher als jener der Doppelsechs. Im Zehnerraum kann er seine gute Technik ausspielen, bewegt sich im Aufbauspiel horizontal und geht vertikal nach vorne wenn der Ball in höheren Zonen ist.

Ein möglicher Ersatz für Shirokov ist der 23-jährige Oleg Shatov, der im Sommer von Anzhi Makhachkala kam. Shatov ist wie Shirokov ein klassischer Box-to-Box-Spieler mit Zug zum Tor. Zwar setzt er im Dribbling nicht auf spektakuläre Körpertäuschungen, seinen Haken am Gegenspieler vorbei setzt er aber präzise. Auch die Tatsache, dass er bei Anzhi zeitweise am Flügel eingesetzt wurde, zeigt, dass der zweimalige Nationalspieler kein klassischer Zehner ist.

Eine weitere Option auf die Verletzung von Shirokov zu reagieren wäre es Andrey Arshavin dorthin zu stellen. Der 32-Jährige war der große Star der 2008er-Mannschaft und wagte 2009 den Schritt in die Premier League zu Arsenal. Bei den Gunners agierte Russlands Fußballer des Jahres 2006, der überdies hinaus einen großen Anteil am EM-Halbfinaleinzug 2008 hatte, jedoch am Flügel – wenn er überhaupt zum Einsatz kam. In London konnte Arshavin die in ihn gesetzten Erwartungen nämlich nur selten erfüllen und kickte bereits im Frühjahr 2012 leihweise für Zenit. Im Sommer unterschrieb er ablösefrei ein drittes Mal. Zwar zeigt auch Arshavins Leistungskurve nach unten, mit seinen explosiven und dynamischen Dribblings kann er aber gerade gegen individuelle schwache Gegner den Unterschied ausmachen.

Die Flügelspieler

Dass Arshavin ins Zentrum ausweichen müsste, liegt auch an der starken Konkurrenz am Flügel. Links spielt mit dem Portugiesen Danny ein Spieler, der noch immer ähnliche Leistungen wie 2008 zeigt. Der 30-Jährige wechselte zwar erst nach dem UEFA-Cup-Erfolg zu Zenit, war aber im anschließenden UEFA-Super-Cup auf Anhieb der beste Spieler, nicht nur weil er das entscheidende Tor schoss. Dass der geborene Venezolaner noch immer ein wichtiger Impulsgeber ist, ist insofern beachtlich, als er bereits zwei Kreuzbandrisse zu verkraften hatte. Der 26-fache Internationale driftet von links gerne in die Mitte und bereitet die meisten Torchancen seines Teams vor.

Auf der gegenüberliegenden Seite spielt mit dem Brasilianer Hulk der zweite millionenschwere Transfer des letzten Jahres. Obwohl laut Medienberichten namhaftere Klubs am Selecao-Akteur dran waren, wechselte der 27-Jährige für kolportierte 55 Millionen zu Zenit. Zwar ist er nur 1,80m groß wiegt jedoch 85kg, was es für die gegnerischen Verteidiger schwer macht, ihn vom Ball zu trennen. Zudem ist das Kraftpaket, das unter Umständen auch als Solospitze agieren kann, auch ein guter Techniker und Dribbler. Gepaart mit seiner Lauf- und Schussstärke macht ihn das zu einem der komplettesten Flügelspieler der Welt und zum unbestritten wichtigsten Spieler bei Zenit.

Hinter den beiden portugiesisch sprechenden Akteuren haben die Russen in Vladimir Bystrov einen zuverlässigen Ersatzspieler, dessen Dienste Spaleltti auch gerne in Anspruch nimmt. Der 29-Jährige kommt meist über die rechte Seite und zieht – unüblich für einen Rechtsfuß auf dieser Position – in vielen Fällen in die Mitte. Nur selten sieht man Bystrov flanken, und wenn, dann unpräzise. Als Backup für Danny verpflichtete Zenit im Sommer den ablösefreien Ivan Solovyov. Dieser stand zuletzt bei Dynamo Moskau unter Vertrag und ist aktueller U21-Teamspieler Russlands.

Der Angriff

Als Solospitze war in den letzten Saisonen der 30 Jahre alte Aleksandr Kerzhakov gesetzt. Der Routinier wechselte im Januar 2010 ebenfalls von Dynamo Moskau nach St. Petersburg und erzielte in 249 Ligaspielen für Zenit bislang 115 Tore. Kerzhakov ist kein statischer Neuner, sondern bewegt sich viel, verfügt über eine solide Technik und einen guten Schuss – vor allem aus der Distanz hält er gerne drauf. Zudem kann er trotz seiner Größe von 1,75m und nur 67kg den Ball gut abdecken und bietet sich so auch als Doppelpassanspielstation für die zum Tor laufenden Flügel an. Dass der 75-fache Teamspieler ein ausgewiesenes Schlitzohr ist, erscheint aufgrund seiner großen Erfahrung selbstverständlich.

Sein nomineller Ersatzmann ist Aleksandr Bukharov. Aufgrund dessen, dass Hulk auch im Sturmzentrum spielen kann, ist der 28-Jährige effektiv aber nur die Nummer drei in der Stürmerhierarchie. Der 1,93m-Hüne ist das Gegenstück zum wendigen Kerzhakov, wird gerne in Luftduelle geschickt um den Ball dann per Kopf weiterzuleiten. Für den ballbesitzorientierten Spielstil von Zenit zwar nicht die ideale Wahl, als Einwechselspieler zur Unterstützung einer etwaige Brechstangentaktik aber durchaus zu gebrauchen.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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