Die russische Nationalelf von Teamchef Dick Advocaat ist vor dem Turnier als Wundertüte einzustufen. In der Vorbereitung konnte man zunächst gegen Uruguay und Litauen... Alt, aber gut – das ist der EM-Kader Russlands!

Die russische Nationalelf von Teamchef Dick Advocaat ist vor dem Turnier als Wundertüte einzustufen. In der Vorbereitung konnte man zunächst gegen Uruguay und Litauen kaum überzeugen, spielte jeweils nur Unentschieden, besiegte dann aber Italien mit 3:0. Mit einer relativ alten Mannschaft möchten die Russen über die vermeintlich leichteste Gruppe des Turniers kommen.

Im Kontrast zu ihren Konkurrenten in Gruppe A spielen die Russen ein interessantes 4-3-3-System, das in Rückwärtsbewegung einem 4-3-2-1, also einem „Tannenbaum“ gleicht. Das Team lebt von seiner großen taktischen Disziplin und einigen hervorragenden Einzelspielern wie etwa Arshavin oder Zhirkov. Allerdings ist man sich aktuell nicht ganz über die Form dieser Schlüsselspieler im Klaren. Gerade von Arshavin wird vieles abhängen, aber der Arsenal-Legionär, der zuletzt an Zenit St.Petersburg ausgeliehen war, zeigte zuletzt keine Weltklasseleistungen.

Tor: Igor Akinfeev (ZSKA Moskau), Vyacheslav Malafeev (Zenit St. Petersburg), Anton Shunin (Dynamo Moskau)
Abwehr: Aleksandr Anyukov (Zenit St. Petersburg), Aleksei Berezutskiy (ZSKA Moskau), Sergei Ignashevich (ZSKA Moskau), Vladimir Granat (Dynamo Moskau), Yuri Zhirkov (Anschi Machatschkala), Dmitri Kombarov (Spartak Moskau), Roman Sharonov (Rubin Kazan), Kirill Nababkin (ZSKA Moskau)
Mittelfeld: Igor Denisov (Zenit St. Petersburg), Konstantin Zyryanov (Zenit St. Petersburg), Roman Shirokov (FC Zenit St. Petersburg), Denis Glushakov (Lokomotive Moskau), Igor Semshov (Dynamo Moskau), Marat Izmailov (Sporting Lissabon), Alan Dzagoev (ZSKA Moskau)
Angriff: Andrey Arshavin (Zenit St. Petersburg), Aleksandr Kerzhakov (Zenit St. Petersburg),  Aleksandr Kokorin (Dynamo Moskau), Roman Pavlyuchenko (Lokomotive Moskau), Pavel Pogrebnyak (FC Fulham)

Mit ZSKA-Moskau-Keeper Igor Akinfeev (26) verfügen die Russen über einen der potentiell besten Torhüter des Turniers. Bereits seit 2004 ist Akinfeev Stammkeeper im Klub und im Nationalteam. 52 Länderspiele sprechen eine deutliche Sprache, obwohl Akinfeev sogar noch zeitweise von Verletzungen zurückgeworfen wurde. Der eher kleine Keeper (183cm) besticht vor allem durch seine große Stärke auf der Linie. Mit Vyacheslav Malafeev (33) und Anton Shunin (25) kann Dick Advocaat noch auf zwei weitere gute Keeper zurückgreifen.

„Humorlose“ Innenverteidiger

In der Innenverteidigung setzen die Russen wieder auf „Recken“. Kampfkräftige, zweikampfstarke Abwehrspieler, die nach vorne nur das Allernötigste machen und nach hinten konsequent zumachen bzw. ihre Gegenspieler klassisch „abmontieren“. Gesetzt sollte Aleksei Berezutskiy (29) sein. Der ZSKA-Moskau-Dauerbrenner mit 190cm Körpergröße spielte auch in den vergangenen Wochen in den Testspielen. Neben ihm spielt mit Sergei Ignashevich (32) sein Teamkollege von ZSKA, wodurch der gesamte zentrale Abwehrverbund inklusive Torhüter beim selben Verein spielt.

Ähnliche Außenverteidiger

Auf der linken Verteidigerposition spielt mit Yuri Zhirkov (28) einer der Stars des Teams. Der ehemalige Chelsea-Legionär spielt mittlerweile für Anzhi Makhachkala am Kaspischen Meer und ist sowohl beim Klub als auch im Team gesetzt. Zhirkov besticht vor allem durch hohe Passsicherheit und Laufstärke. Sein Pendant auf der rechten Seite wird Aleksandr Anyukov (29) sein und der 65-fache Teamspieler ist Zhirkov nicht unähnlich. Auch er legt großen Wert auf taktische Disziplin, einfache Pässe, um Räume zu schaffen. Hauruck-Fußball wird man von beiden Außenverteidigern der Russen nicht sehen.

Kaum Länderspielerfahrung bei defensiven Ersatzleuten

Die Ersatzleute für die Abwehr: Roman Sharonov (36) rutscht nach einer starken Saison für Rubin Kazan im Alter von 36 Jahren in den EM-Kader. Der Innenverteidiger absolvierte erst acht Länderspiele. Vladimir Granat (25) von Dinamo Moskau ist der Ersatzmann für die linke Abwehrseite, wobei er aber kaum Chancen hat, sich gegen Zhirkov durchzusetzen. Der Reservemann für rechts heißt Kirill Nababkin (25), absolvierte aber gar erst ein Länderspiel.

Shirokov und Zyryanov als Chefs im Mittelfeld

Ein interessanter Mann spielt im zentralen Mittelfeld vor der Abwehr: Roman Shirokov (30) beherrscht das Box-to-Box-Spiel blendend, ist defensiv sicher und offensiv enorm gefährlich. Für Zenit St.Petersburg erzielte er in der abgelaufenen Saison neun Treffer auf der Position eines „8ers“. Rechts neben Shirokov spielt Konstantin Zyryanov (34), der einfach nicht in die Jahre kommen will. Der 50-fache Teamspieler und ehemalige Fußballer des Jahres seines Landes, ist weiterhin eine Stütze bei Zenit St.Petersburg, wodurch das zentrale, etwas rechtslastige Mittelfeld der Russen bestens eingespielt und aufeinander abgestimmt ist.

Denisov komplettiert Zenit-Trio

Komplettiert wird die Dreierreihe vor der Abwehr, in der alle Spieler allgemein einen enorm hohen Aktionsradius abspulen, von Igor Denisov (28), der ebenfalls bei Zenit St.Petersburg unter Vertrag steht – und das schon immer! Das Zenit-Urgestein wird die linke Seite des Mittelfelds übernehmen und hat seine Stärken in der Defensive, wodurch er einen willkommenen Kontrast zu Shirokov und dem etwas defensiveren Zyryanov abgibt.

Die Ersatzleute für diese Dreierreihe: Aleksandr Kokorin (21) kann sowohl links, als auch rechts spielen. Der junge Dinamo-Moskau-Akteur kann zudem auch offensiver eingesetzt werden. Für die zentrale oder rechte Position im Mittelfeld ist zudem der torgefährliche Lokomotiv Moskau Kicker Denis Glushakov (25) eine Alternative. Glushakov spielt ebenfalls Box-to-Box, legt sein Hauptaugenmerk aber auf die Offensive und erzielte in der abgelaufenen Saison elf Saisontore für Lok.

Flinke Flügelspieler

Der technisch hochbegabte Shooting Star von ZSKA Moskau, Alan Dzagoev (21), dürfte rechts in der Offensive gesetzt sein. Dzagoev gilt dank seines explosiven Spielstils und einer atemberaubenden Technik als die wohl größte Entdeckung Russlands in den letzten Jahren. Auf der linken Seite gibt Superstar Andrey Arshavin (31) eine ideale Komplettierung einer dynamischen, trickreichen Flügelzange ab. Zwar spielte Arshavin bei Zenit zuletzt kein überragendes Halbjahr, allerdings schwört Trainer Dick Advocaat zu Recht auf die Fähigkeiten des 71-fachen Teamspielers, der weiterhin dem FC Arsenal gehört.

Vor allem statt Dzagoev hätte Russland mit Marat Izmailov (29) von Sporting Lissabon einen idealen Ersatzmann.

Drei starke Stürmer für eine Position

An vorderster Front stürmt Zenit-Bomber Aleksandr Kerzhakov (29), der in der vergangenen Saison sensationelle 23 Saisontreffer erzielte und demnach auch im Nationalteam trotz der großen Konkurrenz gesetzt ist. Mit Roman Pavlyuchenko (30) von Lok Moskau und Pavel Pogrebnjak (28) vom FC Fulham verfügen die Russen sogar noch über zwei weitere durchschlagskräftige Topstürmer.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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